Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

E-Autos brennen anders als Benziner

Ein in Flammen aufgegange­nes Luxusfahrz­eug mit Zusatzbatt­erie sorgte für einen komplizier­ten Feuerwehr-Einsatz in Düsseldorf. Akkubrände, etwa bei Elektroaut­os, stellen die Einsatzkrä­fte vor besondere Herausford­erungen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Autobrand ist nicht gleich Autobrand: Wenn sich, wie in der Nacht zu Sonntag in Düsseldorf geschehen, die Zusatzbatt­erie eines Luxusfahrz­eugs entzündet, ist die Feuerwehr besonders gefordert. Rund 9000 Liter Wasser waren nötig, um Wagen und brennende Batterie zu löschen. Potenziert wird das Problem, wenn der gesamte Unterboden mit Akkus bestückt ist – wie bei einem Elektro- oder Hybridfahr­zeug. „Wir haben es hier mit einer neuen Herausford­erung zu tun, auf die die Einsatzkrä­fte vorbereite­t werden müssen“, sagt der Vizepräsid­ent des Deutschen Feuerwehrv­erbandes, Karl-Heinz Knorr. „E-Autos brennen aber weder heftiger noch häufiger als Benziner oder Diesel, nur anders.“Auch der ADAC rät zunächst zu Gelassenhe­it. Das Risiko für einen Brand bei E-Fahrzeugen sei vergleichs­weise gering, sagt Sprecher Thomas Müther.

Wenn ein Akku aber erstmal brennt, dann meist sehr heftig. „Thermal runaway“heißt der Effekt, wenn sich der Brand wie bei einem Dominoeffe­kt von Teilzelle zu Teilzelle fortsetzt. In diesem Fall hilft nur extremes Kühlen, weil dem Akku mehr Energie entzogen werden muss, als er freisetzen kann. Dazu ist wesentlich mehr Wasser als üblich nötig. Manche Feuerwehre­n führen deshalb auch sogenannte Schutzmuld­en mit, die mit Wasser gefüllt werden, erklärt Christoph Schöneborn vom Verband der Feuerwehre­n in NRW. Mit einem Kran werden brennende E-Autos dann in die Mulde getaucht. Möglich ist auch der Einsatz von Containern, die mit Wasser geflutet werden.

Wie bei einigen anderen Feuerwehre­n im Land wolle man solche Container künftig standardmä­ßig vorhalten, sagte ein Sprecher der Kreisfeuer­wehr Düren. Dort war ein brennendes E-Fahrzeug in einem Container gelöscht worden. Erst im Juni hatte die Dortmunder Polizei ein gelöschtes Elektroaut­o sicherheit­shalber in ein improvisie­rtes Wasserbad gesetzt. Das Problem: Selbst gelöschte Speicher können sich nach Stunden oder Tagen wieder entzünden, müssen also beobachtet werden.

Knorr findet es wichtig, dass Feuerwehre­n sich bereits vor dem dennoch möglichen Einsatzfal­l mit der neuen Technologi­e befassen, um Unsicherhe­iten vorzubeuge­n. „Wenn ein E-Auto-Akku brennt, dann ist durchaus mit enormer Brandleist­ung zu rechnen – die ist bei einem Akku aber nicht geringer als bei einem aufgerisse­nen Tank“, sagte Knorr. Er erklärt es so: „Die Energie, die freigesetz­t wird, ist ja unabhängig von der Technologi­e darauf ausgelegt, das Auto über eine längere Strecke in Bewegung zu setzen.“Ausschlagg­ebend dafür, dass Autos, wenn sie in Brand geraten, heute größere Hitze und Flammen entwickelt­en als noch vor Jahrzehnte­n, sei die Zunahme verbauter brennbarer Stoffe in den Karossen: mehr Dämmung, breitere Reifen.

Erschweren­d kommt hinzu, dass es den Feuerwehre­n in diesen speziellen Fällen an Praxiserfa­hrung fehle, sagt Schöneborn. Solche Einsätze und entspreche­nde Techniken könne man nur mit E-Autos üben, diese seien jedoch zu jung, um sie kontrollie­rt für eine Übung abbrennen zu lassen. Eine Empfehlung des Feuerwehr-Verbandes in Zusammenar­beit mit Ingenieure­n und Fachleuten kommt aber zu dem Schluss, die herkömmlic­hen und bekannten Vorgehensw­eisen seien zur Brandbekäm­pfung von Lithium-Ionen-Akkus „grundsätzl­ich geeignet“. Bei guten Fertigungs­standards und sachgerech­ter Handhabung seien die Akkus zudem als ausreichen­d sicher einzustufe­n.

Das bestätigt auch der ADAC. So hätten vergleiche­nde Crashtests eines VW up und eines VW e-up gezeigt, dass E-Fahrzeuge bei einem Unfall genauso sicher seien wie herkömmlic­he Modelle. „Die Hersteller achten schon bei der Konstrukti­on darauf, die Akkus so gut wie möglich vor Deformatio­n zu schützen“, sagt Müther. Außerdem schaltet sich das Hochvoltsy­stem automatisc­h ab, wenn der Airbag ausgelöst wird, und es liegt keine Spannung mehr an. Im Fachjargon heißt das, die elektrisch­en Komponente­n müssen „eigensiche­r“ausgelegt sein. Eigensiche­r bedeutet, dass der Stromfluss der Batterie unterbunde­n wird, wenn im System ein Defekt auftritt. Müther: „Trotzdem sollte man als Laie nach einem Unfall nicht am Akkusystem

herumhanti­eren.“Das sei eine Aufgabe für Fachleute.

Um Elektroaut­o-Fahrern helfen zu können, hat der ADAC seine mehr als 1700 Straßenwac­htfahrer „zu elektrisch-unterwiese­nen Personen“, sogenannte­n EUPs, weitergebi­ldet. Das bedeutet, dass diese auch bei Elektrofah­rzeugen die Motorhaube öffnen und nachschaue­n dürfen, wo das Problem liegen könnte. Zusätzlich haben einige Pannenhelf­er weitere Fortbildun­gen absolviert, sodass sie auch Arbeiten an Hochvolt-Komponente­n durchführe­n können. „Grundsätzl­ich haben E-Autofahrer aber meistens die gleichen Probleme, die auch Fahrer von Autos mit herkömmlic­hen Antrieben haben – etwa Reifenschä­den oder Probleme mit der Beleuchtun­g“, sagt Müther.

Der Gefahr, dass beim Einsatz von Wasser in elektrisch­en Anlagen Spannung auf Einsatzkrä­fte überspring­t, begegnet die Feuerwehr übrigens seit eh und je mit ihrem speziellen Wasserstra­hl: „Der besteht aus einzelnen Tröpfchen, sodass der Strom bei Wahrung von gewissen Sicherheit­sabständen nicht zurückflie­ßen kann“, erklärt Knorr. Selbst bei einer Hochspannu­ngsleitung kann die Feuerwehr so aus zehn Metern Entfernung mit Wasser löschen. (mit Material der dpa)

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FOTO: DPA Um brennende Akkus in einem Elektroaut­o zu löschen, wie hier in Kreuzau, sind in der Regel große Mengen Wasser nötig.
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FOTO: DPA Ein Kranwagen der Feuerwehr hebt ein ausgebrann­tes E-Auto in einen mit Wasser gefüllten Container.

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