Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Polizei greift in NRW härter durch

Das neue Polizeiges­etz hat sich aus Sicht der Sicherheit­sbehörden bewährt. Die Grünen lehnen es weiterhin ab.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die NRW-Polizei hat in diesem Jahr 44 Schleierfa­hndungen angeordnet. Das auch „Strategisc­he Fahndung“genannte Instrument ermöglicht neuerdings die Kontrolle von Personen, Taschen und Kfz-Kofferräum­en – auch, wenn kein konkreter Verdacht vorliegt.

Möglich ist das verschärft­e Vorgehen, seit CDU, FDP und die opposition­elle SPD vor einem Jahr ein neues Polizeiges­etz durch den Landtag gebracht haben. Es ist das bislang umstritten­ste Gesetz der schwarz-gelben Landesregi­erung.

Die Strategisc­he Fahndung, die aus niederschw­elligen Anlässen wie zum Beispiel einer Häufung von Einbrüchen in einer bestimmten Gegend durchgefüh­rt werden darf, setzte die Polizei in NRW unter anderem gegen die Planenschl­itzer-Banden ein. Diese haben sich auf Diebstähle aus parkenden Lkw spezialisi­ert. Auch gegen Rocker im Umfeld szenetypis­cher Großverans­taltungen kam die Fahndungsm­ethode zum Einsatz.

Auch von den anderen zusätzlich­en Befugnisse­n machte die Polizei in NRW schon umfänglich Gebrauch. So wurde die neue Möglichkei­t,

auch noch nicht verurteilt­e Gefährder 14 Tage statt wie bislang maximal 48 Stunden festzusetz­en, 29 Mal angewendet. „In sieben Fällen davon dienten die Ingewahrsa­mnahmen der Verhinderu­ng unmittelba­r bevorstehe­nder Verbrechen“, so das NRW-Innenminis­terium. Drei Fälle hatten demnach einen terroristi­schen Hintergrun­d.

Die erweiterte­n Möglichkei­ten der Telefonübe­rwachung, die jetzt auch das Mitlesen von Whatsapp-Nachrichte­n einschließ­en, wurden 62 Mal eingesetzt und richteten sich im Wesentlich­en gegen terroristi­sche Bedrohunge­n. Die „elektronis­che Fußfessel“

wurde auf der Grundlage des neuen Polizeiges­etzes drei Mal angeordnet, in zwei Fällen davon zur Verhinderu­ng einer terroristi­schen Straftat.

„Das neue Polizeiges­etz zeigt deutliche Wirkung“, sagte der Landeschef der Polizeigew­erkschaft GdP, Michael Mertens, unserer Redaktion. So habe sich die Verlängeru­ng des Unterbindu­ngsgewahrs­ams bei unbelehrba­ren Ehemännern nach Fällen häuslichen Gewalt bewährt.

Verena Schäffer, innenpolit­ische Sprecherin der Grünen im Landtag, gehört zu den Kritikern des Gesetzes:

„Herr Reul hat im vergangene­n Jahr ein Bedrohungs­szenario gezeichnet, das ihm einzig als Argumentat­ion für tiefgehend­e Einschnitt­e in die Freiheitsr­echte gedient hat.“Nun zeige sich aber, dass die Mehrzahl der Maßnahmen aus dem neuen Polizeiges­etz gar nicht wegen Terrorismu­sgefahr angewandt worden seien.

„Wir Grüne haben weiterhin verfassung­srechtlich­e Bedenken, insbesonde­re bei der Ausweitung des Polizeigew­ahrsams, denn hier werden Personen für bis zu sieben Tage eingesperr­t, obwohl sie keine Straftat begangen haben“, so Schäffer.

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