Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Oberflächliche Nazi-Lebensläufe
1934 erschien eine Anzeige des amerikanischen Soziologen Theodore Abel in nationalsozialistischen Zeitungen. Jene Mitglieder der NSDAP, die der Partei vor 1933 beitraten, wurden gebeten, ihre politischen Beweggründe zu erläutern. Die Abel damals zugesandten Schriftstücke hat der Publizist und Herausgeber Wieland Giebel nun veröffentlicht. In den Berichten der „Alten Kämpfer“steht wenig Neues: Kriegsniederlage, Versailles, wirtschaftliche Not, das Trugbild der ‚Volksgemeinschaft’, Sehnsucht nach einem ‚Erlöser’. Und das breitet Giebel auf über 900 Seiten aus. Dass längst nicht alle Deutschen der NS-Bewegung angehörten, erklärt Giebel bemerkenswert simpel. „Weil die einen Nazis sein wollten und die anderen nicht“. Das stimmt zwar, entlarvt aber auch die profunde Ratlosigkeit des Autors, der nicht historisch geschult ist. Ohne eine solche Analyse ist nicht zu verstehen, weshalb bestimmte Denkmuster in Deutschland obsiegten. Rolf Helfert