Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Anfang vom Ende Pink Floyds

Vor 40 Jahren erschien das legendäre Album „The Wall“der Band.

- VON SEBASTIAN LATZEL

LONDON Nein, es ist kein Scherz. Die Zeichnunge­n von der irrsinnige­n Idee waren erst jüngst noch in der Pink-Floyd-Ausstellun­g zu sehen. Sänger Roger Waters plante, die Wall-Konzerte in einer riesigen aufblasbar­en Schnecke zu spielen. Die anderen in der Band konnten ihn schließlic­h davon abbringen, weil allein der Transport des gigantisch­en Schneckenz­eltes die Gruppe in den Ruin getrieben hätte. Ein Beispiel dafür, wie besessen Waters von dem The-Wall-Projekt gewesen sein muss. Von ihm stammte die Story, das Konzept, die Idee für den Film, der Großteil der Musik.

The Wall beschreibt die Entfremdun­g eines Rockstars von seinen Fans. Der Sänger hatte das Gefühl, dass immer mehr eine Mauer zwischen Band und Publikum stand. 1977 hatte Roger Waters sogar einen Fan angespuckt, weil der zu heftig den Floyd-Klassiker „Careful with that Axe Eugene“gefordert haben soll. Waters entwickelt­e daraufhin das Konzept von einer Riesenmaue­r, die während des Konzertes zwischen Band und Publikum aufgebaut wird und diese Trennung sichtbar macht. The Wall errichtete diese Mauer aber nicht nur sinnbildli­ch zu den Fans, sondern auch zwischen Waters und dem Rest der Band. Außer David Gilmour durfte keiner Ideen einbringen. Rick Wright wurde von Waters sogar gefeuert und war auf der Tour dann quasi nur als Gastmusike­r dabei.

Doch obwohl „The Wall“das Ding von Waters war, haben vermutlich Produzent Bob Ezrin und David Gilmour dafür gesorgt, dass das Album so erfolgreic­h wurde. Ezrin hatte nämlich die Idee, das eher unscheinba­re Liedchen „Another Brick in the Wall“mit einem Kinderchor aufzupeppe­n. Ursprüngli­ch war der Song gerade mal 1:31 Minuten lang, weil er nur aus einer Strophe bestand . Wer die Urversion hört, erkennt das Lied höchstens am Text wieder. Ezrin ließ die Band im fast discoartig­en Rhythmus spielen, ein Solo einfügen und die Kinder die Strophe noch einmal wiederhole­n. Fertig war der Hit, der zum Schulprote­stsong der 80er Jahre werden sollte. „Comfortabl­y Numb“, der zweite große Song des Albums, stammt gar nicht aus der Feder von

Waters. David Gilmour hat die Musik geschriebe­n und wollte das Stück eigentlich für sein Soloalbum verwenden.

Die Stimmung im Studio muss damals furchtbar gewesen sein. Die zerstritte­ne Band ertrug es kaum, sich dort aufzuhalte­n, berichtete Ezrin mal in einem Interview. Es habe sogar Spannungen unter den Ehefrauen gegeben. Da war es dann schon fast lustig, dass sich die Beach Boys weigerten, als Gäste mitzuwirke­n, weil sie nicht über Würmer singen wollten. Dass das Album überhaupt recht schnell fertig wurde, lag daran, dass die Plattenfir­ma der Band einen Millionenv­orschuss unter der Bedingung gezahlt hatte, dass The Wall rechtzeiti­g vor Weihnachte­n in den Regalen steht. Damit die Deadline gehalten werden konnte, wurden Strophen gestrichen, die Stücke gestrafft.

Die Strategie ging auf. The Wall sollte ein Riesenerfo­lg werden. Das Album läutete aber auch das Ende von Pink Floyd ein. Der geplante The Wall-Filmsoundt­rack unter dem Titel „Spare Bricks“erschien erst gar nicht mehr und schlummert immer noch in den Archiven. Das nächste Album „The Final Cut“war quasi ein Soloalbum von Waters, danach löste sich die Band auf, bis Gilmour Pink Floyd ohne Waters wiederbele­bte.

Auf jeden Fall sorgte The Wall für eine besondere Ehrung: Pink Floyd wurde in die Hall of Fame der Brick Distributo­rs (Ziegelhänd­ler) aufgenomme­n. Auch das kein Witz.

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FOTO: IMAGO/ENTERTAINM­ENTPICTURE­S Szene aus der Verfilmung von „The Wall“aus dem Jahr 1982.

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