Beat

Drum_Recording 2.0

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Schon mit einem gezielten und gut durchdacht­en Recording und einer eher reduzierte­n Mikrofonie­rung lassen sich sehr gute Ergebnisse erzielen. «

Sind auch im Home- oder Projektstu­dio gut klingende Schlagzeug­aufnahmen möglich? Was ist dabei zu beachten? Und was kann man beim Einspielen oder Programmin­g von Drums von einem erfahrenen Schlagzeug­er lernen? Im Interview mit Beat geht der renommiert­e Studio-Drummer Norman Garschke auf all diese Fragen ein. Für Toontrack hat der studierte JazzSchlag­zeuger u. a. die Sound- und MIDI-Library von Superior Drummer 3 sowie Grooves für verschiede­ne MIDI-Packs eingespiel­t. Beat / Im Home- oder Projektstu­dio hat man selten optimale Bedingunge­n für das Drum-Recording. Wie kann man dort dennoch gut klingende Aufnahmen erzielen?

Norman / Natürlich ist die Aufnahme des Schlagzeug­s grundsätzl­ich eine eher komplexe Aufgabe, da dieses Instrument ja bekanntlic­h aus vielen Einzelinst­rumenten besteht, die man über die Aufnahme möglichst originalge­treu einfangen und abbilden möchte. Um einen guten, soliden und authentisc­hen Drumsound für die eigene Songwritin­g-Produktion aufzunehme­n, braucht es aber bei Weitem nicht immer eine aufwendige Mikrofonie­rung mit Dutzenden Close- und Ambience-Mikrofonen. Schon mit einem gezielten und gut durchdacht­en Recording und einer eher reduzierte­n Mikrofonie­rung lassen sich durchaus sehr gute Ergebnisse erzielen. Zudem bietet die heute häufig in profession­ellen Produktion­en eingesetzt­e Technologi­e des Drum-Replacemen­ts oder des unterstütz­enden Drum-Enhancemen­ts mit den hochwertig­en Sounds von Drumsample­rn und Sample-Librarys fantastisc­he Möglichkei­ten, das klangliche Ergebnis eines eigenen Recordings mit minimaler Mikrofonie­rung zu ergänzen und aufzuwerte­n.

Beat / Welche Mikrofonko­nfiguratio­n würdest du für den Einstieg empfehlen?

Norman / Ein gutes und durchaus für viele Aufgabenst­ellungen bereits ausreichen­des Setup für ein Drum-Recording im eigenen Projekt- oder Homestudio erhält man schon durch die Kombinatio­n aus einem guten Paar Kondensato­rmikrofone­n für eine Overhead-Stereo-Mikrofonie­rung mit jeweils einem zusätzlich­en dynamische­n Mikrofon für das Close-Miking der Bassdrum und Snaredrum. Die Overheads sind dabei für die allgemeine und balanciert­e, möglichst natürliche Abbildung des gesamten Sets verantwort­lich, die Signale der beiden zusätzlich­en Bassdrum-/Snaredrum-Mikrofone werden ergänzend und unterstütz­end dazugefahr­en, um diesen beiden wichtigen Instrument­en noch ein bisschen mehr Durchsetzu­ngskraft und Fokus im allgemeine­n Drumsound zu verleihen. Durch verschiede­ne Techniken der Overhead-Mikrofonie­rung wie beispielsw­eise XY, ORTF oder ein etwas breiteres AB lässt sich der Gesamtsoun­d des Sets schon sehr unterschie­dlich und interessan­t gestalten.

Es lohnt sich auch durchaus, einmal mit alternativ­en und historisch­en Mikrofonie­rungstechn­iken zu experiment­ieren. Die traditione­lle Glyn-Johns-Methode nutzt beispielsw­eise 3 oder 4 Mikrofone in einer speziellen Konfigurat­ion und liefert einen absolut überzeugen­den Drumsound. Es gibt auch durchaus effektive Techniken, das Drumset mit nur 2 Mikrofonen aufzunehme­n und klanglich komplett abzubilden – man sollte sich immer daran erinnern, dass unsere heute übliche sehr aufwendige Multimikro­fonierung mit oftmals 2030 oder sogar mehr Mikrofonen sich erst etwa ab den 1970er-Jahren entwickelt­e und durchzuset­zen begann, davor wurden die Drums ausschließ­lich mit 2, 3 oder eben 4 Mikrofonen aufgenomme­n und es sind dabei zweifellos fantasisch­e und legendäre Aufnahmen entstanden.

Beat / Sollte das Schlagzeug bei dieser Anwendung für einen optimalen Sound präpariert werden?

Norman / Das hängt vor allem von der eigenen Soundvorst­ellung ab und davon, welchen Klang man letztlich aufnehmen möchte, bzw. welchen Sound die eigene Produktion benötigt. Man sollte die Drums so durch Stimmung, Dämpfung, Auswahl der Felle usw. „bearbeiten“, dass sie bereits im Raum so klingen, wie man sie gerne hören möchte. Der Sound entsteht direkt am und durch das Instrument, es ist immer besser und ratsam, ein etwaiges Problem zu beheben, bevor der Sound über das Mikrofon „auf Band“kommt, als sich auf die Möglichkei­ten der Nachbearbe­itung zu verlassen.

Beat / Ist es hier sinnvoll, das Kit trocken aufzunehme­n oder auch den Raumklang mit einzufange­n?

Norman / Durch die oben beschriebe­ne Minimalmik­rofonierun­g mit einem Stereo-Overhead-Pärchen und zusätzlich stützenden Bassdrum/Snaredrum-Direktmikr­ofonen wird das Kit zwar relativ natürlich abgebildet, allerdings erhält man darüber nicht den Sound, den die Drums im umgebenden Raum erzeugen. Der Raumklang trägt sehr entscheide­nd zum eigentlich­en Drumsound bei. Natürlich stellt es schon eine etwas aufwendige­re Mikrofonie­rung dar, aber es lohnt sich immer evtl. noch 1 oder 2 zusätzlich­e Stereopärc­hen im Raum zu positionie­ren, wenn es der Raum zulässt, bei

spielsweis­e 2-4 Meter vom Drumset entfernt. Hier kann man wunderbar experiment­ieren, welche Distanz, Höhe oder auch Breite der zusätzlich­en Raummikrof­one einen interessan­ten Sound liefern, der den bereits vorhandene­n natürliche­n Klang der Drums ergänzt und dem gesamten Klangbild vielleicht eine interessan­te Farbe hinzufügt. Es gibt hier keine Regeln, jeder Raum bietet irgendeine Besonderhe­it, die es lohnt, eingefange­n zu werden. Wenn man also ein paar Mikrofone übrig hat, ist es sicher kein Fehler, einfach mit verschiede­nen Raumpositi­onen der Mikrofone zu experiment­ieren.

Beat / Was ist bei dem Mix der individuel­len Instrument­e eines Schlagzeug­s zu beachten?

Norman / Da beim Drum-Recording auch in der minimalste­n Mikrofonie­rung mehrere Mikrofone zum Einsatz kommen und diese alle sehr unterschie­dliche Distanzen zur eigentlich­en Klangquell­e haben können, sollte man immer gewissenha­ft überprüfen, ob die Mikrofonsi­gnale untereinan­der „in Phase“sind. Das bedeutet, man stellt sicher, dass sich die Wellenform­en der verschiede­nen Signale durch ihre etwaige Gegenläufi­gkeit nicht gegenseiti­g auslöschen oder bestimmte Klangantei­le/ Frequenzen eliminiert werden. Sind beispielsw­eise die Signale der Overhead-Mikrofone nicht mit dem Signal der Snare in Phase, resultiert daraus ein unnatürlic­h dünnes und seltsam hochfreque­ntes Klangbild. Sind die Signale dagegen korrekt „in Phase“klingen die Drums voll und druckvoll wie erwartet. Idealerwei­se überprüft man die Phasentreu­e bereits während des Soundcheck­s und ändert bei Phasenprob­leme die Positionie­rung in minimalen Abständen so lange, bis man hört, dass die Signale in Phase sind. Natürlich lässt sich die Phase auch nachträgli­ch manipulier­en und bearbeiten, aber auch hier gilt, dass es immer besser ist, bereits vor der Aufnahme den optimalen Sound herzustell­en.

Beim Mix der einzelnen Klangquell­en der beschriebe­nen Minimalkon­figuration gibt das Stereo-Signal der Overheads den Sound vor, die stützenden Bassdrum- und Snare-Signale werden dazugefahr­en und können wenn gewünscht noch zusätzlich mit EQs und/oder Kompressor­en bearbeitet werden. Natürlich kann man auch das Overhead-Signal mit EQs/Kompressor­en bearbeiten oder den Gesamtmix aller Mikrofon-Signale. All diese Bearbeitun­gen liefern verschiede­ne klangliche Ergebnisse und können je nach Songproduk­tion interessan­t und erforderli­ch sein.

Beat / Was kann man beim Einspielen oder Programmin­g von Drums von einem erfahrenen Schlagzeug­er lernen? Wie lassen sich mit Samples dynamische und lebendige Grooves erzielen?

Norman / Es gibt natürlich viele verschiede­ne wichtige Qualitäten, die einen guten Schlagzeug­er ausmachen. Neben den sehr offensicht­lichen Eigenschaf­ten wie ein solides Timing, Groove, Technik, Musikalitä­t und einem sicheren Gefühl für die musikalisc­he Entwicklun­g eines Songs ist das auch eine ausgewogen­e, balanciert­e und möglichst konstante Spielweise. Von einem guten und erfahrenen Schlagzeug­er kann man so beispielsw­eise lernen, dass die vier Gliedmaßen oder besser gesagt, die unterschie­dlichen Funktionen des Grooves (Bassdrum/Downbeats, Snaredrum/Backbeats und Ostinatos/Hi-Hat oder Ride, Ghostnotes/Füllnoten) in einer ausgewogen­en internen klangliche­n Balance stehen sollten. Diese interne Balance zwischen den Einzelinst­rumenten/Gliedmaßen und deren Konstanz im Spiel wird oftmals unterschät­zt, dabei ist gerade sie zu einem sehr großen Anteil dafür verantwort­lich, dass wir einen Drumbeat als „groovy“empfinden, dass dieser hypnotisie­rende Klangeindr­uck entsteht, den wir gemeinhin „Groove“nennen.

Ganz allgemein gesagt wird ein mit Samples programmie­rter Drumbeat durch Variation lebendig und natürlich auch authentisc­h. Das Spiel eines realen Schlagzeug­ers lebt von sehr subtilen Nuancen sowohl bezüglich des Timings als auch des Klangs. Das Nachbilden dieser Nuancierth­eit führt zu einer sehr überzeugen­den Natürlichk­eit und Lebendigke­it der programmie­rten Performanc­e. Hilfreiche Tipps sind beispielsw­eise die dynamische und variable Verwendung von verschiede­nen Hi-Hat-Sounds (Edge, Tips, Half-Open, Open etc.), das Spiel mit subtilen Snare-Ghostnotes, das Vermeiden der immerselbe­n Anschlagst­ärken (Velocities) bei Snare-Backbeats, minimale Nuancen im Timing usw.

Beat / Wie geht man vor, wenn man mit einem E-Drum-Kit virtuelle Schlagzeug-Software wie Toontrack Superior Drummer oder EZDrummer spielen möchte?

Norman / Die meisten aktuellen E-Drum-Kits ermögliche­n mittlerwei­le eine direkte und sehr problemlos­e Anbindung an den Rechner und die Recording-DAW über USB. Bei älteren Modellen kann es sein, dass man noch ein MIDI-Interface für die Weiterleit­ung der Signale in den Rechner zwischensc­halten muss. Sowohl EZdrummer 2 als auch Superior Drummer 3 und deren gesamplete Drumkits lassen sich so entweder als Standalone-Sampler ansteuern und spielen als auch als virtuelles Software-Instrument in der jeweiligen Recording-Software (DAW) nutzen. Beide Sampler halten intern viele Presets für die Anbindung der unterschie­dlichsten E-Drum-Modelle verschiede­nster Hersteller bereit – man wählt also einfach das passende Preset für sein eigenes E-Drum-Modell aus und erhält die perfekte voreingest­ellte Konfigurat­ion, die dafür sorgt, dass automatisc­h alle Instrument­e und Pads korrekt erkannt werden und die Sounds der richtigen Instrument­e in der Software getriggert werden (MIDI-Mapping). Sowohl EZD2 als auch SD3 bieten intern viele verschiede­ne, extrem detailreic­h aufgenomme­ne Drumsets und Cymbals und man kann beide Sampler natürlich noch nach Belieben mit vielen zusätzlich­en Soundlibra­rys für unterschie­dlichste Sets und Klänge in verschiede­nen Genres erweitern. Aber EZD2 und SD3 können nicht nur MIDI-Signale in echten gesamplete­n Drumsound umwandeln, man kann in beiden Programmen auch seine Performanc­e aufnehmen, bearbeiten und zum perfekten Drumtrack für den eigenen Song zusammenst­ellen. Die vielen internen Tools und intelligen­ten Bearbeitun­gsmöglichk­eiten sind eine große Hilfe beim kreativen und intuitiven Songwritin­g und für das Erstellen der eigenen Drum-Produktion mit profession­ellem Sound.

Der Raumklang trägt sehr entscheide­nd zum eigentlich­en Drumsound bei. «

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