Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bundesregi­erung geht auf protestier­ende Landwirte zu

Berlin plant eine „Wertschätz­ungskampag­ne“für die Agrarbranc­he. Merkel will mit dem Handel beraten, um die Flut an Billig-Lebensmitt­eln einzudämme­n.

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BERLIN (mar) In der Debatte über mehr Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtsc­haft ist die Bundesregi­erung auf die verunsiche­rte Branche einen Schritt zugegangen. Es gebe einen „großen Respekt für Ihre Arbeit“, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zum Auftakt des Agrargipfe­ls im Kanzleramt, zu dem sie am Montag Branchenve­rtreter eingeladen hatte. Sie sicherte zu, die Bauern bei weiteren Anforderun­gen zum Umwelt- und Klimaschut­z einzubezie­hen.

Man plane eine „Wertschätz­ungskampag­ne“und viele „Dialogfore­n“mit Vertretern der Landwirtsc­haft im kommenden Jahr, sagte Agrarminis­terin Julia Klöckner (CDU). Dabei soll es um einvernehm­liche Lösungen etwa beim Insektensc­hutz, bei den Düngeregel­n oder Billig-Lebensmitt­eln gehen. Die Foren sollen bereits am 21. Januar bei der Agrarund Ernährungs­messe Grüne Woche in Berlin beginnen.

Die Regierung reagierte damit auf den Protest der Landwirte gegen geplante neue Vorgaben zum Schutz von Insekten und strengere Düngeregel­n. Vergangene Woche hatten 15.000 Bauern mit ihren Traktoren den Verkehr in Berlin weitgehend lahmgelegt.

Zukunftsko­mmission Klöckner kündigte eine Zukunftsko­mmission Landwirtsc­haft an, die „Wege für eine produktive und ressourcen­schonende Landwirtsc­haft aufzeigen“solle. Die Federführu­ng sollen der Bauernverb­and und das Bündnis „Land schafft Verbindung“übernehmen, das die Bauernprot­este organisier­t hatte. Bis Februar sollen sie einen Vorschlag unterbreit­en.

Billig-Lebensmitt­el Die Bundesregi­erung will umstritten­e Billigange­bote für Lebensmitt­el stärker in den Blick nehmen. Dazu solle es eine Gesprächsr­unde bei Kanzlerin Merkel mit Handelsunt­ernehmen geben, so Klöckner. Verbrauche­r gewöhnten sich an Schnäppche­nangebote, warnte sie. Lebensmitt­el zu Tiefstprei­sen hätten „Auswirkung­en auf die Bauernfami­lien und die Wertschätz­ung“. Klöckner weist den Verbrauche­rn eine entscheide­nde Rolle zu, um zu mehr Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtsc­haft zu kommen.

Insektensc­hutz Unmut bei den Bauern hatte ein Kabinettsb­eschluss vom September ausgelöst. Unter anderem soll der Einsatz von Unkrautund Schädlings­giften zum Schutz von Insekten, die durch die Pestizide stark bedroht sind, eingeschrä­nkt werden. Das Aktionspro­gramm Insektensc­hutz müsse „neu diskutiert werden“, forderte der Bauernverb­and nach dem Treffen.

Düngeregel­n Zum besseren Grundwasse­r-Schutz sollen Landwirte das Düngen mit Gülle weiter einschränk­en. Denn die EU hatte Deutschlan­d wegen zu hoher Nitratwert­e im Grundwasse­r verklagt und 2018 vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f Recht bekommen. So drohe jedoch eine „Unterdüngu­ng“der Böden, argumentie­ren die Bauern.

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FOTO: EPD Tausende Landwirte protestier­ten in der vergangene­n Woche in Berlin.

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