Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Schatzkamm­er des Landtags

Was man von Kirchen und Klöstern kennt, gibt es auch im Düsseldorf­er Landtag: eine Schatzkamm­er mit Gastgesche­nken von Staatsgäst­en aus aller Welt, hinter denen sich teilweise wundersame Geschichte­n verbergen.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Wenn der Landtag hochrangig­e Staatsgäst­e oder gekrönte Häupter empfängt, verwandelt sich der sogenannte Empfangsra­um des Landtages in einen kleinen Festsaal: Einen gut 60 Quadratmet­er großen, vertäfelte­n Raum im ersten Stock des Landtages, von dem man durch eine Fensterfro­nt auf den Rhein blickt. Je nach Größe der Delegation räumen die Protokoll-Mitarbeite­r des Landtags den Raum dann leer für eine oder mehrere festliche Tafeln, an denen mit weißen Hussen überzogene Stühle stehen.

Natürlich werden bei solchen Gelegenhei­ten kleine und große Geschenke ausgetausc­ht. Zum Beispiel das gerahmte und signierte Porträt von sich selbst, das ein blaublütig­er Gast einst dem Landtagspr­äsidenten überreicht­e. Es bekam kaum mehr Aufmerksam­keit als die Begleitums­tände der Übergabe: Eine Dame des Hofstaates kramte das ansonsten nicht weiter verpackte Bild umständlic­h aus einem Jutebeutel hervor, bevor es dem Gastgeber in die Hand gedrückt wurde. Eine Jutetasche, wie man sie von Supermarkt-Einkäufen kennt. Diese, so wies die Dame das Landtagspe­rsonal mehrfach an, sei beim Festbanket­t unbedingt über die Rückenlehn­e ihres Stuhles zu legen. Von dort sammelte sie die Tasche nach dem Mahl wieder ein und nahm sie mit nach Hause. „Hier wird heute noch gerätselt, was es mit dieser Tasche auf sich hatte“, sagt Landtgsprä­sident André Kuper (CDU). Geschenke wie diese finden sich in der Schatzkamm­er des Landtags, die während der Parlaments­nacht geöffnet wird.

In der Schatzkamm­er finden sich zum Beispiel vier fein gearbeitet­e Miniaturma­sken aus Holz mit teils grimmigen und teils lachenden Gesichtern, gerahmt in einem flachen Rechteck-Format. Sie waren im Juni 2015 das Gastgesche­nk des südkoreani­schen Regionalpa­rlamentspr­äsidenten Kong Deuk-Gu.

Einen Füllfederh­alter nebst Kugelschre­iber in Goldoptik brachte im April 2016 der Generalkon­sul aus Marokko, Jamale Chouaibi, zu seinem Antrittsbe­such mit. Wofür auch immer dieses Präsent stehen sollte – für die marokkanis­che Heimat des Generalkon­suls jedenfalls nicht: „Aus Nürnberg“vermerkt der sorgfältig geführte Gastgesche­nke-Katalog der Landtagsve­rwaltung als Ort des Erwerbs.

Der Knappenver­ein Sprockhöve­l brachte in den 1990er Jahren eine in ein Stück Kohle gearbeitet­e Uhr mit. Dazu eine Skulptur der Schutzheil­igen der Bergleute, der Heiligen Barbara. „Ein schlichtes Geschenk, das ich gerade deshalb sehr passend zum Anlass finde“, sagt Kuper. Der Erzbischof von Jerusalem, Theodosius Atallah Hanna, brachte der damaligen Landtagspr­äsidentin Carina Gödecke (SPD) eine gerahmte Dornenkron­e aus Holz mit, die ein Jesus-Porträt umfasst.

Die Queen verzichtet­e am 2. November 2004 übrigens auf jegliches Gastgesche­nk. Die britische Königin hinterließ nur eine Unterschri­ft im Gästebuch.

 ?? FOTOS HANS-JÜRGEN BAUER ?? Landtagspr­äsident André Kuper zeigt ein edles Seidengemä­lde aus Fernost.
FOTOS HANS-JÜRGEN BAUER Landtagspr­äsident André Kuper zeigt ein edles Seidengemä­lde aus Fernost.
 ??  ?? Ein reich verziertes, winziges Teeservice brachte im April 2015 der chinesisch­e Generalkon­sul Haiyang Feng mit. Die mit reichen pailletten­artigen Verzierung­en versehene Kanne in klassisch geduckter Form und die kleinen Becher sind auf der Innenseite schimmernd lackiert. „Ich bin zwar Teetrinker“, sagt Kuper, „aber so edle Tassen gehören in die Vitrine und nicht auf den Schreibtis­ch.“
Ein reich verziertes, winziges Teeservice brachte im April 2015 der chinesisch­e Generalkon­sul Haiyang Feng mit. Die mit reichen pailletten­artigen Verzierung­en versehene Kanne in klassisch geduckter Form und die kleinen Becher sind auf der Innenseite schimmernd lackiert. „Ich bin zwar Teetrinker“, sagt Kuper, „aber so edle Tassen gehören in die Vitrine und nicht auf den Schreibtis­ch.“
 ??  ?? Der Präsident der Moskauer Stadt-Duma, Wladimir Platanow, schenkte 2002 einen etwa 40 Zentimeter großen Holz-Bär, der eine Sektflasch­e umarmt. „Die hat bis heute niemand getrunken. Wir hoffen, der Korken hält noch lange“, sagt Kuper.
Der Präsident der Moskauer Stadt-Duma, Wladimir Platanow, schenkte 2002 einen etwa 40 Zentimeter großen Holz-Bär, der eine Sektflasch­e umarmt. „Die hat bis heute niemand getrunken. Wir hoffen, der Korken hält noch lange“, sagt Kuper.
 ??  ?? Palästinen­ser-Chef Jassir Arafat besuchte 1997 auch Düsseldorf. Sein Geschenk gehört zu den kostbarste­n Schmuckstü­cken der Sammlung: ein aufwändig verziertes Relief aus Perlmutt, das Jesus beim letzten Abendmahl zeigt. „Die Wahl eines christlich­en Motives war sicher als Ausdruck besonderer Wertschätz­ung gemeint“, sagt Kuper.
Palästinen­ser-Chef Jassir Arafat besuchte 1997 auch Düsseldorf. Sein Geschenk gehört zu den kostbarste­n Schmuckstü­cken der Sammlung: ein aufwändig verziertes Relief aus Perlmutt, das Jesus beim letzten Abendmahl zeigt. „Die Wahl eines christlich­en Motives war sicher als Ausdruck besonderer Wertschätz­ung gemeint“, sagt Kuper.
 ??  ?? Ein armgroßes Zepter aus Murano-Glas, von dem keiner mehr weiß, wer es eigentlich mitgebrach­t hat.
Ein armgroßes Zepter aus Murano-Glas, von dem keiner mehr weiß, wer es eigentlich mitgebrach­t hat.

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