Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

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Er geht, aber nicht jetzt: Maltas Premier hat zwar in dem Skandal um den Mord an der Journalist­in Daphne Caruana Galizia seinen Rücktritt angekündig­t. Doch die Wut über das Versagen der Politik legt sich nicht.

- VON ANNETTE REUTHER UND BERTRAND BORG

(dpa) Die Familie der ermordeten Journalist­in Daphne Caruana Galizia hat rechtliche Schritte gegen Maltas Premiermin­ister Joseph Muscat eingeleite­t. Gegen ihn selbst müsse ermittelt werden, hieß es am Montag in einem bei Gericht eingereich­ten Schreiben. Die Angehörige­n der regierungs­kritischen Bloggerin fordern den sofortigen Rücktritt des Premiers, der aber bis Januar bleiben will. Sein weiterer Verbleib an der Macht sei für alle, denen Gerechtigk­eit am Herzen liege, nicht zu tolerieren. „Seine Rolle bei den Ermittlung­en zum Mord an unserer Frau und Mutter ist rechtswidr­ig“, erklärte die Familie.

Caruana Galizia war im Oktober 2017 von einer Autobombe getötet worden. Ein möglicher Drahtziehe­r – der Kontakte bis zum Stabschef des Premiers, Keith Schembri, gehabt haben soll – wurde am Wochenende angeklagt. Das Brisante: Schembri ist einer der engsten Vertrauten Muscats. Einige nennen ihn den wahren Chef in der Regierung.

Der angeklagte Unternehme­r Yorgen Fenech bezichtigt­e Schembri gar, hinter dem Mord zu stecken. Schließlic­h hatte Caruana Galizia auch über Schmiergel­der, die von Fenech an Schembri geflossen sein sollen, recherchie­rt. Und sie schrieb im Zuge der „Panama Papers“-Recherchen über Gelder in geheimen Offshore-Firmen. Schembri wurde letzte Woche festgenomm­en, ist aber wieder auf freiem Fuß.

Die Frage ist: Was wusste Muscat von den Verwicklun­gen? Der einstige Sonnyboy der Politik hatte nach tagelangen Protesten der Bevölkerun­g angekündig­t, als Chef der Labour-Partei zurückzutr­eten, wenn am 12. Januar ein Nachfolger gewählt werde. Danach wolle er auch als Premier abtreten. Doch Kritiker monierten: Wann genau, lasse er offen. In der Zeit an der Macht könnte Muscat noch wichtige Ermittlung­en verhindern, ist die Sorge.

Etwa fünf Wochen bis zur Wahl eines neuen Parteichef­s erscheine vielen Menschen nicht lange, twitterte Sohn Matthew Caruana Galizia. „Aber unter diesen außerorden­tlichen Umständen geben sie dem Premiermin­ister und seinen Spießgesel­len zu viel Zeit, um belastende Beweise zu verstecken.“

Die Vertuschun­g reiche vermutlich bis ins Büro des Premiers, sagte der Blogger Manuel Delia, der zu den Organisato­ren der Proteste gehört. „Die Mafia will entscheide­n, wer Maltas nächster Premiermin­ister

wird.“Muscat ist seit 2013 an der Macht und hat der Mittelmeer­insel einen Wirtschaft­sboom beschert.

Am Montag gab es wieder Proteste gegen die Regierung. Auch war eine Delegation von Europa-Parlamenta­riern unterwegs in das kleinste EU-Land. „Entweder Muscat entscheide­t sich, sofort zurückzutr­eten oder er erklärt, dass er alle Fragen, die den Kontakt zwischen Regierung und Justiz betreffen auf jemand anderen überträgt“, sagte der grüne Europa-Abgeordnet­e Sven Giegold. „Die Art der Einflussna­hme muss eingestell­t werden.“Die Probleme mit Rechtsstaa­tlichkeit und Korruption in Malta lägen tiefer. „Das ist mit ein paar Rücktritte­n nicht getan“, sagte Giegold.

Im Fokus wird nun vor allem die Rolle des Stabschefs stehen. „Der Schurke Schembri war heute vor Gericht und hat erklärt, er sei kein Schurke“, schrieb Caruana Galizia auf ihrem Blog am 16. Oktober 2017. Minuten später wurde sie mit ihrem Auto in die Luft gesprengt.

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FOTO: DPA DAemonstra­nten halten während eines Protestes Bilder der ermordeten Journalist­in Daphne Caruana Galizia und Schilder mit der Aufschrift „Mafia“.

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