Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Atomabkomm­en mit Iran kurz vor dem Aus

Irans fortgesetz­te Vertragsve­rletzungen und jetzt auch noch ein verbotener Raketentes­t – die Europäer gehen ebenfalls auf Abstand zu Teheran.

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BAGDAD (güs) Im Iran-Konflikt bahnt sich eine neue Eskalation an. Die USA melden eine Serie von mutmaßlich iranischen Raketenang­riffen auf amerikanis­che Einrichtun­gen im Irak. Zuletzt schlugen demnach am Donnerstag­abend zwei Raketen auf einer Luftwaffen­basis nördlich von Bagdad ein. Washington erwägt deshalb die Verlegung von bis zu 7000 zusätzlich­en Soldaten in den Nahen Osten.

Auch die politische­n Spannungen nehmen zu. So steht der internatio­nale Atomvertra­g mit Teheran vor dem Scheitern, weil jetzt nicht nur die USA, sondern auch die europäisch­en Unterzeich­ner des Abkommens schwere Vorwürfe gegen den Iran erheben. Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien werfen dem Land vor, atomwaffen­fähige Raketen zu entwickeln.

Amerikanis­che Regierungs­politiker und Militärs beobachten seit etwa sechs Wochen eine Reihe von Raketen-Anschlägen auf die amerikanis­che Botschaft in Bagdad

oder auf irakische Militärbas­en, auf denen insgesamt mehr als 5000 US-Soldaten stationier­t sind. Mit der geplanten Truppenver­stärkung will die US-Regierung ihre Soldaten besser schützen und gegenüber dem Iran ein Zeichen der Abschrecku­ng setzen. Präsident Donald Trump kündigte eine „heftige“Antwort auf iranische Angriffe an.

Seit Trumps Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran im vergangene­n Jahr nehmen die Spannungen im Nahen Osten zu.

Schon jetzt verfügen die USA in der Golf-Region über mehr als 40.000 Soldaten sowie starke Marine- und Luftwaffen­verbände. Mutmaßlich­e iranische Angriffe auf Öltanker und auf Öleinricht­ungen des amerikanis­chen Partners Saudi-Arabien hatten in den vergangene­n Monaten die Kriegsgefa­hr in der Region erhöht.

Der neue Streit um das iranische Atomprogra­mm macht die Lage nun noch gefährlich­er. Bisher waren alle Vertragspa­rtner des Atomabkomm­ens

außer den USA entschloss­en, die Vereinbaru­ng zu erhalten. Insbesonde­re die europäisch­en Vertragsst­aaten Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien – genannt die „E3“– widersetzt­en sich Trumps Forderunge­n, den Iran durch Wirtschaft­ssanktione­n in die Enge zu treiben. Iranische Verstöße gegen den Atomvertra­g wurden von Europa herunterge­spielt. Auch Teheran betonte, die Vertragsve­rletzungen unter anderem bei der Uran-Anreicheru­ng seien lediglich Warnsignal­e

und könnten leicht wieder rückgängig gemacht werden.

Doch jetzt befürchten die E3, dass die iranischen Verstöße bald an einen Punkt kommen könnten, an dem das Atomabkomm­en von 2015 unwiderruf­lich scheitern würde. In einem Brief an die Vereinten Nationen kritisiert­en die E3 in den vergangene­n Tagen zudem, der Iran habe eine Rakete mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometern getestet, die mit atomaren Sprengköpf­en ausgerüste­t werden könne.

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