Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Entlastung von Kassenpatienten fällt aus
Barmer, Techniker, DAK, AOK – die meisten Kassen halten den Zusatzbeitrag stabil. Für 2021 wird eine Erhöhungswelle erwartet, denn Jens Spahns Reformen kosten. Die Kassen müssen auch die Entlastung der Betriebsrentner zahlen.
DÜSSELDORF Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte Großes versprochen: Die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen müssten sinken, forderte er 2018. Nicht zuletzt, weil der lange Boom die Beitragseinnahmen sprudeln ließen. Tatsächlich führte Spahn zur Freude der Arbeitnehmer die paritätische Finanzierung wieder ein: Seit Januar 2019 zahlen die Arbeitgeber auch die Hälfte des Zusatzbeitrags. Doch jenseits der Umverteilung geschah nichts, wie eine Umfrage unter den Kassen zeigt. Die meisten halten für 2020 den Beitrag stabil. Damit bleibt es auch bei der Spannbreite von 0,3 bis 1,5 Prozent, der insgesamt als Zusatzbeitrag vom Bruttoeinkommen zu zahlen ist.
Die DAK (5,7 Millionen Versicherte) hat sich am Donnerstag festgelegt und hält an 1,5 Prozent fest. „Unser Verwaltungsrat hat den Haushalt der DAK-Gesundheit beschlossen. Darin ist auch ein stabiler Beitragssatz für das gesamte Jahr 2020 vorgesehen“, so der DAK-Sprecher. Damit zählt die DAK weiter zu den Kassen mit dem höchsten Zusatzbeitrag, wie die Übersicht des Portals krankenkassen.de zeigt. Unverändert bleibt auch der Beitrag der Barmer (9,1 Millionen Versicherte). „Wir planen, mit einem stabilen Beitragssatz ins neue Jahr zu gehen. Somit stünde beim Zusatzbeitrag zum fünften Mal nacheinander die 1,1-Prozent-Marke.“Endgültig entscheide der Verwaltungsrat am 18. Dezember. Mit dem allgemeinen Beitrag ergibt sich daraus ein Gesamtbeitrag von 15,7 Prozent. Damit liegt die Barmer im Schnitt: Laut Ministerium wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag aller Kassen 2020 auf 1,1 Prozent steigen, aktuell sind es 0,9 Prozent.
Bei der Techniker Kasse (TK) will der Verwaltungsrat am 20. Dezember entscheiden. „Derzeit liegt unser Zusatzbeitrag bei 0,7 Prozent und damit unter dem gesetzlichen Durchschnitt. Für das Jahr 2020 wird der Zusatzbeitrag der TK vor dem Hintergrund des gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagenabbaus auf keinen Fall steigen“, erklärt die Kasse.
Neben den bundesweit tätigen Ersatzkassen buhlen auch die regionalen AOKen um die Gunst der Versicherten. Die AOK Rheinland/ Hamburg will den Beitrag konstant halten. „Insgesamt soll es nicht teurer werden. Das heißt, höher als 0,9 Prozent wird der Zusatzbeitrag voraussichtlich nicht sein“, hatte Günter Wältermann, Chef der AOK Rheinland/Hamburg, im Herbst erklärt. Am 15. Dezember tagt der Verwaltungsrat. Die günstigste AOK ist die in Sachsen-Anhalt mit 0,3 Prozent. „Die unterschiedlichen Zusatzbeiträge resultieren aus regionalen Besonderheiten“, so Wältermann. „Im Bereich der AOK Rheinland/Hamburg liegen sechs Unikliniken, zudem haben wir in den städtischen Ballungszentren viele chronisch Kranke.“
Branchenexperten gehen davon aus, dass viele Kassen 2021 die Beiträge erhöhen müssen. In der Branche heißt es, Barmer und DAK ständen eher schwach da und versuchten, 2020 mit stabilem Beitrag zu überstehen, um 2021 in der allgemein erwarteten Erhöhungswelle nicht aufzufallen. „Über ein Jahr im Voraus kann niemand seriös die Entwicklung der Beiträge einzelner Kassen voraussehen“, erklärte die Barmer. Die Barmer sei eine starke Gemeinschaft mit Rücklagen von über 1,3 Milliarden Euro und sehr solide aufgestellt. „Von einer schwierigen Situation der DAK-Gesundheit kann keine Rede sein“, heißt es auch bei der DAK. Durch eine Reorganisation habe man sich neu aufgestellt, „wir sind in der Lage, auch auf kurzfristige Herausforderungen schnell zu reagieren“.
Allen Kassen machen die vielen Gesetze zu schaffen, die Spahn zu ihren Lasten auf den Weg gebracht. Am Donnerstag beschloss das Bundeskabinett die Entlastung der Betriebsrentner. Demnach wird ein Freibetrag von 159,25 Euro eingeführt, erst ab diesem Betrag werden künftig Krankenkassen-Beiträge auf die Betriebsrente fällig.