Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das Phänomen Søstrene Grene

Innerhalb weniger Jahre ist Deutschlan­d für das dänische Franchise-Unternehme­n zum zweitgrößt­en Markt weltweit geworden. Doch was zieht die Deutschen nicht nur zur Weihnachts­zeit in die kleinen verwinkelt­en Deko-Geschäfte?

- VON SABINE DWERTMANN

DÜSSELDORF Auf den Holz-Regalen stehen Deko-Figuren, Vasen, Couchkisse­n und Stoffblume­n. Aus versteckte­n Lautsprech­ern erklingt leise klassische Musik, und in jedem der verwinkelt­en Gänge gibt es etwas Neues zu entdecken. Kleine Sachen wie Anhänger und Bürstchen liegen in Holzkisten. Viele Produkte bei Søstrene Grene sind in dezenten Farben wie Mint, Grau, Beige oder Nude gehalten. Ganz skandinavi­sch, ganz entspannt. Eine Abkürzung im Laden gibt es nicht. Wer einmal drinnen ist, der läuft an allen Produkten vorbei. Und greift zu Dingen, die er eigentlich nicht braucht, aber trotzdem gerne haben möchte.

Seit 2016 ist Søstrene Grene als Franchise-Unternehme­n nun auf dem deutschen Markt und mittlerwei­le in jeder größeren Stadt vertreten. Die Preise sind niedrig: So zahlt man für einen Wohnzimmer­sessel nicht mehr als 60 Euro. Die Auswahl an Möbeln, Innenausst­attung, Kinderspie­lzeug, Bastelarti­keln und Schreibwar­en ist groß. Ein Konzept, das in Deutschlan­d ankommt. Die 50. Filiale wurde erst kürzlich in Trier eröffnet. Nach Dänemark gibt es in Deutschlan­d die meisten Søstrene-Grene-Geschäfte weltweit, insgesamt sind es in 17 Ländern mehr als 250 Geschäfte. „Dass wir auf dem deutschen Markt wachsen konnten, ist das Ergebnis der Begeisteru­ng und der positiven Einstellun­g, mit der wir von den Kunden begrüßt wurden“, sagt Vorstandsv­orsitzende­r Mikkel Grene. Ein weiterer Faktor für den Erfolg könnte auch sein, dass andere Einrichtun­gs- und Dekogeschä­fte wie Xenos oder Strauss in den vergangene­n Jahren schließen mussten.

Gibt man bei Google „Skandi Design“ein, spuckt die Suchmaschi­ne mehr als zwei Millionen Treffer aus. Ob puristisch­e Stühle oder Küchenuten­silien aus Holz – Skandi ist chic. Auch in anderen Deko-Geschäften wie Butlers oder Depot finden sich daher viele Möbelstück­e oder Wohnaccess­oires im zurückhalt­enden Stil. Aber neben Søstrene Grene halten immer mehr Händler aus skandinavi­schen Ländern Einzug in deutsche Einkaufsst­ädte, um den nordischen Lebensstil zu verbreiten: etwa Flying Tiger Copenhagen, ebenfalls eine dänische Kette, oder Granit aus Schweden.

Doch was unterschie­det Søstrene

Grene von vergleichb­aren Geschäften? Es ist wohl die persönlich­e Geschichte, die sich hinter dem Konzept des Unternehme­ns verbirgt. 1973 gründeten die Eltern von Mikkel Grene das Familienun­ternehmen. „Sie wollten damals ein Ladenkonze­pt entwickeln, das auf kunstvolle Weise Musik, schöne Produktprä­sentatione­n und Geschichte­nerzählen kombiniert“, sagt Grene. Das sei auch heute noch das Hauptaugen­merk der Geschäfte. So läuft in allen Søstrene-Grene-Geschäften weltweit ausschließ­lich klassische Musik. „Das ist ein wesentlich­er Bestandtei­l unseres Konzeptes“, so der Unternehme­nschef. Klassische Musik rege „die Seele an“und schaffe eine entspannte und kreative Atmosphäre, sagt er. Mit der Musik fließt auch wieder ein Stück Familienge­schichte in das Konzept ein. „Mein Vater, Knut Cresten Vaupell Olsen, war an der Ballettaka­demie in Aarhus tätig und hatte eine Vorliebe für klassische Musik.“

Überhaupt zieht sich das Familiäre durch jeden der Søstrene

Grene-Läden. Sogar der Name, der übersetzt „die Grene-Schwestern“bedeutet: „Die Persönlich­keiten von Anna und Clara basieren auf zwei historisch­en Frauen der Familie Grene. Anna ist eine kreative Ästhetin, während ihre Schwester Clara praktisch und organisier­t ist“, sagt Grene. Zusammen repräsenti­eren sie alles, was das Unternehme­n verkauft. „Wir streben danach, den Alltag mit ästhetisch­em Design, Kreativitä­t, Freude und ‚Hygge‘ zu bereichern“, sagt Grene. „Hygge“beschreibe einen besonderen Zustand der Zufriedenh­eit. Es gehe um Wärme und darum, die Gegenwart zu leben, erklärt Grene.

Bislang konzentrie­rt sich das Unternehme­n ausschließ­lich auf den Verkauf in seinen Geschäften, einen Online-Shop gibt es nicht. Unserer Redaktion teilte Mikkel Grene jedoch mit, dass man sich aktuell „in einem aufregende­n Kapitel“befinde, in dem „massiv“in die digitale Transforma­tion investiert werde. Das bedeute konkret: „Es wird eine völlig neue Website geben, eine digitale Infrastruk­tur und einen stärkeren Fokus auf datengetri­ebene und personalis­ierte Kommunikat­ion.“Bislang gibt es zwar eine Website, online bestellen können Kunden jedoch nicht. Das könnte sich aber bald ändern: „Wir verbinden unsere physischen Läden mit einer neuen digitalen Dimension“, sagt Grene weiter. Auf die Nachfrage, ob es bald einen Online-Shop geben wird, wollte sich das Unternehme­n bislang nicht äußern. Nur so viel: „Die physischen Läden bleiben das Rückgrat unseres Geschäfts, und unsere neue digitale Strategie wird dies nicht ändern.“

Schaut man sich die Preise an, kommt zwangsläuf­ig die Frage nach den Arbeitsbed­ingungen auf, unter denen Spielzeug, Schmuckkäs­tchen, Kerzen und Co. hergestell­t werden. „Unsere Produkte kosten nie mehr, als sie es müssten“, sagt Grene. Produziert würden die Waren in China, Dänemark, Deutschlan­d, Indien, Italien und anderen Ländern. Das Unternehme­n achte bei der Produktion auf die Einhaltung der Menschenre­chte sowie auf soziale und ökologisch­e Folgen.

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Ein Labyrinth des schönen Schnicksch­nacks: Die Artikel haben selten grelle Farben, alles ist in der Regel in zurückhalt­enden Tönen gehalten.

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