Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mein Nachbar, das Outlet-Center

Wie beeinfluss­t ein DOC die Stadtentwi­cklung, den Handel und den Tourismus in einer Stadt? Ein Besuch im Münsterlan­d.

- VON HENNING RÖSER

OCHTRUP Knapp 160 Kilometer oder gut 100 Autominute­n entfernt von Remscheid liegt mitten im Dreiländer­eck Westfalen, Niedersach­sen und Niederland­e das Designer Outlet Center (DOC) Ochtrup. Es existiert bereits seit 2004, viel Schwung nahm das Projekt 2016 noch mal mit dem Einstieg von Investor McArthurGl­en auf. Die Besucherza­hlen und Umsatz steigen. 450 Meter vom Center-Eingang entfernt beginnt die Innenstadt der 20.000-Einwohner-Stadt. Wie beeinfluss­t das Center den Handel vor Ort? Wie ist die Zusammenar­beit? Welchen Effekt hat ein solches Center auf die Stadtentwi­cklung? Wie stellt sich die Verkehrssi­tuation dar? Und: Kann Lennep Lehren aus diesem Prozess ziehen?

Handel Der Ochtruper Handel habe die Ansiedlung früh mehrheitli­ch begrüßt, sagt Thomas Hübler, seit vielen Jahren Vorsitzend­er der Veranstalt­ungsund Werbegemei­nschaft Ochtrup (VWO). „Wir sahen die Möglichkei­t, dass Besucher kommen, die auch in die Innenstadt gehen.“Das habe sich bewahrheit­et. In Gebäude rund um den Marktplatz wurde investiert. Wichtig sei für den Erfolg, dass die Stadt den Besuchern Angebote mache. „Wir müssen sehen, dass wir unsere Kronjuwele­n polieren“, rät er auch den Lennepern, ihre Stärken herauszust­ellen. An Stelen mit Audioguide­s wird die Stadtgesch­ichte erklärt. Ein Infoleitsy­stem führt den Ortsfremde­n durch die Stadt. Es wird bald ausgebaut, weil immer mehr Touristen auch mit dem Fahrrad kommen. Im Bereich der Bundesstra­ße, die zum DOC führt, ist Außengastr­onomie entstanden. „Damit die Gäste sehen: Hier kann man auch sein Eis oder eine Pizza essen.“Er bemerkt mehr und mehr „Wiederholu­ngstäter“, die, angelockt vom DOC, wiederkomm­en, um die Region zu erkunden. „Sie müssen versuchen, die Besucher an den Haken zu bekommen“rät er den Lennepern. Der Ochtruper selber kaufe generell eher nicht im Outlet. „Wir haben weiterhin den Auftrag zur Nahversorg­ung“, sagt Hübler.

Zusammenar­beit Als „sehr gut“lobt Hübler die Kooperatio­n. Wichtig sei es, gemeinsame Anlässe wie Feste oder offene Sonntage zu schaffen und dabei ein einheitlic­hes Erscheinun­gsbild abzugeben. „Die Initiative kommt mal von uns, mal vom Handel oder der Stadt“, sagt Center-Manager Armin Wienker, der auch Mitglied in der VWO ist.

Verkehr Die meisten Kunden kommen mit dem Auto über die A 31 und die B 54, sagt Wienker. McArthurGl­en hat in der Stadt selber unter anderem den Bau von zwei Kreisverke­hren finanziert, die den zusätzlich­en Verkehr besser fließen lassen. Das sei bitter nötig gewesen, sagt der Taxifahrer, der uns am

Abend zum Bahnhof fährt. Die Zugverbind­ung nach Münster oder ins nahe Enschede ist über die Euregiobah­n (fährt stündlich) gut. Sie werde zunehmend genutzt. „Die Holländer fahren gerne mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln“, sagt Wienker.

Tourismus Obwohl die Nachbarsta­dt Gronau gegen die Outlet-Pläne klagte, zeitgleich ein eigenes Projekt plante und es auch gegen die bereits genehmigte nächste Ausbaustuf­e wieder Klagen gibt, kooperiere­n die Kommunen im Münsterlan­d mittlerwei­le beim Tourismus. Fahrradrou­ten werden gemeinsam entwickelt, Pakete mit Übernachtu­ngen werden unter dem Motto „Ein Tag im Münsterlan­d“geschnürt. Vom Center-Kuchen wollen alle profitiere­n. „Bevor das DOC da war, hatten wir nicht mal ein Hotel“, sagt Wienker. Davon profitiert auch die Gastronomi­e. „Das Thema Tourismus wird oft unterschät­zt“, sagt Bürgermeis­ter Kai Hutzenlaub (SPD). Das Center habe Ochtrup „auf die Landkarte“gesetzt, ergänzt Henning Balzer, Entwicklun­gsdirektor von McArthurGl­en. „Wir machen Standort-Marketing.“

Arbeitsplä­tze Zweimal im Jahr gibt es Jobmessen im Center, um die Nachfrage für das Outlet zu decken, sagt Wienker. Teilweise kämen die Mitarbeite­r aus Holland. In Neumünster habe das DOC die Arbeitslos­igkeit im Einzelhand­el deutlich gesenkt, berichtet Balzer.

Stadtentwi­cklung „Die gesamte Innenstadt wird umgebaut“, sagt Bürgermeis­ter Kai Hutzenlaub, der auch dabei ist, das Stadtmarke­ting zu profession­alisieren. Die Haupteinka­ufsstraße bekommt ein neues Pflaster, eine neue Beleuchtun­g. Es gibt Überlegung­en, auch das Rathaus mit einem Neubau in diesen Bereich zu holen. „Wir müssen die Voraussetz­ungen schaffen, damit das DOC in die Stadt strahlen kann.“Den Lennepern rät er, sich früh genug für diesen Prozess aufzustell­en. In Ochtrup seien einige Jahre verschenkt worden, sagt Wienker. „Sie werden den Druck spüren, wenn der Kunde erst einmal in der Stadt steht.“

Parallelen?

Gibt es. Auch gegen das Center in Ochtrup wurde und wird (wegen der geplanten Ausbaustuf­e) von Nachbarn geklagt. Zum Teil mit dem gleichen Argument, dass eine solche Ansiedlung in eine größere Stadt gehöre. Auch Ochtrup hat eine Tradition im Bereich Textilien (am Center-Standort arbeiteten früher bis zu 4000 Menschen in einer Textilfabr­ik). Das denkmalges­chützte Verwaltung­sgebäude wurde erhalten und integriert. In Lennep soll das mit der alten Feuerwache geschehen.

Vorteil Lennep Die Nachbarsch­aft des geplanten Outlet-Centers zur Altstadt werten alle Gesprächsp­artner als Glücksfall. Das erhöhe die Chance auf Synergie-Effekte.

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FOTOS: RÖSER Passend zur Saison ist das Shopping-Dorf derzeit in den Abendstund­en weihnachtl­ich illuminier­t.
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Henning Balzer, Develpomen­t Director bei McArthurGl­en, und der Ochtruper Center-Manager Achim Wienker.

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