Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Die neue Kulturmetropole am Rhein
Monheim ist eine wirtschaftlich florierende, schuldenfreie Stadt. Auch darum kann sie sich kulturell manches leisten. Jüngstes Projekt ist der Bau einer architektonisch spannenden Konzerthalle für 76 Millionen Euro am Rhein.
MONHEIM Groß ist Monheim mit seinen etwas mehr als 43.000 Einwohnern nicht gerade. Und pittoresk ist die Stadt – obwohl direkt am Rhein gelegen – auch nur stellenweise. Monheim glänzt mit anderen Dingen, und eins davon ist die Kultur. Ein wenig heimlich, still und leise mausert sich das Städtchen zu einer neuen Kulturmetropole zwischen Köln und Düsseldorf.
Das hat nicht allein, aber auch mit Daniel Zimmermann zu tun. Seit zehn Jahren ist der Mitbegründer der Jugendpartei PETO Bürgermeister der Stadt, und bei Amtsantritt war er mit 27 Jahren das jüngste Stadtoberhaupt in NRW. Dank einer unternehmensfreundlichen Politik und eines niedrigen Gewerbesteuersatzes ging es mit der inzwischen schuldenfreien Stadt fortan wirtschaftlich bergauf, aber eben auch kulturell.
Woran viele Städte jahrelang rumdoktern, wird in Monheim umgesetzt: Mit dem Kauf und dem Ausbau des Geburtshauses der Schriftstellerin Ulla Hahn ist die Stadt im Besitz eines famosen Literaturhauses, das vor allem die Lesesozialisation von Kindern und Jugendlichen fördert. Gemietet mit Vorkaufsrecht wurde auch die leerstehende imposante Pyramide des Zero-Künstlers Heinz Mack am Ortseingang. Ein Ort der Kunst könnte dort demnächst entstehen, möglicherweise gar ein Museum. Ein Geysir wird demnächst am Rhein in Betrieb gehen, ein gut 400.000 Euro teures, nicht unumstrittenes und vom Steuerzahlerbund gegeißeltes Kunstwerk. Der fröhliche Diskussionsbedarf ist auch ein Ausweis von Anteilnahme. Und in der Nähe des Geysirs kommt eine Bronzeskultpur von der im Stadtwappen verewigten Gänseliesel hinzu. Ausführender Künstler ist Markus Lüpertz.
Gleich nebenan regt sich allmählich ein anderes Kulturgroßprojekt. Und wer es ein wenig pathetisch und auch eine Nummer zu groß beschreiben möchte, könnte von einer kleinen Elbphilharmonie am Rhein sprechen – also eine Art Rhein-Philharmonie. Doch getauft wurde die neue Veranstaltungsarena schon, sehr modern und schnörkellos kühl auf „K714“. Hinter der kryptisch anmutenden Bezeichnung steckt
schlicht und einfach der Rheinkilometer, an dem die künftige Kulturstätte liegt.
Entstehen wird sie aus der alten Abfüllanlage einer Shell-Raffinerie. Doch bis auf die schmucke Außenfassade wird von der früheren Verwendung später kaum etwas zu sehen sein. Denn der neue Veranstaltungssaal wird nach den Plänen des Architekturbüros Bez + Kock als riesiger Kubus ins alte Industriegebäude implantiert. Knapp 1800 Sitzplätze wird der Saal haben, für Rock- und Popkonzerte 4000 Stehplätze. Das K714 wird auf jeden Fall ein Mehrspartenhaus: mit viel Musik, mit Tanz, auch Schauspiel und Brauchtumsveranstaltungen. Ein Restaurant wird zur Rheinseite entstehen und der Eingangsbereich mit einem mächtigen Dach beschirmt. 76 Millionen Euro soll der Bau des K714 kosten einschließlich eines Parkhauses gleich dahinter – für 1200 Autos. Über ausgebaute Zufahrtsstraßen sollen An- und Abreise möglichst stressfrei werden.
Aber es gibt ja auch noch den Rhein direkt vor der Halle. Und es gibt den Schiffsanleger, der für 1,5 Millionen Euro gebaut und im vergangenen September eingeweiht wurde. So ist auch vorstellbar, dass zu kulturellen Großveranstaltungen ab 2023 Ausflugsschiffe aus Düsseldorf und Köln auf den Weg in Richtung Monheim schippern. Am 18. August sollen Interessenten schon einmal auf den Geschmack gebracht werden, wenn das Schiff „Rheinfantasie“in Monheim zu einer Dinnerfahrt mit Kulturprogramm startet, kündigt Martin Witkowski an, Intendant und Geschäftsführer der Monheimer Kulturwerke.
Unter Federführung der Kulturwerke wird zudem gerade eine Monheim Triennale geplant, ein Festival, das die Musik der Gegenwart aus aller Welt einladen und abbilden will. Reiner Michalke, der Intendant der Triennale ist und zuvor zehn Jahre lang das Moerser Jazz-Festival gestaltet hat, reist derzeit um die halbe Welt auf der Suche nach geeigneten Künstlern. Ein kleines Triennale-Programm gibt es schon im kommenden Jahr, der eigentliche Start ist dann 2023.
Es ist viel los in Monheim, mit viel Aufbruch und viel Kultur. An die ganz große Glocke wird es aber nicht gehängt. Ein wenig ist es so wie bei der Gänseliesel des Stadtwappens. Die versucht nämlich, das Federvieh dazu zu bringen, den Schnabel zu halten; denn: „Nocet esse locutum“, Gechwätz schadet.