Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Baby Archie pausiert, seine Eltern tanzen
Prinz Harry und seine Familie besuchen für zehn Tage den afrikanischen Kontinent. Beim ersten Termin in Kapstadt solidarisierte sich Herzogin Meghan mit Menschen, die Rassismus erlebt haben. Baby Archie blieb bei der Nanny.
KAPSTADT (dpa) Ein Sweatshirt und ein neuer Name für Archie: Bei ihrer ersten offiziellen Reise als Familie gab es für den britischen Prinzen Harry und Herzogin Meghan das erste Willkommenspräsent in Kapstadts Township Nyanga. Nach der verspäteten Ankunft ihres Fluges am Montag waren beide zum Auftakt ihrer Afrikareise direkt ins Mbokodo-Projekt für Mädchen und junge Frauen gefahren. Dort wurde ihnen unter anderem ein Rahmen mit einem afrikanischen Namen für den kleinen Archie überreicht: Ntsika. In der Sprache des Xhosa-Volkes – dem auch Nelson Mandela angehörte – steht er für „Säule der Stärke“.
Der kleine Archie war allerdings selbst bei der Veranstaltung im Township nicht zu sehen, wo sich Harry kurz auch tanzend in den Hüften wog. Er betonte später: „Als jemand, der dieses wunderschöne Land mehrfach besucht hat und Kapstadt als einzigartigen Ort in Afrika ansieht, wollte ich sicherstellen, dass unser erster Besuch als Familie – mit meiner Frau an meiner Seite – die bedeutenden Herausforderungen betont, denen sich Millionen Südafrikaner gegenübersehen.“
Meghan hatte vor einem Reigen tanzender und trommelnder Jugendlicher unter aufbrandendem Applaus erklärt: „Ich möchte euch wissen lassen, dass ich hier bin mit meinem Mann als Mitglied der Königsfamilie, Dass ich hierher komme als Mutter, als Ehefrau, als eine ,woman of colour’ und als eure Schwester.“Als „people of colour“bezeichnen sich Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe Rassismuserfahrungen gemacht haben. Die Herzogin mit afroamerikanischen Wurzeln will bei ihrem Aufenthalt das Thema Frauenrechte in den Fokus stellen, das angesichts der grassierenden Gewalt gegen Frauen gerade die Schlagzeilen am Kap beherrscht.
Südafrika sei für Frauen der unsicherste Platz auf Erden, hatte Präsident Cyril Ramaphosa noch vergangene Woche bei einer Sondersitzung des Parlaments erklärt. Er sprach damit die Welle der Gewalt an, die sich gegen Frauen – und zum Teil auch Ausländer – richtet. In Kapstadts Armenvierteln gilt sie laut der Kriminalstatistik als besonders hoch. Eine Änderung des am Kap noch stark patriarchalisch geprägten Männerbildes sei daher nötig, so Harry: „Kein Mann ist geboren, um Frauen weh zu tun, das ist angelerntes Verhalten und ein Zyklus, der durchbrochen werden muss.“Es gehe nun darum, die Männlichkeit neu zu definieren.
Immer wieder schüttelten Harry und Meghan bei ihrem Besuch Hände, bückten sich zu den Fähnchen schwingenden Kindern, aber auch alten Frauen. Bei sonnigem, aber windigem Wetter herzte die Herzogin von Sussex im sommerlichen schwarz-weißen Kleid einen kleinen Jungen, während Harry sich zunächst zögerlich zum Rhythmus der Trommeln in den Hüften wiegte. Er wirkte zunehmend lockerer und knöpfte sein langärmeliges Hemd auf. Viel Zeit zum Umziehen war dem Paar nicht geblieben, da ihr Linienflug mit Verspätung eingetroffen war, was den Zeitplan durcheinanderzuwirbeln drohte.
Die britischen Royals, die am Wochenende in Rom die Hochzeit der mit Meghan befreundeten Designerin Misha Nonoo gefeiert hatten, wollen zunächst mehrere Projekte in der südafrikanischen Touristenmetropole besuchen, bevor Harry nach Angola weiterreist. Der Besuch hat eine politische Komponente: Der Queen liegt die Stärkung des Staatenbundes Commonwealth sehr am Herzen. Angola will als erster Staat seit einem Jahrzehnt dieser Allianz beitreten. Harry, der von seiner Großmutter zum Jugend-Botschafter des Commonwealth erklärt worden ist, soll dort diplomatisch für gute Stimmung sorgen. Und er wird dort auf den Spuren seiner Mutter unterwegs sein. Denn wie einst die bei einem Autounfall in Paris getötete Prinzessin Diana engagiert auch er sich im Kampf gegen Landminen.
Doch davor wird das Paar an diesem Dienstag – dem Tag des nationalen Erbes – erst einmal die älteste südafrikanische Moschee in Kapstadts historischem Bo-Kaap-Distrikt besuchen. Ganz in der Nähe, im District Six, findet eine offizielle Straßen-Umbenennung statt, die eine noch aus Apartheidzeiten stammende Maßnahme rückgängig machen soll: Die Keizersgracht Street wird wieder offiziell in Hanover Street umbenannt. Offen blieb dabei, ob es sich auch um eine Verneigung vor den Ahnen des royalen Besuchs handelt: Denn die kamen einst aus Hannover.