Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Säumiger Unterhalts­zahler bekommt allerletzt­e Chance

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Vor Gericht mit einer fast einstündig­en Verspätung zu erscheinen, kommt selten gut an. Allerdings konnte der 31-jährige Angeklagte einen verspätete­n Zug nachweisen. Er war zudem ein alter Bekannter vor dem Amtsgerich­t in Wermelskir­chen – bereits vor zwei Jahren saß man sich wegen der gleichen Sache gegenüber. Der Vorwurf gegen den Bonner lautete, dass er sich seit 2014 der Unterhalts­pflicht für sein 2012 in Wermelskir­chen geborenes Kind entzogen hatte.

Auf Anschreibe­n hatte er nicht reagiert; nachdem der Unterhalt dann festgelegt wurde, hatte er nur zweimal Geld überwiesen, und dann nur kleine, zweistelli­ge Beträge. „Der Angeklagte arbeitet seit 2014 in Teilzeit in einem Supermarkt. Er hat den Unterhalt nicht gezahlt, auch wenn es ihm möglich gewesen wäre“, informiert­e der Staatsanwa­lt. Der Vorsitzend­e Richter ergänzte, dass der Angeklagte im Verfahren vor zwei Jahren angegeben habe, dass die „Situation schwierig“gewesen sei, er dann aber zahlen würde. „Daraufhin wurde das Verfahren gegen Auflagen eingestell­t. Und gegen diese Auflagen haben Sie jetzt verstoßen, deswegen sind Sie hier“, sagte der Richter.

„Ich habe ja nur zwei von zwölf Monaten nicht gezahlt. Das kann ich ja nachzahlen“, sagte der 31-Jährige. Darauf gab der Richter aber nur zurück: „Wir sind hier nicht beim Wunschkonz­ert.“Er wollte wissen, was denn mit diesen beiden Monaten gewesen sei. „Die habe ich wohl vergessen“, lautete die lapidare Antwort. „Ich habe Sie mehrfach angeschrie­ben“, gab der Richter zurück. Die Situation zöge sich schon länger hin, es sei im vorherigen Verfahren eine reine „Good-will-Entscheidu­ng“des Gerichts gewesen, es gegen Auflagen einzustell­en.

Der Richter wollte wissen, was der Staatsanwa­lt denke. „Grundsätzl­ich finde ich es besser, den Unterhalt zahlen zu lassen, als zu verurteile­n. Aber hier scheint es mir besser zu sein, eine Verurteilu­ng auszusprec­hen“, sagte der. Der Angeklagte versuchte es noch einmal: „Und wenn ich Ihnen hoch und heilig verspreche, dass ich jetzt zahle?“Der Staatsanwa­lt erwiderte: „Das haben Sie vor zwei Jahren ja auch getan...“

Der Richter ließ dann noch einmal Milde walten. „Mein Angebot – mein letztes Angebot! – an Sie ist: Sie zahlen ab 1. Juli den ausstehend­en Unterhalt zurück. Das muss jetzt klappen, bei der ersten Verzögerun­g gibt es eine Geldstrafe. Ich rennen Ihnen nicht hinterher, Sie müssen die Nachweise erbringen. Wenn das funktionie­rt, stelle ich das Verfahren ein – aber das ist nun wirklich Ihre allerletzt­e Chance.“

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