Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wir müssen gegen diese Aggressivi­tät etwas tun

Versöhnung statt Hass – nach diesem Motto hat Monique Bigot aus Chateaubri­ant gelebt. Viele Rader trauern um sie. Menschlich­keit gegen Verbitteru­ng, das können wir alle täglich selber wahr werden lassen.

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Diese Woche stand im Zeichen zweier trauriger Nachrichte­n: Der Tod eines jungen Mannes in der Wupper-Talsperre hat bei vielen Menschen Betroffenh­eit ausgelöst. Und in zwei Städten, dem französisc­hen Chateaubri­ant und dem deutschen Radevormwa­ld, trauern Menschen um Monique Bigot, die sich für die Freundscha­ft über Grenzen hinweg engagiert hat.

Manchmal ist zu lesen, dass der Elan der Städtepart­nerschafte­n, die vor einigen Jahrzehnte­n mit viel Enthusiasm­us gegründet wurden, vielerorts nicht mehr so stark ist. Für Radevormwa­ld gilt das mit Sicherheit nicht. Erst jüngst wurde mit der Einweihung des Novy-Targ-Platzes ein neues Symbol der Freundscha­ft mit der polnischen Stadt gesetzt. Nun hoffen

viele Radevormwa­lder, dass auch nach dem Tod von Monique Bigot die Partnersch­aft mit Chateaubri­ant so intensiv weitergefü­hrt wird, wie sie es sich gewünscht hätte. Es gibt nicht mehr viele Menschen, die eine Zeit erlebt haben, in der Deutschlan­d und Frankreich sich als angebliche „Erbfeinde“blutig bekriegten. Heute sind die Beziehunge­n zwischen beiden Ländern so herzlich wie nie zuvor in der europäisch­en Geschichte, mögen auch die Regierunge­n mal in manchen Punkten unterschie­dlicher Meinung sein. Dass dies möglich wurde, verdanken wir Menschen wie Monique Bigot.

Leider scheint es manchmal, dass die dunkle Vergangenh­eit wiederzuke­hren scheint. Ein rechtsextr­em motivierte­r Mord

an einem Politiker hat Deutschlan­d erschütter­t. Und die Aufmerksam­keit richtet sich auf die Tatsache, dass Drohungen und Pöbeleien auch auf kommunaler Ebene gegen Politiker oder Stadtbedie­nstete zunehmen. In Radevormwa­ld hat dies zum Glück bislang noch nicht jene Stufe erreicht, wie in manchen Großstädte­n. Aber denken wir daran, dass die Stadt vor einigen Jahren ein massives Problem mit rechtsextr­emen Gruppen hatte.

Nicht jeder wütende Internet-Kommentar, nicht jede kritische Mail ist gleich kriminell oder gar terroristi­sch. Doch man spürt: Der Ton in der Gesellscha­ft ist brutaler geworden. Wer sich durch regionale Facebook-Gruppen klickt, staunt

manchmal, wie ruppig Menschen sich hier äußern, die man im realen Leben als freundlich­e Zeitgenoss­en kennt. Es ist eben etwas anderes, an der Tastatur seine Meinung rauszuhaue­n, als sie einem Menschen aus Fleisch und Blut ins Gesicht zu sagen. Profilbild­er zeigen keine Gefühle, empfinden keinen Schmerz. Doch die Menschen dahinter sind verletzbar. Wer sich, bevor er wieder einen anderen Kommentato­r hart angeht, einfach mal durchatmet und daran denkt, wie er selber auf harsche Anwürfe reagieren würde, der hat zumindest einen kleine Schritt getan, um etwas gegen die grassieren­de Aggressivi­tät in unserer Gesellscha­ft zu tun. Wenn dieses Monstrum weiter wächst, zerstört es alles, was wir in Jahrzehnte­n aufgebaut haben.

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STEFAN GILSBACH

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