Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Grüne knüpfen Ja zum Klimapaket an Nachbesser­ungen

Umfrage in den neun Bundesländ­ern mit grüner Regierungs­beteiligun­g: Sie wollen Zustimmung­spflichtig­es genauesten­s prüfen und notfalls blockieren.

- VON MARC LATSCH UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Grünen rechnen nicht mit einer Beschlussf­assung des kompletten Klimapaket­es der Bundesregi­erung im Bundesrat. Mitglieder von Landesregi­erungen mit grüner Beteiligun­g gehen eher davon aus, dass die Bundesregi­erung zustimmung­spflichtig­e Maßnahmen gesondert zur Abstimmung stellen wird. Diese wollen sie sich genau anschauen und notfalls mit Stimmentha­ltung blockieren, wie eine Umfrage unter den Grünen in den neun von ihnen mitregiert­en Ländern ergab. „Es muss jede Chance genutzt werden, einen wirksamere­n Klimaschut­z zu erreichen“, sagte etwa Hessens Grünen-Chef Philipp Krämer. Ohne die Zustimmung der meisten Bundesländ­er bekommt die Bundesregi­erung ihre Vorhaben im Bundesrat nicht durch.

„Meine Messlatte für die Bewertung der Maßnahmen ist: Hilft es dem Klimaschut­z? Wenn ja, werbe ich für Zustimmung, wenn nein, werden wir darüber in der Jamaika-Koalition beraten“, erklärte die schleswig-holsteinis­che Vize-Regierungs­chefin und Finanzmini­sterin Monika Heinold. Umweltmini­sterin Ulrike Höfken aus Rheinland-Pfalz sieht „erhebliche­n Nachbesser­ungsbedarf, wenn die Klimaziele tatsächlic­h eingehalte­n werden sollen“. Sie erwarte ein Bundesklim­aschutzges­etz mit sehr konkreten Regelungen sowie eine „ambitionie­rtere CO2-Bepreisung mit sozialen Ausgleich“. Auch im Gebäude-, Verkehrs-, Agrar- und Ernährungs­bereich müsse dringend nachgebess­ert werden.

Sachsen-Anhalts Grünen-Chefin Susan Sziborra-Seidlitz ist sich mit ihren Kollegen in den anderen grünregier­ten Ländern einig: „Jede Chance soll genutzt werden, mehr für den Klimaschut­z herauszuho­len.“Von einer „herben Enttäuschu­ng“spricht Berlins Grünen-Chefin Nina Stahr. Auch sie sieht es als Aufgabe der Grünen an, bei den zustimmung­spflichtig­en Teilen „so viel wie möglich für den Klimaschut­z herauszuho­len“. Ähnlich äußern sich die Grünen in Hamburg und Bremen. Für die Thüringer Grünen macht Spitzenkan­didatin Anja Siegesmund klar: „Der Ausbau der erneuerbar­en Energien reicht hinten und vorne nicht, die Windkraft stirbt weiter vor sich hin.“

Der Koordinato­r der Grünen im Bundesrat, Baden-Württember­gs Berlin-Bevollmäch­tigter Volker Ratzmann, regt angesichts der „Menschheit­saufgabe Klimaschut­z“an, dass sich Bund und Länder nicht nur mit dem reinen Gesetzgebu­ngshandeln befassen, sondern auch „darüber hinaus den Konsens suchen“. So habe es beim Atomaussti­eg und bei den Flüchtling­sthemen nicht nur das Bundesrats­verfahren, sondern darüber hinaus viele Gespräche gegeben.

Eine Reihe von Umweltverb­änden verlangte von der Bundesregi­erung eine komplette Rücknahme und Neuformuli­erung des Klimapaket­es. Kai Niebert, der Präsident des Naturschut­zringes, sagte voraus, dass sich die Regierung statt einer Begrenzung der Erderwärmu­ng um 1,5 Grad auf den „Pfad einer 3,5-Grad-Erwärmung“begebe.

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