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Deutsche Bank: Jede fünfte Stelle in Gefahr?
Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“könnten weltweit 20.000 Stellen wegfallen. Eine Entscheidung dazu wird für Juli erwartet. Im Inland kommt das Geldhaus bei der Integration der Postbank voran.
FRANKFURT (rtr/dpa) Die massiven Umbaupläne bei der Deutschen Bank werden zumindest hinter den Kulissen konkreter. Das größte deutsche Geldhaus erwägt laut einem Bericht des „Wall Street Journal“den Abbau von weltweit bis zu 20.000 Stellen. Das berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen hochrangigen Insider. Sollten die Pläne so umgesetzt werden, träfe es mehr als ein Fünftel der Belegschaft – diese betrug Ende des ersten Quartals rund 91.500 Mitarbeiter. Das Institut wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.
Vorstandschef Christian Sewing hatte Ende Mai auf der Hauptversammlung erklärt, er sei zu „harten Einschnitten“vor allem bei der seit Jahren darbenden Investmentbank bereit. Einem Insider zufolge finden derzeit Gespräche auf höchster Ebene statt, finale Entscheidungen seien aber erst für Juli zu erwarten. Der Aufsichtsrat trifft sich nach bisheriger Planung das nächste Mal Ende kommenden Monats zu seiner nächsten regulären Sitzung. Bislang seien nicht alle Mitglieder des Kontrollgremiums eingebunden, sagte eine mit den Vorgängen bei der Bank vertraute Person.
Im Bereich Unternehmens- und Investmentbank sind aktuell gut 38.000 Menschen beschäftigt. Dieses Segment dürfte bei dem anstehenden Umbau besonders stark zur Ader gelassen werden. Wie die Agentur Bloomberg unter Berufung auf mehrere Insider berichtete, steht im Aktienhandel jeder zweite Job zur Disposition. Insgesamt dürften Hunderte Stellen im Handel und im Research-Bereich sowie im Handel mit Derivaten wegfallen. Sewing hat bereits im vergangenen April, zu Beginn seiner Amtszeit, vor allem im Aktienhandel die Axt angelegt und dort rund ein Viertel der Stellen gestrichen.
Die Deutsche Bank läuft der Konkurrenz der großen Wall-Street-Banken schon seit Jahren hinterher. Ihre lange Zeit angeknacksten Beziehungen zu den US-Aufsehern haben die Frankfurter inzwischen offenbar wieder verbessert. Am Donnerstagabend war bekannt geworden, dass das Institut in diesem Jahr beide Teile des jährlichen Stresstests der Branche in den USA bestanden hat – nachdem sie 2015, 2016 und 2018 durchgefallen war. Mit diesem Achtungserfolg ist nun der Weg für harte Einschnitte gerade auch in den Vereinigten Staaten frei. Allerdings dürfte auch der Standort London – Heimatbasis der meisten Investmentbanker im Konzern – deutlich Federn lassen müssen.
Der seit Jahren im Dauerstress befindliche Dax-Konzern machte zudem Fortschritte im Inland. Bei der Integration der Postbank erzielte der Vorstand eine Einigung mit Betriebsräten und Gewerkschaften über die Neuaufstellung der Zentrale der DB Privat- und Firmenkundenbank mit den Standorten Frankfurt und Bonn. Bis Ende 2020 sollen demnach zunächst 750 weitere Vollzeitstellen abgebaut werden. „Unser Ziel war immer ein Modell mit zwei Standorten, das ökonomisch Sinn macht. Dafür streichen wir jetzt Überlappungen, so dass wir am Ende zwei Standorte haben, die sich sinnvoll ergänzen“, sagte Privatkundenvorstand Frank Strauß. Der ehemalige Postbank-Chef versicherte: „Wir werden den Stellenabbau sozialverträglich machen zum Beispiel über natürliche Fluktuation, Altersteilzeit, Abfindungen. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben.“
Allerdings sei der Umbau noch nicht beendet. „Wir werden kontinuierlich über die nächsten Jahre weiter abbauen“, sagte Strauß. Seit Anfang 2017 bis zum Ende des erstens Quartals 2019 wurden in dem Segment 5500 Vollzeitstellen abgebaut. Im Frühjahr 2017 hatte sich die Deutsche Bank nach einigem Hin und Her entschieden, die Bonner Tochter Postbank doch nicht zu verkaufen, sondern in ihr Privat- und Firmenkundengeschäft einzugliedern.