Alesis ADAT – Der digitale Dinosaurier
Viele Tools für die Musikproduktion sind gealtert wie guter Wein. Obwohl die zugrunde liegenden Technologien in die Jahre gekommen sind, erfreuen sich Röhrenkompressoren, Bandechos und analoge Mischpulte auch heute noch bei Musikschaffenden größter Beliebtheit. Andere Geräte sind, ungeachtet ihres teilweise revolutionären Einflusses auf den Studioalltag, beinahe vollständig verschwunden. So auch der Alesis ADAT. Haben diese die Musikproduktion der 90er-Jahre prägenden Aufnahmegeräte noch einen Platz in aktuellen Setups oder vielleicht sogar einen speziellen Sound? (Bild 1).
Der Name ADAT wird heutzutage vor allem mit der gleichnamigen optischen Audioschnittstelle in Verbindung gebracht, die immer noch auf zahlreichen Soundkarten zu finden ist. Sie erlaubt die gleichzeitige digitale Übertragung von 8 Spuren in für viele Anwendungszwecke immer noch zeitgemäßen 48 KHz/24 Bit und lässt einige Rückschlüsse auf ihren Ursprung zu. (Bild 2).
Zur Zeit der Markteinführung des Alesis ADAT im Jahre 1992 verlangten mehrspurige Aufnahmen entweder nach hochpreisigen analogen Bandmaschinen oder in Klangqualität und Funktionsumfang stark eingeschränkten, auf Musikkassetten aufbauenden Systemen wie Tascams Portastudios. (Bild 3)
Alesis digitale Bandmaschine machte professionelle Aufnahmen erstmals auch in vielen Homestudios möglich: als Aufnahmemedium dienten günstige S-VHS Videokassetten, bis zu 16 ADATs konnten synchronisiert werden und eine Integration in bestehende Studios war ohne großen Aufwand möglich.
Diese neu gewonnene Fülle an Möglichkeiten ging mit einer Reihe von Einschränkungen einher. Im Gegensatz zu analogen Bändern war klassischer Schnitt mit der Rasierklinge nicht möglich und sowohl Laufwerke als auch Kassetten waren berüchtigt für ihre Unzuverlässigkeit.
Angesichts dessen fällt es schwer, Alesis’ digitale Bandmaschine als primären Multitrack Recorder in zeitgenössischen Setups zu empfehlen. Aufgrund der weiten Verbreitung des ADAT Übertragungsprotokolls eignet sie sich aber weiterhin hervorragend als mehrkanaliger Wandler - vor allem in Anbetracht der Verfügbarkeit am Gebrauchtmarkt und extrem niedriger Preise. Das Input Monitoring der Maschinen lässt eine Wandlung in jeweils eine der beiden Richtungen auch ohne eingelegtes Band zu und das Metering am großzügigen Display ist eine willkommene Hilfestellung.
Obwohl ADATs einen eher zweifelhaften Ruf in Hinsicht auf deren Wandlerqualität genießen, ist der Klang im besten Sinne des Wortes unauffällig. Bei mehrkanaligen Testaufnahmen mit einer analogen Drum Machine verhielten sich die Wandler selbst im Clipping Bereich gutmütig und es ist davon auszugehen, dass diese Übersteuerungen viele großartige Aufnahmen der 90er-Jahre geprägt haben. (Bild 4).
Es existieren unterschiedliche Modelle, die sich in erster Linie in der maximalen Bittiefe der Aufnahmen und der analogen Anschlüsse unterscheiden. Die erste Version (Blackface) und der ADAT XT nehmen auf 16 bzw. 18 Bit auf, letzterer verfügt neben symmetrischen Anschlüssen auf EDAC Multi Pin nur über Cinch Buchsen. Spätere Modelle wandelten auf 20 Bit.
Beim Kauf ist die Betriebsstundenzahl der Aufnahmeköpfe ein guter Orientierungspunkt. Sie lässt sich durch die Tastenkombination Set
Locate - Stop abrufen, bei gut gepflegten Geräten sollte das Laufwerk allerdings mehrere Tausend Stunden seinen Dienst tun. (Bild 5)
Alesis ADATs sind auch heute noch durchaus brauchbare Werkzeuge und machen primär für preisbewusste Musikschaffende Sinn, die viele Kanäle, beispielsweise von Drum Machines oder den Direct Outs analoger Mischpulte, in Kombination mit einem modernen Audio Interface gleichzeitig aufnehmen wollen. In Hinblick auf die Geschichte des Gerätes kann aber auch ein wenig Nostalgie durchaus ein Kaufgrund sein.