Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Streit um befristete Arbeitsverträge
Beamtenbund und Gesamtmetall kritisieren die Pläne der großen Koalition.
BERLIN Die Pläne der großen Koalition, die Regeln für befristete Arbeitsverträge zu verschärfen, führt zu einer ungewöhnlichen Allianz. Gesamtmetall und Deutscher Beamtenbund (DBB) wollen am Montag mit Vertretern aus Koalition und Opposition über die Sinnhaftigkeit der Pläne diskutieren. Laut Koalitionsvertrag sollen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten künftig nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft ohne Sachgrund befristen dürfen. Wird die Quote überschritten, gilt der Vertrag automatisch als unbefristet. Zudem will die Koalition die Fristen verschärfen: Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes soll nur noch für 18 statt 24 Monate zulässig sein.
Der Beamtenbund (DBB) lehnt die Pläne ab. DBB-Chef Ulrich Silberbach sagte unserer Redaktion: „Der öffentliche Dienst ist Spitzenreiter bei den sachgrundlosen Befristungen.“Das sei ein Skandal: „Bevor man für die gesamte Bundesrepublik – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – neue, undurchführbare Befristungsregeln erlässt, sollten die öffentlichen Arbeitgeber das eigene Haus in Ordnung bringen.“
Schützenhilfe bekommt er von Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger. „Die geplante Beschränkung der Befristungen geht am eigentlichen Problem vorbei.“In der Metall- und Elektro-Industrie liege der Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen bei vier Prozent. Im staatlichen Hochschul- und Wissenschaftsbereich
seien es mehr als 40, im öffentlichen Dienst 9,5 Prozent. Und auch bei den NGOs liege der Anteil über 15 Prozent. „An den Sonderprivilegien für den öffentlichen Dienst will die Politik aber nichts ändern“, kritisierte Dulger.
Der Gesamtmetall-Präsident verteidigte das Instrument: „Wir brauchen befristete Verträge. Es gibt immer mehr Ansprüche für Arbeitnehmer, Auszeiten zu nehmen – zum Beispiel, sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern oder um Elternzeit zu nehmen.“In diesen Zeiten müsse die Arbeit aber trotzdem erledigt werden. „Zeitarbeit ist politisch unerwünscht und wurde gesetzlich eingeschränkt. Wenn der Kündigungsschutz so ist, wie er bei uns ist, müssen wir befristet einstellen können“, forderte Dulger.
Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) ist gerade der hohe Anteil der befristeten Arbeitsverträge (8,3 Prozent) ein Zeichen für die robuste Verfassung des Arbeitsmarktes. Immerhin werde diese nicht nur für die von Dulger geschilderte zeitliche Überbrückung von Engpässen sondern oft auch als verlängerte Probezeit genutzt. So gaben 36,7 Prozent der Arbeitgeber an, wichtigstes Motiv für die Befristung sei die Überprüfung der Eignung von Arbeitskräften. Als Nachteile für die Beschäftigten nennen die Studien-Autoren erschwerte Familienplanung, Gesundheitsrisken und negative Folgen für die Kreditwürdigkeit. Allerdings überwiegen laut IAB die positiven Seiten der Befristung. Denn die Übernahmequote hat mit 44,2 Prozent einen Höchststand erreicht.
„Die öffentlichen Arbeitgeber sollten das eigene Haus in Ordnung bringen“Ulrich Silberbach DBB-Chef