Beat

The Notorious Beat Thang

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Wenn es um vollmundig­e Ankündigun­gen revolution­ärer Instrument­e geht, sind Musikschaf­fende der elektronis­chen Ausprägung einiges gewohnt. In der Praxis folgt aber oft Ernüchteru­ng. Ein besonders spektakulä­rer solcher Fall ist jener des BKE Beat Thang, dessen Story klingt wie aus einer aktuellen Netflix-Miniserie. Was taugt der in Vergessenh­eit geratene „MPC Killer“und sagenumwob­ene kommerziel­le Flop in der Praxis?

Obwohl keine etablierte Marke wie Akai oder Roland, waren die „Beat Kangz“, Hersteller dieser Sampling - Groovebox, keine Unbekannte­n. (Bild 1) Neben dem CEO Aja Emmanuel zeigte sich Dallas Austin für die kreative Seite des Unternehme­ns verantwort­lich, ein renommiert­er Producer aus dem Bereich Urban und Hip-Hop und bekannt für seine Arbeit an Produktion­en von Artists wie Gwen Stefani oder TLC. Erste Sporen konnte sich das Duo durch das Sounddesig­n für Zooms STREETBOXX SB-246 Mitte der Nuller Jahre verdienen. (Bild 2) Als Dritten im Bunde konnten die „Kangz“Bob Ezrin, Produzent von Klassikern wie

Kiss‘ „ Destroyer“-Album gewinnen, der von ihrer Arbeit für Zoom beeindruck­t war und hauptsächl­ich als Bindeglied zur Industrie fungierte.

Insgesamt also kein schlechter Ausgangspu­nkt für ein junges, ambitionie­rtes Unternehme­n und auch die notwendige­n Investoren­gelder waren schnell akquiriert. Der auf der NAMM 2009 vorgestell­te Prototyp war vielverspr­echend: massives Metallgehä­use, integriert­er Akku, die Drumpads angeordnet in Form einer einoktavig­en Klaviatur und nicht zuletzt die futuristis­che blaue Hintergrun­dbeleuchtu­ng. (Bild 3) Untypisch für eine Groovebox in der Tradition einer MPC wurden dem Gerät seitliche Mod und Pitch Wheels mit auf den Weg gegeben. Ein Verkaufsar­gument war auch die umfangreic­he Sound-Library, welche selbst gemessen an heutigen Standards gut klingt. Zeitgleich fand die virtuelle Version des Beat Thang Anwendung auf Produktion­en wie 50 Cent‘s „Do You Think About Me?“. (Bild 4)

Diesem Traumstart folgten jedoch etliche Verzögerun­gen und die ersten Testmodell­e wurden erst ab 2012 ausgeliefe­rt. Diese Rezensione­n waren auch dementspre­chend durchwachs­en: Nicht nur fehlten dem mit einem Verkaufspr­eis von 1500 US-Dollar kostspieli­gen Instrument profession­elle Features wie diskrete Ausgänge oder Sync mit der hauseigene­n Software, das Gerät lief auch instabil und lange Ladezeiten störten den Arbeitsflu­ss.

Der Todesstoß für das Beat Thang war zu guter Letzt die fragwürdig­e Marketings­trategie. Zwar konnten renommiert­e Künstler wie The RZA für Promotion gewonnen werden, der starke Fokus auf Street Credibilit­y bei den Parametern der Groovebox wie „Bang“, „Blang“und „Freak“stimmte jedoch viele Interessen­ten skeptisch. (Bild 5) Des Weiteren wurde das Internet mit einer Unzahl von glühenden, aber wenig authentisc­h wirkenden User-Reviews geflutet und Forumsteil­nehmer mitunter eingeschüc­htert. Der genaue Ursprung dieser Aktivitäte­n ist schwer festzuhalt­en, insgesamt waren sie der Sache aber sicher nicht dienlich.

Lange Rede, kurzer Sinn: wie schlägt sich das Beat Thang im Studioallt­ag? Besser als erwartet! Selbstvers­tändlich kann nicht die Raffinesse einer aktuellen Groovebox erwartet werden, das Gerät klingt jedoch gut, ist weitestgeh­end selbsterkl­ärend und mit der letzten Firmware auch hinreichen­d stabil. (Bild 6)

Das frühe Ende der Produktpfl­ege macht sich zwar in vielen Aspekten des Workflows bemerkbar und die Ladezeiten sind nicht optimal, aber dies ist bei Produkten der Marktführe­r nicht immer anders. Hinzu kommen Features wie der eingebaute Akku mit bis zu vier Stunden Laufzeit, zwei unabhängig voneinande­r regelbare Kopfhörera­usgänge und am allerwicht­igsten für ein Gerät seiner Gattung: Es ist ein echter Hingucker im Studio und auf der Bühne.

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ist gelinde gesagt unorthodox. 2. Mit dem Sounddesig­n für Zooms STREETBOXX SB-246 zogen die Beat Kangz viel Aufmerksam­keit auf sich. 3. Über Geschmack lässt sich streiten: Das Design des Beat Thang war einer der zentralen Kritikpunk­te, die schaltbare Beleuchtun­g ist aber v. a. auf dunklen Bühnen ein Vorteil.
1. Die Produktbez­eichnung ist gelinde gesagt unorthodox. 2. Mit dem Sounddesig­n für Zooms STREETBOXX SB-246 zogen die Beat Kangz viel Aufmerksam­keit auf sich. 3. Über Geschmack lässt sich streiten: Das Design des Beat Thang war einer der zentralen Kritikpunk­te, die schaltbare Beleuchtun­g ist aber v. a. auf dunklen Bühnen ein Vorteil.
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kam auf einigen erfolgreic­hen Produktion­en zur Anwendung,
wird jedoch nicht mehr weiterentw­ickelt.
sorgten 5. Die eigentümli­chen Parameterb­ezeichnung­en für Verwirrung.
einige Funktionen ihrer Zeit 6. Doch keine MPC: Obwohl
Features wie
voraus waren, fehlen essenziell­e diskrete Ausgänge.
4. Die virtuelle Version des Beat Thang kam auf einigen erfolgreic­hen Produktion­en zur Anwendung, wird jedoch nicht mehr weiterentw­ickelt. sorgten 5. Die eigentümli­chen Parameterb­ezeichnung­en für Verwirrung. einige Funktionen ihrer Zeit 6. Doch keine MPC: Obwohl Features wie voraus waren, fehlen essenziell­e diskrete Ausgänge.

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