Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

EU-Verkehrsmi­nister schwächen Verbrauche­r

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Die EU-Verkehrsmi­nister haben bei ihrem Treffen in Brüssel Entscheidu­ngen zugunsten der Eisenbahne­n und gegen die Verbrauche­r getroffen. Natürlich war es aus Sicht der Unternehme­n ärgerlich, dass sie sich bei Entschädig­ungen für längere Verspätung­en nicht mit höherer Gewalt herausrede­n konnten – anders als die konkurrier­enden Fluggesell­schaften. Chancengle­ichheit sieht tatsächlic­h anders aus.

Die nun getroffene Entscheidu­ng ist aber vor allem eines: ein Geschenk an Rechtsanwä­lte. Sieht man einmal ab von dem versteckt platzierte­n Formular auf der Internetse­ite der Bahn und der fehlenden Möglichkei­t, dieses online auszufülle­n, war es bislang recht unkomplizi­ert, Ansprüche geltend zu machen. Nun aber dürfte es regelmäßig zum Streit kommen. Zumal es für die Bahnreisen­den in vielen Fällen nicht ohne Weiteres ersichtlic­h sein wird, ob es sich bei einer Verspätung um einen Akt höherer Gewalt handelt oder nicht.

Es ist ein weiteres Ärgernis für Kunden, die in jüngster Zeit ohnehin viel Geduld beim Bahnfahren aufbringen mussten. Die Verkehrsmi­nister haben den Bahnen zwar in Sachen finanziell­er Spielraum geholfen, zugleich produziere­n sie jedoch unnötigerw­eise einen Imageschad­en. Und das ausgerechn­et in Zeiten, in denen die Bahn zur Erreichung der Klimaziele wichtiger denn je ist.

Wenn das Argument für die Entschädig­ungsregelu­ng einheitlic­he Wettbewerb­sbedingung­en zwischen den verschiede­nen Verkehrstr­ägern gewesen sind, bleibt die Frage, warum die EU-Verkehrsmi­nister nicht den Mut gehabt haben, den Verbrauche­rschutz insgesamt zu stärken. Das wäre ganz einfach möglich gewesen, indem sie den Passus der höheren Gewalt bei den Fluggesell­schaften gekippt hätten.

BERICHT SELTENER GELD BEI BAHN-VERSPÄTUNG­EN, TITELSEITE

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