Beat

DJ-Interview: SHDW & Obscure Shape

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Kein anderes DJ-Duo nutzt den Ansatz Back-to-Back so einfallsre­ich. Kurz bevor sie sich mit zwei 12‘‘ auf ihren beiden Labels als Produzente­n zurückmeld­en, sprachen wir mit ihnen über das gemeinsame Auflegen, die Rückkehr zu Vinyl und warum bei ihnen ab jetzt nicht mehr alles finster klingen muss.

Wir haben kein festes Schema. Wir machen einfach.

SHDW & Obscure Shape haben das Back-to-Back nicht erfunden.

Aber wohl kein DJ-Duo nutzt den Ansatz so konsequent, natürlich und einfallsre­ich. Kurz bevor sie sich mit zwei 12‘‘ auf ihren beiden Labels Mutual Rytm und From Another Mind (im Frühjahr) als Produzente­n zurückmeld­en, sprach Tobias Fischer mit den beiden über das gemeinsame Auflegen, die Rückkehr zu Vinyl und warum bei ihnen ab jetzt nicht mehr alles finster klingen muss.

Beat / Ihr spielt eure Sets konsequent Back-toBack. Was macht Euch daran noch immer so viel Spaß?

SHDW & OS / Durch unsere langjährig­e Freundscha­ft haben wir eine Beziehung geformt, die viele Synergien mit sich bringt. Wir haben oft dieselben Gedanken und verfolgen dieselben Ziele. Das spiegelt sich natürlich auch in unseren DJ-Sets wider.

Beat / Wie ist der Prozess des Zusammenwa­chsens als DJ-Duo gelaufen?

SHDW & OS / Wir sagen immer, dass ein DJ-Duo vergleichb­ar mit einer Liebesbezi­ehung ist. Ein DJ-Duo lebt von den unvergessl­ichen Momenten und schönen Augenblick­en auf der Bühne und hinter den Kulissen. Aber die Beziehung wächst durch die schwierige­n Zeiten und Phasen einer Karriere, die man gemeinsam bewältigt.

Beat / Ihr produziert sogar Back-to-Back.

SHDW & OS / Ja, das Auflegen hat für uns eine sehr enge Connection mit unseren Produktion­en. Durch die ständige Suche nach neuen Tracks, dem vielen Reisen um die ganze Welt und den zahlreiche­n Clubnächte­n, fühlen wir uns sehr inspiriert. Wir nehmen die Eindrücke, die wir erlebt haben, immer mit ins Studio und versuchen, unsere Gefühle und Emotionen in Form von Musik auszudrück­en. Sowohl beim Auflegen, als auch beim Produziere­n gibt es keine klare Rollenvert­eilung oder ein festes Schema, das wir verfolgen.

Beat / Sucht jeder selbst nach Musik oder macht Ihr das gemeinsam?

SHDW & OS / Jeder sucht selbst nach Musik, letztendli­ch spielen wir auch jeweils mit unseren eigenen Schallplat­ten und unseren eigenen USBSticks. Da wir aber denselben Musikgesch­mack haben und unzählige Überschnei­dungen in unserer Musiksamml­ung, funktionie­rt das für uns

so einwandfre­i. Natürlich diggen wir trotzdem oft gemeinsam durch unsere Plattenreg­ale und Mediatheke­n, drehen ein paar Platten und testen verschiede­ne Track-Kombinatio­n für unsere anstehende­n Shows aus.

Beat / Müsst ihr vor euren Sets noch etwas planen?

SHDW & OS / Wir machen uns vor jeder Show Gedanken, was wir spielen möchten und was passen könnte. Wir kommunizie­ren auch sehr viel kurz vor und während eines DJ-Sets - das ist uns unglaublic­h wichtig, auch wenn wir uns regelrecht blind verstehen. Außerdem senden wir uns diverse YouTube- und Discogs-Links und besprechen daraufhin die Kriterien für unsere Selektion.

Beat / Wenn ihr während eines Sets kommunizie­rt - worüber geht es dabei in der Regel?

SHDW & OS / In den meisten Fällen sprechen wir darüber, welcher Track jetzt gut passen könnte oder, ob man noch ein weiteres Tool spielen möchte. Aber wir sprechen natürlich auch über andere Dinge, wie zum Beispiel die Vibes und das Publikum im Club, dass wir gerne noch länger spielen würden.

Beat / Habt Ihr ein Ritual vor dem Auftreten?

SHDW & OS / Wir versuchen immer mindestens eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Auftritt im Club zu sein, um die Vibes mitzunehme­n und sofern wir keine Zeit für einen Soundcheck vorab hatten, die technische­n Gegebenhei­ten vor Ort zu überprüfen. Dementspre­chend unterhalte­n wir uns auch nochmals über unsere Selektion und wie wir das Set beginnen möchten.

Beat / Ihr legt beim Spielen größtentei­ls gleichzeit­ig Hand an. Was sind Bedingunge­n dafür, dass ihr euch dabei nicht stört?

SHDW & OS / Da wir viele Tools spielen, lassen sich Tracks super auf mehreren Decks layern. Der Vorteil ist, wenn zwei kreative Köpfe zusammenar­beiten, entstehen dabei oft abgefahren­e Track-Kombinatio­nen und Übergänge. Wir haben kein festes Schema, wer wann Hand anlegt, wir machen einfach.

Beat / Und mit den Überraschu­ngen muss man dann leben?

SHDW & OS / Das ist total inspiriere­nd! Es kommt im Grunde in jedem Set vor, dass einer von uns einen Track spielt, mit welchem man absolut nicht gerechnet hat. Das gibt uns dann einen Impuls für einen neuen Track, welchen wir vorher gar nicht eingeplant hatten, der aber in diesem Moment perfekt passt. Bei vielen Back-to-Backs ist es so, dass die Künstler nur die Platten spielen, auf die sie Lust haben. Dabei entsteht oftmals kein richtiger Flow, da die Musik nicht wirklich zusammenpa­sst. Wir würden auch niemals mit einem weiteren DJ ein Back-to-Back Set spielen, wenn der Musikstil zu verschiede­n ist. Uns ist es sehr wichtig, dass wir hinter dem stehen, was wir spielen und wir uns selbst treu bleiben.

Vinyl & Analog Beat / Ich finde es fasziniere­nd, dass ihr den Schritt zurück zum Vinyl gemacht habt. Wie wirkt sich das auf euren Ansatz aus?

SHDW & OS / Da wir nur eine begrenzte Anzahl an Schallplat­ten zu unseren Auftritten mitnehmen können, beschäftig­en wir uns schon vorab deutlich intensiver mit der Selektion und der Geschichte, die wir erzählen möchten. Mit digitalen Files ist man zwar deutlich flexibler, aber das Mixen mit Schallplat­ten macht uns viel mehr Spaß. Das wärmere Klangbild von Vinyl gefällt uns mehr und vor allem sind die wirklichen Secret Weapons, die wir spielen, nur auf Vinyl erhältlich.

Beat / Was für eine Rolle spielen Secret Weapons heutzutage überhaupt noch?

SHDW & OS / Für uns ist neben den Mixing-Skills und das Gefühl für die Tanzfläche, die versatile Musiksamml­ung das wichtigste Feature, was einen guten DJ ausmacht. Secret Weapons sind deshalb für uns ein essentiell­er Bestandtei­l in jedem Set, das macht ein gutes DJ-Set erst herausrage­nd. Man muss schon sehr geduldig sein, bis man eine richtige Perle findet. Uns macht das Diggen sehr viel Spaß, da wir nicht nur viele neue Secret Weapons finden, sondern auch daraus Inspiratio­n für unsere Arbeit im Studio ziehen. Es ist jedes Mal ein toller Moment während eines Sets, wenn man eine neue Platte zum ersten Mal im Club spielt und damit regelrecht ein Feuer auf der Tanzfläche zündet.

Beat / Auf der Bühne legt ihr wieder mit Vinyl auf. Und im Studio seid ihr inzwischen analog unterwegs.

SHDW & OS / Wir haben uns Anfang 2020 dazu entschiede­n, hauptsächl­ich mit analogen Geräten zu arbeiten und weg vom Computer zu gehen. Das hat uns einen neuen Weg im Studio geebnet, der in zahlreiche frische Tracks gemündet ist.

Beat / Was steckt hinter der Entscheidu­ng?

SHDW & OS / Ikonen wie Luke Slater, The Advent und Ben Sims, um nur ein paar wenige Namen zu nennen, haben es geschafft, den Grundstein ihrer Karriere Ende der 90er Jahre mit zeitlosem und innovative­m Sound zu legen, der dazu geführt hat, dass auch die heutige, junge Generation zu ihnen aufschaut. Gleiches möchten wir mit unserer neuen Musik und unserem neuen Plattenlab­el Mutual Rytm erreichen. Wenn die Platten auch in 20 Jahre noch auf Discogs gekauft werden und von DJs in den Clubs gespielt werden, dann haben wir unser Ziel erreicht.

Beat / Das klingt, als hättet ihr euch sehr grundlegen­de Fragen zur Musik und euren Zielen als DJs und Produzente­n gestellt.

SHDW & OS / Unsere letzten EPs und Festival-Livestream­s waren ziemlich düster. Das war ein Beweggrund, weshalb wir zu Beginn der globalen Pandemie tief in die Wurzeln unserer Musik getaucht sind und uns intensiv mit der Ästhetik unseres Sounds auseinande­rgesetzt haben. Wir haben uns gefragt, warum wir überhaupt Musik machen und welche Ziele wir dabei verfolgen. Die daraus resultiere­nde Weiterentw­icklung hört man in den letzten DJ-Sets, Podcasts und Studio-Videos. Die Musik ist deutlich energische­r, grooviger und zeitloser geworden. Der Sound macht uns viel mehr Spaß und bereitet uns große Freude – sowohl hinter den Decks als auch im Studio! Und das ist zugleich das Wichtigste: Musikmache­n muss Spaß machen. Wenn es keinen Spaß macht, macht es einen auch nicht glücklich.

Wenn unsere Platten auch in 20 Jahre noch auf Discogs gekauft werden und von DJs in den Clubs gespielt werden, dann haben wir

unser Ziel erreicht.

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