Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die letzte Schlacht um die schwarze Null

- VON BIRGIT MARSCHALL

Nun beginnt also die letzte große Schlacht um die schwarze Null. Gäbe die Union sie endlich auf, würde die SPD wohl vorerst in der großen Koalition bleiben. Wenn nicht, platzt die Koalition – und Deutschlan­d bekommt eine neue Regierung. Mit ökonomisch­er Vernunft hat dieses einfache Einmaleins nicht viel zu tun. Tatsächlic­h hat die schwarze Null, dieses Synonym für den seit 2014 ausgeglich­enen Haushalt, aus ökonomisch­er Sicht keinen Wert an sich. Politisch ist sie wertvoll, weil sie den von Natur aus ausgabewüt­igen Politikern eine Grenze setzt. Würde die Union dieses Ziel aufgeben, wäre aber nicht viel gewonnen. Denn die Schuldenbr­emse im Grundgeset­z gilt ja. Und die ließe 2020 und wohl auch in den Jahren danach nur eine Neuverschu­ldung von jeweils wenigen Milliarden Euro zu.

Wer wie das neue SPD-Führungsdu­o Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nun über ein Jahrzehnt jedes Jahr 45 Milliarden Euro zusätzlich in Straßen, Schulen und Digitalisi­erung investiere­n will, müsste also Wege finden, die Schuldenbr­emse zu umgehen. Instrument­e dafür wurden längst entwickelt. Doch die Konjunktur bietet noch gar keinen Grund für ein solches Manöver. Von einer Krise ist die Wirtschaft weit entfernt, Konjunktur­hilfen braucht sie nicht.

Richtig ist aber, dass der Standort wegen jahrelang zu geringer Investitio­nen in seine Infrastruk­tur an Wettbewerb­sfähigkeit verloren hat. Ein langfristi­ges Investitio­nsprogramm für die Infrastruk­tur wäre also sinnvoll. Hier macht das SPD-Führungsdu­o durchaus einen richtigen Punkt. Es geht aber auch – bitteschön – kleiner und bescheiden­er als bei Walter-Borjans. Zudem müsste das Programm nicht zu 100 Prozent mit neuen Schulden finanziert werden. Die Koalition könnte auch Ausgaben kürzen, etwa ökologisch schädliche Subvention­en. Aber da traut sich keiner ran.

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