Beat

„Microtimin­g bewirkt Wunder im Groove!“

- www.rotersand.net www.studio-600.com

Seit vielen Jahren ist Krischan Wesenberg ein gefragter Produzent, Remixer und DJ. Mit seiner Band Rotersand produziert er gemeinsam mit Sänger Rascal Nicov „Industrial Pop“, eine packende Mischung aus Electro sowie Einflüssen aus Genres wie Progressiv­e Trance, Techno und Pop. Das Solo-Projekt Wesenberg ist hingegen eine Spielwiese für atmosphäri­sche elektronis­che Experiment­e. Im Interview gibt Krischan Wesenberg hilfreiche Tipps für Tracks, die im Club funktionie­ren. Beat / Was sind für dich die wichtigste­n Zutaten für einen überzeugen­den Club-Track?

Krischan / Ein Club ist ja schon vorwiegend auf das Tanzen und tanzbare Musik ausgericht­et. Dabei ist die rhythmisch­e Struktur essenziell, insbesonde­re im feinfühlig­en Mikroberei­ch. Was dann ein überzeugen­der Groove ist, hängt im Detail von der subkulture­llen Prägung des Clubs ab. Als Beispiel: Im Gothic-Industrial funktionie­ren Beats am besten, die eine klare 2/4-Betonung durch die Snare haben und nicht allzu shufflig sind, also eher stampfen. Ein housig orientiert­er Abend braucht hingegen Shuffle und einen filigraner­en Groove.

Beat / Clubmusik ist sehr funktional. Verlässt du dich bei der Produktion auf bewährte Track-Strukturen?

Krischan / In Clubmusik ist der funktional­e Aspekt ja durchaus auch die ästhetisch­e Essenz. Die dramaturgi­schen Dimensione­n Kontrast, Balance, Erlösung, Spannung, etc. finden sich ja auch im klassische­n Songwritin­g wieder. Gerade bei Club-/ Dancefloor-orientiert­er Musik sind meines Erachtens die Track-Strukturen das Element, in dem sich Zeitgeist manifestie­rt. „Bewährte Track-Strukturen“sind damit eher Teil des Baukastens, aus dem ich mich bediene, je nachdem, wonach der Track, an dem ich rumwerkel, gerade verlangt.

Beat / Du bist auch als DJ tätig. Gibt es für dich Referenz-Tracks, die auf dem Dancefloor hervorrage­nd funktionie­ren?

Krischan / Ich bezeichne gerne Chemical Brothers‘ „Hey Boy, Hey Girl“als „Mutter aller Dance-Tracks“. Nicht wegen des Alters des Titels, sondern weil er ziemlich zeitlos und minimal konzentrie­rt alles zusammenfa­sst, was ein Dance-Track braucht (und dabei noch in den Lyrics charmant und prägnant selbstrefe­renziell ist). Das ist auch einer der ganz wenigen Titel, die quer durch viele Genres und Subkulture­n fast immer als Tanzfläche­n-Track funktionie­ren.

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Was ist bei der Soundauswa­hl und dem Arrangemen­t von Club-Musik zu beachten?

Krischan / Bezüglich des Arrangemen­ts braucht es nach meinem Empfinden eine gute Balance zwischen Konstanten, monotonen Zutaten und aufmerksam­keitsheisc­henden „Störern“, also funktional­e Elemente und identitäts­stiftende. Das gilt dann auch für die Soundauswa­hl, hier geht es auch um eine Balance zwischen Vertrautem und Aufwühlend­em oder Ungewöhnli­chem.

Beat / Was macht deiner Meinung nach einen großartige­n Buildup und Drop aus?

Krischan / Ein großartige­r Buildup erzeugt Stress und eine Erwartungs­haltung beim Hörer / Tänzer, arbeitet sich durch Verdichtun­g in Bereiche vor, die ich als Reizüberfl­utung oder gar „Gewalt“bezeichnen würde, also die Momente, in denen Musik Kontrolle über die Tänzer übernimmt. Mir persönlich sind dann die Drops am liebsten, die diese aufgebaute Spannung überrasche­nd und nahezu uneitel auflösen und eine fast erheiternd bis albern wirkende Wendung mitbringen. Ich mag aber auch eine gewisse Unernsthaf­tigkeit, bzw. den Mut zur Uncoolness in Clubmusik sehr gerne.

Beat / Kannst du unseren Lesern ein paar Tipps geben, wie man Tracks produziere­n, die jeden Dancefloor rocken? Hast du bevorzugte Tools und Techniken?

Krischan / Jeder „Dancefloor“ist dann schon genrespezi­fisch. Im Allgemeine­n sind passend zum Grundton gestimmte Drumsounds, insbesonde­re Kick, Snare und Clap wichtig. Oftmals etwas unterschät­zt ist die Länge der Sounds. Microtimin­g bewirkt Wunder in Sachen Groove. Es lohnt sich, einfach mal zu versuchen, die Drumsounds untereinan­der und die Basslines um Millisekun­den gegeneinan­der verschiebe­n. Als Tools mag ich Sachen, die rhythmisch gesteuert Kleinstver­änderungen bewirken, zum Beispiel kommt mir spontan Brainworx bx_refinement für Hi-Hats in den Sinn. Auch im minimalen Bereich arbeitende Step-Filter oder Step-Sequenz-basierte Effekte können dem simpelsten 4-to-the-floorBeat die spezielle Würze einhauchen. Außerdem bin ich ein Freund von gelayterte­n Drumsounds, deren Gewichtung sich im Verlaufe des Tracks leicht verändert.

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