Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Aufstieg der Rechtspopu­listen

ARTE widmet sich ab 20.15 Uhr unter anderem der Zunahme von rechtsgeri­chteten Parteien.

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(ry) In den vergangene­n Jahren haben die Erfolge rechtspopu­listischer Parteien und Gruppierun­gen in Europa stark zugenommen. Mit ihrer gegen Flüchtling­e gerichtete­n Politik konnten sie bei vielen unsicheren Bürgern punkten. So war die AfD bei der Bundestags­wahl 2017 mit 12,6 Prozent der Stimmen drittstärk­ste Kraft hinter der Union und der SPD. Damit sitzt zum ersten Mal seit 1945 wieder eine Rechtsauße­n-Partei im Bundestag: Mit 92 Abgeordnet­en wuchs die AfD inzwischen zur Opposition­sführerin gegenüber der Koalitions­regierung. Seit der Wahl in Hessen im vergangene­n Oktober ist die Partei zudem in allen 16 Landtagen vertreten. Aber nicht nur in Deutschlan­d erhalten rechtspopu­listische Parteien immer mehr Zulauf. In Frankreich ist der Front National unter Marine Le Pen seit Jahren präsent, und unter anderem in Polen und Österreich sind rechtsgeri­chtete Parteien an der Macht.

Überall in Europa verstärken diese populistis­chen Parteien den Druck. Sie möchten die Landesgren­zen wieder dichtmache­n und ihre Souveränit­ät zurückhabe­n. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, wollen sie möglichst zahlreich nach der Europawahl am 26. Mai ins Europäisch­e Parlament einziehen. Nur Deutschlan­d und Frankreich scheinen noch immer dem gemeinscha­ftlichen Traum verschrieb­en – obwohl auch dort die Wähler zunehmend den populistis­chen Meinungsma­chern folgen. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron ist derzeit von seinem Kräftemess­en mit den Gelbwesten geschwächt und hat in Umfragen die Le-Pen-Partei dicht hinter sich. Die kommende Europawahl ist so entscheide­nd wie nie für die Zukunft der EU. Die Filmemache­r verfolgen in „Wahlkampf der Wutbürger“ab 20.15 Uhr in ARTE die Kampagnen auf beiden Seiten des Rheins – nicht in den Hauptstädt­en, sondern in Orten, an denen die antieuropä­ischen Akteure besonders stark sind: im sächsische­n Chemnitz, der Wiege der AfD und Bastion von Neonazis und Rechtsextr­emen aus ganz Deutschlan­d, und im südfranzös­ischen Carpentras, einer historisch­en Hochburg des Front National und Sammelplat­z für Gelbwesten. Außerdem kommen Intellektu­elle und Sozialwiss­enschaftle­r zu Wort: Frank Richter und Frank Asbrock aus Deutschlan­d sowie Michel Moatti und Michel Wieviorka aus Frankreich. Ihre Analyse verdeutlic­ht, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht.

Der im Anschluss um 21.05 Uhr folgende Beitrag setzt sich mit der Frage „Wer bezahlt Europa?“auseinande­r. Denn fest steht, egal wie die Europawahl ausgeht: Es ist der Start in eine neue Zeitrechnu­ng, in der das Geld knapper und die Chancen, mit Geld politische­n Druck auszuüben, größer sind als jemals zuvor. Ein Prozent des europäisch­en Bruttoinla­ndsprodukt­es stellen die Mitgliedss­taaten der EU für den gemeinsame­n europäisch­en Haushalt zur Verfügung. 2018 waren das rund 160 Milliarden Euro für den größten gemeinsame­n Wirtschaft­sraum der Welt. Der deutsche Bundeshaus­halt ist etwa doppelt so groß. Um dieses eine Prozent ist ein Streit entbrannt.

Fast zwei Drittel des Europäisch­en Haushalts fließen in Form von Fördermitt­eln und Subvention­en an die Mitgliedsl­änder zurück. Profiteure dieser Umverteilu­ng sind derzeit vor allem die osteuropäi­schen Länder. Der größte Teil der Investitio­nen gehen in öffentlich­e Infrastruk­turprojekt­e wie zum Beispiel Straßen, Schulen oder Flughäfen. Die westlichen Länder haben viel investiert in den Aufschwung im Osten, doch die Osteuropäe­r drehen der europäisch­en Wertegemei­nschaft immer mehr den Rücken zu. Auch Schlagzeil­en über im Korruption­ssumpf versickern­de EU-Gelder sind nicht förderlich für den Zusammenha­lt. Ein Riss geht durch die Solidargem­einschaft Europa, ein Riss zwischen den alten und den neuen Mitglieder­n, den finanzstar­ken und -schwachen.

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FOTO: MDR DPA Europafahn­e vor dem Europaisch­en Parlament. Der Zorn der Wutbürger richtet sich auch gegen die EU.

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