Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Polizei greift in NRW härter durch
Das neue Polizeigesetz hat sich aus Sicht der Sicherheitsbehörden bewährt. Die Grünen lehnen es weiterhin ab.
DÜSSELDORF Die NRW-Polizei hat in diesem Jahr 44 Schleierfahndungen angeordnet. Das auch „Strategische Fahndung“genannte Instrument ermöglicht neuerdings die Kontrolle von Personen, Taschen und Kfz-Kofferräumen – auch, wenn kein konkreter Verdacht vorliegt.
Möglich ist das verschärfte Vorgehen, seit CDU, FDP und die oppositionelle SPD vor einem Jahr ein neues Polizeigesetz durch den Landtag gebracht haben. Es ist das bislang umstrittenste Gesetz der schwarz-gelben Landesregierung.
Die Strategische Fahndung, die aus niederschwelligen Anlässen wie zum Beispiel einer Häufung von Einbrüchen in einer bestimmten Gegend durchgeführt werden darf, setzte die Polizei in NRW unter anderem gegen die Planenschlitzer-Banden ein. Diese haben sich auf Diebstähle aus parkenden Lkw spezialisiert. Auch gegen Rocker im Umfeld szenetypischer Großveranstaltungen kam die Fahndungsmethode zum Einsatz.
Auch von den anderen zusätzlichen Befugnissen machte die Polizei in NRW schon umfänglich Gebrauch. So wurde die neue Möglichkeit,
auch noch nicht verurteilte Gefährder 14 Tage statt wie bislang maximal 48 Stunden festzusetzen, 29 Mal angewendet. „In sieben Fällen davon dienten die Ingewahrsamnahmen der Verhinderung unmittelbar bevorstehender Verbrechen“, so das NRW-Innenministerium. Drei Fälle hatten demnach einen terroristischen Hintergrund.
Die erweiterten Möglichkeiten der Telefonüberwachung, die jetzt auch das Mitlesen von Whatsapp-Nachrichten einschließen, wurden 62 Mal eingesetzt und richteten sich im Wesentlichen gegen terroristische Bedrohungen. Die „elektronische Fußfessel“
wurde auf der Grundlage des neuen Polizeigesetzes drei Mal angeordnet, in zwei Fällen davon zur Verhinderung einer terroristischen Straftat.
„Das neue Polizeigesetz zeigt deutliche Wirkung“, sagte der Landeschef der Polizeigewerkschaft GdP, Michael Mertens, unserer Redaktion. So habe sich die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams bei unbelehrbaren Ehemännern nach Fällen häuslichen Gewalt bewährt.
Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, gehört zu den Kritikern des Gesetzes:
„Herr Reul hat im vergangenen Jahr ein Bedrohungsszenario gezeichnet, das ihm einzig als Argumentation für tiefgehende Einschnitte in die Freiheitsrechte gedient hat.“Nun zeige sich aber, dass die Mehrzahl der Maßnahmen aus dem neuen Polizeigesetz gar nicht wegen Terrorismusgefahr angewandt worden seien.
„Wir Grüne haben weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere bei der Ausweitung des Polizeigewahrsams, denn hier werden Personen für bis zu sieben Tage eingesperrt, obwohl sie keine Straftat begangen haben“, so Schäffer.