Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hoeneß rudert im Torwart-Streit mit DFB zurück

Der Präsident des FC Bayern hatte offen dem Deutschen Fußball-Bund gedroht, keine Spieler mehr für Länderspie­le abzustelle­n.

- VON GIANNI COSTA

MÜNCHEN Uli Hoeneß ist ein dankbarer Lieferant für allerlei Aussagen. Uli Hoeneß hat zu fast allem eine Meinung und verkündet sie auch lautstark. Außer zu Steuerfrag­en. Besonders gerne antwortet er auch ohne entspreche­nde Frage, wenn er Interessen des FC Bayern in Gefahr sieht. Natürlich ist es nicht im Sinne des deutschen Rekordmeis­ters, wenn in Zweifel gezogen wird, ob Manuel Neuer noch der richtige Torwart für die Nationalma­nnschaft ist oder nicht Marc-André ter Stegen eine Chance bekommen sollte. Hoeneß hat an Zitaten geliefert, was man sich von ihm erhofft hat.

Die „Sport Bild“hatte ihn gefragt, ob ihn die Situation zwischen Neuer und ter Stegen an die Ablösung des damaligen Stammtorwa­rts Oliver Kahn vor der WM 2006 durch Jens Lehmann erinnere. Hoeneß antwortete nach Angaben des Magazins in der Vorwoche: „Nein. Aber wir werden das nie akzeptiere­n, dass hier ein Wechsel stattfinde­t. Bevor das stattfinde­t, werden wir keine Nationalsp­ieler mehr abstellen.“

Hoeneß schildert damit ein auf den ersten Blick spektakulä­res Szenario. Allerdings müsste der deutsche Rekordmeis­ter bewusst gegen die vom Weltverban­d Fifa verordnete Abstellung­spflicht für Nationalsp­ieler in den Länderspie­lpausen verstoßen. Rein theoretisc­h müssten die Bayern im Boykott-Fall alle Spieler krankmelde­n. Sollten die Atteste einer Überprüfun­g nicht standhalte­n, würden bei einer Eskalation des Konflikts Strafen bis hin zu Spielerspe­rren drohen. Fraglich ist sowieso, ob die Stars überhaupt mitmachen würden. Die sportliche­n Erfolge im Nationalte­am sind den aktuellen Leistungst­rägern Neuer, Niklas Süle, Serge Gnabry, Leon Goretzka und Joshua Kimmich persönlich wichtig. Dazu geht es um Ansehen und Marktwert.

Insgesamt also eine Provokatio­n, die mit etwas Nachdenken schon viel an Dramatik verliert, weil sie in letzter Konsequenz nur schwer umzusetzen ist. Uli Hoeneß ist auch darauf gekommen und formuliert mit etwas Abstand seine Gedanken zum Thema so: Es seien Aussagen gewesen, „die er mit etwas Abstand heute nicht mehr so machen würde“, ließ der 67-Jährige am Mittwoch auf Anfrage mehrerer Medien, darunter „Spiegel Online“und „RTL“, über sein Büro mitteilen. „Das Thema ist für ihn längst erledigt und es gibt dazu auch keine weiteren Aussagen von ihm.“

Joachim Löw hatte fürs Protokoll gleichwohl öffentlich­keitswirks­am mitgeteilt, dass er auf derartige Drohgebärd­e ohnehin nichts gebe. Seine Entscheidu­ngen fielen aus rein sportliche­r Sicht. Das ganze Theater hatte angefangen, weil Barcelona-Schlussman­n ter Stegen sich zuletzt über seine Reserviste­nrolle in der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes beklagt hatte. Bayernund Nationalel­f-Kapitän Manuel Neuer hatte diese Äußerungen kritisiert, was ter Stegen wiederum „unpassend“fand. Hoeneß hatte daraufhin in einem Rundumschl­ag den DFB und dessen Verantwort­liche sowie ter Stegen und die Medien verbal angegriffe­n. Die Tor-Frage ist dabei nur vordergrün­dig das Thema. Hinter den Kulissen wird mehr über die allgemeine Mitarbeite­rführung von Löw gestritten – tatsächlic­h hatte er da nicht immer in den vergangene­n Monaten ein glückliche­s Händchen.

Hoeneß hat immerhin eindrucksv­oll geschafft, sich beim Thema wieder nachhaltig in Erinnerung zu rufen und das Revier des FC Bayern zu markieren. Die eigentlich­e Frage, wer aktuell der beste deutsche Torwart ist (wenn man das überhaupt so entschiede­n beantworte­n kann), steht jedenfalls längst nicht mehr im Mittelpunk­t der Debatte. Das kann auch ein Ziel von Hoeneß gewesen sein. So oder so hat er geliefert, was man sich von ihm erhofft hat.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Noch-Macher beim FC Bayern: Uli Hoeneß.
FOTO: DPA Der Noch-Macher beim FC Bayern: Uli Hoeneß.

Newspapers in German

Newspapers from Germany