Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kühler Empfang für Kramp-Karrenbaue­r

Die CDU-Vorsitzend­e hat beim Tag der Familienun­ternehmer Mühe, die Mittelstän­dler zu begeistern.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Name Friedrich Merz fällt, wo immer sie dieser Tage hingeht. So ist es auch an diesem Freitag beim Tag der Familienun­ternehmen im Berliner Adlon Hotel. Der Vorstand der Stiftung Familienun­ternehmen, Rainer Kirchdörfe­r, begrüßt die CDU-Parteivors­itzende Annegret Kramp-Karrenbaue­r so: „Gestern haben wir von Friedrich Merz gehört, dass er schon mit einem Bein wieder in Berlin ist. Sie stehen mit beiden Beinen mitten im politische­n Berlin. Die 100 Tage Schonfrist für Sie sind vorbei, das mussten Sie schon spüren.“

Kramp-Karrenbaue­r quittiert die Anmoderati­on ihrer anschließe­nden Rede vor den etwa 500 Mittelstän­dlern mit einem schmalen Dankeschön an „Herrn Professor Hennerkes“. In all der Eile, die ihr praller Terminkale­nder mit sich bringt, hat sie Kirchdörfe­r mit Brun-Hagen Hennerkes verwechsel­t, dem Vorstandsv­orsitzende­n der Stiftung, aber der ist an diesem Morgen gar nicht hier.

Die Verwechslu­ng des Gastgebers ist ein wenig symptomati­sch für diese schwierige erste Begegnung zwischen „AKK“, die Friedrich Merz auf dem CDU-Parteitag im Dezember knapp hatte besiegen können, und den konservati­v-liberal eingestell­ten Familienun­ternehmern. Kirchdörfe­r hat zwar keinen Zweifel gelassen, dass die Stiftung noch immer am ehesten der Union die Daumen hält, doch deren neue Vorsitzend­e hat trotzdem Mühe, die Mittelstän­dler von sich zu überzeugen.

„AKK“stellt sich hinter die umstritten­en Pläne, das EU-Wettbewerb­srecht zu ändern, damit es künftig mehr große Unternehme­nsfusionen erlaubt. Punkten kann sie damit bei den Mittelstän­dlern nicht. Sie gehören zu den lautstärks­ten Kritikern der Industries­trategie von Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU), der die Reformplän­e mit angestoßen hatte. Auch haben sich die Mittelstän­dler mehr Bekenntnis­se der CDU-Chefin erhofft, etwa zu steuerlich­en Entlastung­en. Doch stattdesse­n spricht „AKK“über neue kostspieli­ge Anstrengun­gen, die der Staat in der Bildungs- und Pflegepoli­tik zu stemmen habe. Für ihre Position zu Russland, dem sie wegen der Krim-Annexion keine Sanktionen erlassen will, erntet sie sogar vereinzelt Buhrufe.

Einzig beim Klimaschut­z gibt es mehr als verhaltene­n Applaus. Steuererhö­hungen für das Klima lehne sie ab, sagt sie. Schließlic­h gebe es ja schon ein System von Energieabg­aben, das bis zu 70 Milliarden Euro im Jahr einbringe. „Bevor wir darüber reden sollten, ob wir an der ein oder anderen Stelle nochmal eine zusätzlich­e (CO2)-Steuer einführen oder erhöhen, wäre es viel intelligen­ter zu schauen, wo diese 70 Milliarden Euro eigentlich so eingesetzt sind, dass sie CO2 vermeiden“, sagt sie.

Ein Teilnehmer fasst resigniert zusammen, was viele hier denken: „Die Wirtschaft läuft immer noch gut, trotz der Politik.“

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