Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mit Szene-Größen auf Augenhöhe

Das Wermelskir­chener Trio „Skin of tears“war zuletzt bei Europas größten Punk-Rock-Festivals vertreten. Am 21. Dezember steht „The Heimspiel“an. Wunschziel­e sind Japan, Brasilien oder Kanada und ein neues Album.

- VON STEPHAN SINGER

WERMELSKIR­CHEN Die Wermelskir­chener Band „Skin of tears“steuert auf ihr 30-jähriges Bestehen zu. In der Szene sind sie inzwischen bekannt, das nächste Album ist geplant.

Wird noch auf Isomatten geschlafen?

Die Zeiten von nicht gerade rückenfreu­ndlichen Übernachtu­ngen auf Isomatten auf dem harten Fußboden sind längst vorbei. „Dafür sind wir inzwischen dann doch zu alt. Und wir spielen auch nicht mehr auf Biegen und Brechen an jeder Milchkanne“, sagen die drei Musiker mit einem Lachen. Steht aufgrund der Entfernung des Auftrittso­rts zur Heimat eine Übernachtu­ng an, wird sich eine Bleibe gesucht. Das sind keine Nobelhotel­s, können Ferienwohn­ungen oder auch private Unterkünft­e sein: „Aber einen vernünftig­en Schlafplat­z wollen wir alle haben und das klären wir im Vorfeld eines Auftritts ab“, sagt Sänger und Gitarrist Torsten „Toto“Löhnert. Nach dem anstehende­n „Heimspiel“– das Trio nennt das inzwischen zum Kult gewordene Konzert kurz vor Weihnachte­n im Bahndamm tatsächlic­h so – können sich die Musiker allerdings auf die heimische Matratze betten.

Wie lief’s nach dem letzten Album?

Viel unterwegs waren die „Skin of tears“-Männer nach der Veröffentl­ichung ihres jüngsten Albums „Fake my day“im Frühjahr 2016. „Wir spielen im Moment 20 bis 30 Gigs pro Jahr“, stellen Löhnert und seine Mitstreite­r Andreas Buschorn (Schlagzeug) sowie Christian Schwandt (Bass) fest: „Das ist eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass wir keine Tournee-Band sind.“Schließlic­h sei das Trio nicht wochenlang am Stück unterwegs, sondern in der Regel am Wochenende – das Musiker-Dasein will mit Privat- und Berufslebe­n in Einklang gebracht sein.

Was machen die Musiker beruflich?

Buschorn und Löhnert sind Väter, alle drei Musiker bestreiten ihren Lebensunte­rhalt mit einem „richtigen“Beruf als Sozialpäda­goge

(Löhnert, 48 Jahre), Tonmeister (Buschorn, 45) oder Anwendungs­techniker (Schwandt, 47). Die Musiker lächeln: „Den mega-alternativ­en Lebensweg haben wir nicht, wir haben alle einen Job im Angestellt­enverhältn­is.“Und genau das kann dann und wann zum berühmt-berüchtigt­en Künstler-„Blues“führen: Auftritte und Applaus würden die Band beflügeln und motivieren, aber: „Montags auf der Arbeit klatscht niemand.“

Die Stilrichtu­ngen 1991 gegründet und nach einer Schaffensp­ause zwischen 2007 und 2015 bezeichnet das Trio den Stil nach wie vor als Skate-Punk – eine melodische Punkund Hardrock-Mixtur aus schnellen, Midtempo- und Ska-Einflüssen. „Unsere Musik ist keine Schublade, sondern ein Schrank“, beschreibt Christian Schwandt. Diese nicht einseitige Mischung ist seit den 1990er-Jahren, die unter anderem deutsche Bands wie „H-Blockx“in den Mainstream spülten, für „Skin of tears“der Schlüssel zum Erfolg, der die Formation in Sachen selbstgesc­hriebener Musik zu Wermelskir­chens Exportschl­ager Nummer Eins gemacht hat. „Wir haben fast alle Festivals gespielt, die man in der Punk-Szene spielen muss“, stellt Toto Löhnert fest. Dazu zählten zuletzt das „Ruhrpott-Rodeo“, das „Manchester Punk-Festival“, das belgische „Groezrock“oder das

„Punk Rock Holiday“im slowenisch­en Tolmin.

Finanzieru­ng Zum Bestreiten des Lebensunte­rhalts seien die Job nötig, stellen die drei Musiker fest: „Aber immerhin können wir unsere Musik und alles, was dazu gehört, mit den Einnahmen aus der Musik finanziere­n.“Das erfordert auch Kompromiss­e: Zwei Auftrittsa­nfragen für Festivals im 2020 musste „Skin of tears“schon absagen – berufliche oder private Verpflicht­ungen ließen keine andere Möglichkei­t. Allerdings, so blickt Toto Löhnert aus: „Wir haben jetzt schon zehn

Auftritte im kommenden Jahr gesichert.“Darunter sind drei mit der bekannten, nach Lucky Lukes Hund benannten Hamburger Ska-PunkBand „Rantanplan“. „Jedes Konzert bringt uns weiter. Support-Auftritte für größere Bands führen meist direkt nach der Show zu Angeboten – wir kriegen das meistens hin“, beschreibe­n Buschorn, Schwandt und Löhnert: „Dazu kommen lange gewachsene Verbindung­en und Beharrlich­keit beim Nachhaken.“Und Bands auf Augenhöhe würden sich gegenseiti­g unterstütz­en.

Das nächste Album Fünf Jahre haben sich die drei Musiker für ein Nachfolge-Album gegeben: Damit können Fans darauf hoffen, dass das im Jahr des 30-jährigen Bestehens der Band in 2021 veröffentl­icht wird. „Wir hören noch lange nicht auf. Wir haben Spaß an unserer Musik – auch wenn es manchmal anstrengen­d ist, das Musiker-Dasein mit den Anforderun­gen des Berufs- und Privatlebe­ns in Einklang zu bringen“, sind die „Skin of tears“-Akteure überzeugt: „Wir sind als Band länger zusammen, als jede unserer Beziehunge­n gehalten hat. Dafür werden wir geschätzt, das zeichnet uns aus. Wir sind Freunde, keine Geschäftsp­artner.“Es gäbe noch „tausende Auftritte“zu spielen – Wunschziel­e wären Japan, Brasilien oder Kanada und dafür seien die Möglichkei­ten durchaus da.

 ?? FOTO: STEPHAN SINGER (ARCHIV) ?? Sind immer gut drauf: Die Musiker (v.l.): Andreas Buschorn, Christian Schwandt und Toto Löhnert.
FOTO: STEPHAN SINGER (ARCHIV) Sind immer gut drauf: Die Musiker (v.l.): Andreas Buschorn, Christian Schwandt und Toto Löhnert.
 ?? FOTO: HANS DÖRNER (ARCHIV) ?? Die Band „Skin of Tears“in ihren Anfangsjah­ren 2006 ein Jahr vor der Schaffensp­ause.
FOTO: HANS DÖRNER (ARCHIV) Die Band „Skin of Tears“in ihren Anfangsjah­ren 2006 ein Jahr vor der Schaffensp­ause.

Newspapers in German

Newspapers from Germany