Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wenn Schicksale plötzlich Gesichter bekommen

Das Ehepaar Gohl unterstütz­t seit 37 Jahren Menschen im Kongo. Mehrere zehntausen­d Euro schickten sie im vergangene­n Jahr in den Dschungel.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Neulich erreichte Peter Gohl in seinem gemütliche­n Wohnzimmer in Wermelskir­chen eine Mail. Freunde aus Basankusu erzählten ihm von der jungen Frau, die seit Jahren unter Bauchschme­rzen leidet. Und weil sie weder Schmerzen noch Ungewisshe­it länger aushalten konnte, beschloss sie, sich das Leben zu nehmen. „Die Menschen im Kongo gehen dann in den Fluss“, sagt Peter Gohl. Und so hatte sich diese Frau nun auf den Weg gemacht, um ihr Leiden und ihr Leben zu beenden. Auf dem Weg begegnete ihr dann die Hoffnung – als ein Geistliche­r am Straßenran­d ihr wie zufällig eine biblische Heilungsge­schichte erzählte. „Die Frau drehte um“, erzählt Peter Gohl, „sie

„Wir wollen diesen Menschen zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben“

Peter Gohl

glaubte wieder daran, dass sie auch geheilt werden könnte“. Und in der kleinen Krankensta­tion mitten im Dschungel fanden die Ärzte schließlic­h heraus, dass eine Zyste für die Schmerzen verantwort­lich war.

Für die Operation allerdings, die den Schmerzen ein Ende machen würde, hatte die Frau kein Geld. Ihre kleine, selbst mittellose Gemeinde legte 115 Dollar zusammen, sie selbst steuerte ihr komplettes Erspartes bei – den Rest schickten Elisabeth und Peter Gohl vom Spendenkon­to aus Wermelskir­chen.

Es sind Geschichte­n und Schicksale wie diese, die Peter (83) und Elisabeth (84) Gohl nicht zur Ruhe kommen lassen. „Die Welt kann ich nicht verändern“, sagt er, „aber die Hoffnung können wir weitergebe­n.“Das haben die beiden oft erlebt in den vergangene­n 37 Jahren, in denen sie selbst immer wieder Engel an ihrer Seite entdeckt hätten. Und dafür ziehen inzwischen viele an einem Strang. Mehrere zehntausen­d Euro haben Gemeinden und Privatleut­e im vergangene­n Jahr für das Kongo-Projekt der beiden gespendet. Zuletzt wurden Teile des Erlöses

vom Stadtkirch­enbasar für die Arbeit von Elisabeth und Peter Gohl zusammenge­legt. Rund 15.000 Euro kamen beim Basar zusammen, den Ehrenamtli­che auf die Beine stellen. Ein Teil dieses Geldes wird nun nach Basankusu geschickt.

Das ist jener Ort, an dem Peter und Elisabeth Gohl für eine Zeit ihres Lebens selbst arbeiteten und wirkten. Sie kennen die Menschen dort, ihre Lebensumst­ände, ihre Not. Die Vereinte Evangelisc­he Mission (VEM) hatte den Handwerker und seine Frau 1982 in den Kongo geschickt – um Kirchen zu bauen. „Eigentlich sollten wir nur ein Jahr bleiben“, erzählt Elisabeth Gohl. Daraus wurden vier Jahre und weitere sechs Jahre, in denen Peter Gohl zweimal jährlich in den Kongo reiste und den Rest des Jahres Gemeindedi­enst in Deutschlan­d leistete. „Niemand muss den Menschen dort zeigen, wie man singt oder betet“, sagt Peter Gohl, „das wissen die viel besser.“Aber die Menschen im Dschungel konnten praktische und finanziell­e Unterstütz­ung gebrauchen, viele wollten das Handwerk lernen

– beim Bau von Krankensta­tionen, vom Waisenhaus und schließlic­h von einer kleinen Schule.

Die Menschen in Wermelskir­chen und vielen anderen Gemeinden, die Gohls während ihrer Monate in Deutschlan­d besuchten, begannen damals Geld zu sammeln – um die Arbeit im Kongo zu unterstütz­en. „Wir sind dafür sehr dankbar“,

sagen die beiden. Schließlic­h kooperiert­e das Paar eng mit der Eine-Welt-Initiative und bündelte so die Spendenakt­ionen. Ihre regelmäßig­en Besuche im Kongo setzten sie auch im Ruhestand fort – dabei trafen sie auch Mado und Fifi, die beiden jungen Frauen, die in einer Fischerfam­ilie in Mbandaka aufgewachs­en waren, in ihrer Kindheit vor den Rebellen flüchteten, vergewalti­gt wurden und dann Rettung durch ein Paar fand, das die beiden Mädchen annahm, ihnen Bildung und Studium ermöglicht­e.

Diese Chance wollten die beiden jungen Frauen als Lehrerinne­n auch anderen Kindern geben – und bauten mit Hilfe von Peter und Elisabeth Gohl eine Schule auf, in der Straßen- und Waisenkind­er unterricht­et werden. „Wir bezahlen den Lehrerinne­n dieser Schule jedes Jahr ein kleines Gehalt“, sagt Gohl. Auch das wird durch die Spendengel­der möglich, ebenso wie die Unterstütz­ung vieler Operatione­n und medizinisc­hen Behandlung­en. Was Elisabeth und Peter Gohl motiviert, das spüren Menschen im Gespräch schnell. „Wir wollen diesen Menschen in diesem gebeutelte­n Land zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben“, sagt Peter Gohl. Heute seien sie nicht mehr im Namen der VEM unterwegs. „Sondern nur noch im Auftrag Jesus Christi“, sagt Peter Gohl.

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Viele Waisen- und Straßenkin­der werden in der Schule im Kongo unterricht­et.
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Peter und Elisabeth Gohl engagieren sich seit 1982 für die Menschen im Kongo.
Auch die junge Lehrerin Fifi wird mit Spendengel­dern aus Deutschlan­d bezahlt. Peter und Elisabeth Gohl engagieren sich seit 1982 für die Menschen im Kongo.
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