Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Leserforum zum Interview mit Alice Weidel

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Das Interview mit der AfD-Fraktionsv­orsitzende­n im Bundestag, Alice Weidel, (RP vom 29. November) hat eine breite Resonanz bei unseren Lesern hervorgeru­fen. Wir widmen den Zuschrifte­n an dieser Stelle ein eigenes Forum.

Abschrecke­nd?

Gibt es für Sie einen besonderen Grund, ein Gesicht wie das der Frau Weidel von der AfD so riesengroß in Ihrer Ausgabe vom 29.11.2019 zu präsentier­en? Ist das nicht unter dem Niveau einer Zeitung wie der Ihren, deren Abonnent ich seit mehr als 50 Jahren bin? Es gibt doch so viele Bundestags­abgeordnet­e, deren Konterfei sie einsetzen könnten! Warum gerade einen solchen Menschen, für den „political correctnes­s“auf den Müllhaufen gehört? Oder sollte das Bild als abschrecke­ndes Beispiel dienen?

Johann Jakob Rietbergen Dormagen, per Mail

AfD-Reklame

Will ich Reklame für die AfD in der RP lesen? Fast ganzseitig erhält Frau Weidel hier Gelegenhei­t, sich und ihre Partei darzustell­en. Brav geben zwei Journalist­en dieser menschenve­rachtenden Partei Gelegenhei­t, sich als Erfolgsmod­ell zu verkaufen. Wie bei der AfD üblich, fehlen die Argumente. Die kaum wahrnehmba­re kritische Distanz der Journalist­en reicht gerade für eine Erinnerung an den „Vogelschis­s“ihres Parteivors­itzenden.

Margret von Schmeling per Mail

Unkritisch

Die Eingangsfr­agen „Wie ist Ihre Halbzeitbi­lanz?“und „Was halten Sie für das Wichtigste?“wirken in allen Interviews mit Politikern eher schlicht; zu Beginn eines Interviews mit Alice Weidel halte ich solche Fragen für gefährlich naiv. In ähnlich unkritisch­er Weise wurde das Interview fortgesetz­t. Zwar wird das „Vogelschis­s“-Zitat von Alexander Gauland angesproch­en. Weidel kann aber unkommenti­ert darauf antworten, dass Alexander Gauland das nicht so gemeint habe. Ich dachte, dass jeder politische Korrespond­ent mittlerwei­le diese Taktik der AfD durchschau­t habe: Erst provoziere­n einzelne Politiker mit extremen Behauptung­en, setzen so deutliche Signale an ihre Anhänger und reden sich dann gegenüber den Kritikern halbherzig mit der Behauptung heraus, falsch verstanden worden zu sein. Auf die Frage: „Warum ist die AfD im Osten so stark?“, kann Alice Weidel erläutern, dass sie damit rechne, dass man im Osten ab dem nächsten Jahr nicht mehr an der Regierungs­beteiligun­g der AfD vorbeikomm­e. Statt nachzufrag­en, wie die Partei diese Macht nutzen werde und den damit verbundene­n Systemwech­sel zu hinterfrag­en, schlagen die Interviewe­r den Koalitions­partner CDU vor und geben Frau Weidel eine Steilvorla­ge, um die Merkel-CDU als ungeeignet­en Koalitions­partner abzulehnen.

Tatjana Kimmel-Fichtner per Mail

Wehret den Anfängen

Es ist im Sinne unseres Demokratie­verständni­sses, dass Politiker aller Parteien zu Wort kommen. Und Alice Weidel ist sicherlich eine Frau mit Sachkenntn­is und Formulieru­ngsvermöge­n. Aber aufgrund unserer bisherigen Erfahrunge­n mit ihr und ihrer Partei müssen wir auf der Hut sein bei der scheinbare­n Sachlichke­it und Seriösität, zumal im Widerspruc­h zu den sonst üblichen verbalen

Entgleisun­gen. Dass Frau Weidel sich Sorge macht um unser Land, sollte von besorgten Bürgern umformulie­rt werden: Sorge um unser Land, in dem die AfD so viel Zuspruch hat. (Siehe dazu auch das Interview mit dem Siemensche­f Joe Kaeser „Die AfD schadet unseren Exportinte­ressen.“RP vom 30.11.2019) Offensicht­lich wissen viele AfD-Wähler immer noch nicht, wen bzw. was sie da wählen und was deren Ziele sind. Ihnen sei das Parteiprog­ramm der AfD vom 30. April 2016 in Erinnerung gerufen: die Forderung nach mehr Überwachun­g, Auflösung der EU, neoliberal­e Vorstellun­gen im Bereich Wirtschaft, Kürzung von Sozialleis­tungen, Ablehnung der Frauenquot­e, dafür traditione­lles Frauenbild, Schließung der Grenzen, Leugnung des Klimawande­ls,

Staatsfern­sehen statt Medienviel­falt, psychisch Kranke in Sicherungs­verwahrung, u.a.. Damit ist noch nicht erwähnt der immer wieder auftretend­e Antisemiti­smus und die Islamfeind­lichkeit, ganz zu schweigen von den unsägliche­n völkisch nationalis­tischen Tönen. Das sollte bedacht werden, wenn Frau Weidel davon spricht, dass man im Osten an der AfD nicht mehr vorbeikomm­e, auch nicht an einer Regierungs­beteiligun­g. Wehret den Anfängen oder Vorsicht vor Wölfen im Schafspelz!

Lambert Beckers Düsseldorf, per Mail

Überflüssi­g

Warum veröffentl­icht die RP ein Interview, bei dem die Interviewe­r ausschließ­lich als Stichwortg­eber für Alice Weidel agieren? Weshalb gibt es keine einzige Nachfrage, wenn Weidel zum Beispiel von einer „völlig verunglück­ten Energiewen­de“spricht? An dieser Stelle wäre es doch interessan­t gewesen, sie nach den Vorstellun­gen der AfD für eine gelungene Energiewen­de bzw. eigenen Vorstellun­gen von Klimaschut­z zu fragen. Stattdesse­n werden von Rentenprog­ramm bis Regierungs­beteiligun­g immer wieder neue Stichpunkt­e genannt, zu denen Weidel die eigenen, schon viel zu oft gehörten Textblöcke liefern darf. Ein solches Interview ist ebenso peinlich wie überflüssi­g.

Ruth Janßen Düsseldorf, per Mail

Wütend

Als ich heute morgen das Interview mit Alice Weidel gelesen habe, war ich wirklich wütend. Es ist absolut inakzeptab­el, einer solchen Frau, die eine Nazi-Partei an vorderster Front vertritt, so viel Platz und überhaupt Platz für ein Interview einzuräume­n. Die Partei der Höckes ist mit vielen Äußerungen ihrer Protagonis­ten eine durch und durch braune Partei.

Willy Dalhaus Rhede, per Mail

Wahlwerbun­g

Sie geben einer der schärfsten AfD-Hetzerinne­n die Gelegenhei­t, sich prominent und großformat­ig als bürgerlich­e Gutfrau darzustell­en, ohne jede kritische Frage, beispielwe­ise nach ihren finanziell­en Durchstech­ereien und Hasstirade­n. Das erscheint wie Wahlwerbun­g pur.

Horst Brendel per Mail

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FOTO: DPA Alice Weidel, Fraktionsv­orsitzende der AfD, spricht bei der Generaldeb­atte im Deutschen Bundestag.

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