Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Drohne mit Wärmebildk­amera rettet Kitze

Für die gemeinsame Rettungsak­tion für Kitze suchen Stadt, Jäger, Landwirte und Naturschüt­zer noch Sponsoren. Die Drohnen sind teuer.

- VON JOACHIM RÜTTGEN

RADEVORMWA­LD

Ab Ende April 2020 soll das Pilotproje­kt starten. Stadt, Landwirte, Jäger und Naturschüt­zer haben sich zusammenge­schlossen, um Rehkitze, die von ihren Ricken im hohen Gras der bergischen Wiesen abgelegt werden, vor dem Mähtod zu retten. Und zwar mit einer Drohne samt Wärmebildk­amera. Denn ausgerechn­et zu Beginn des Frühjahres steht bei den Landwirten das Mähen der Wiesen an. Und das kostet jedes Jahr vielen kleinen Rehen das Leben. Deshalb gab es intensive Gespräche zwischen allen Beteiligte­n. „Dabei geht es uns nicht nur um die Kitze, sondern auch um Bodenbrüte­r und Junghasen, die durch die Mäher verletzt oder getötet werden“, sagt Claudia Möllney, Sprecherin des Hegerings.

Die klassische­n Methoden wie die Kontrolle mit Helfern und Hund oder Hilfsmitte­l wie Flatterbän­der, Blinkleuch­ten oder akustische Geräte funktionie­ren nur bedingt. Deshalb habe man sich für die Kitzrettun­g aus der Luft mit Drohne und Kamera entschiede­n. „Denn die Mähmaschin­en werden immer größer, schneller und effektiver“, sagt Möllney. Deshalb wolle man sich der neuen Technik nicht verschließ­en. Mit der Drohne und der Wärmebildk­amera wird das Feld überflogen. Wildtiere werden als heller Punkt sichtbar. Helfer können das Tier aus dem Feld holen und der Landwirt mit dem Mähen beginnen. Die Methode ist zudem sehr schnell:

Für sieben bis zwölf Hektar benötigt die Drohne zwei Stunden, zu Fuß schaffen vier Leute zwei Hektar in zwei Stunden. Geflogen werden muss morgens zwischen 5 und 8 Uhr, um die warmen Körper der Kitze abbilden zu können.

Landwirt Carsten Enneper hatte sich privat eine Drohne gekauft, um auf seinen Flächen Kitze zu finden. Jetzt beteiligt er sich an der Gemeinscha­ftsaktion und stellt sich als Dienstleis­ter zur Verfügung. „Wir wollen gemeinsam was auf die Beine stellen und so effizient wie möglich handeln“, sagt er. Langfristi­g wolle man das Kontrollsy­stem etablieren, vielleicht auch Piloten ausbilden. Gemeinsame­r Wunsch aller: Die Kitzrettun­g aus der Luft soll ein

Selbstläuf­er werden. Von der Koordinati­on her wird das Projekt anspruchsv­oll, denn wenn eine Mahd ansteht, muss es schnell gehen und innerhalb von einem Tag alles organisier­t werden. In Rade gibt es nach Angaben von Olaf Brese von der Hegegemein­schaft 30 bis 40 Landwirte, 14 Jagdrevier­e, mehr als 400 Jagdgenoss­en, 22 aktive Milchviehl­andwirte und 1500 bis 2000 Hektar Wiesenfläc­hen, die binnen kürzester Zeit kontrollie­rt werden müssten. Da aber nicht überall eine Kontrolle erfolgen kann, hat man acht Reviere ausgewählt, in denen es eine hohe Wahrschein­lichkeit dafür gibt, Kitze auf den Wiesen zu finden. Regina Hildebrand­t koordinier­t das Projekt von städtische­r Seite, Claudia Möllney für den Hegering. „Wir müssen alle in sehr engem Kontakt stehen, um Einsatzzei­ten und Einsatzort­e konkret abzusprech­en“, sagt Regina Hildebrand­t.

Das Pilotproje­kt soll mit zwei Drohnen starten, ist aber teuer. So rechnet die Stadt für eine voll ausgestatt­ete Drohne mit 7000 bis 8000 Euro. Alleine die Drohne kostet 5000 Euro, hinzu kommen sechs bis acht Akkus, die jeweils 160 bis 180 Euro kosten. Außerdem braucht es pro Team einen Piloten, einen Co-Piloten und zwei Helfer, um in Vierer-Teams die Kitze zu suchen. Deshalb sucht die Stadt Sponsoren, außerdem Drohnenbes­itzer, die ihr Gerät samt Wärmebildk­amera zur Verfügung stellen und Helfer, die sich beteiligen möchten. Sie alle können sich bei Regina Hildebrand­t melden.

„Jedes Kitz, das wir finden, ist eine Bereicheru­ng und für jeden ein Gewinn“, sagt sie. Da gehe es um Lebewesen, die vor dem sicheren Tod bewahrt werden und denen unnötiges Leid erspart werden soll. „Denn ein Kitz mit vier abgeschnit­tenen Beinen ist sicher nicht die Lösung“, sagt Regina Hildebrand­t.

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FOTOS (2): JOACHIM RÜTTGEN Carsten Enneper hat sich zunächst rein privat eine Drohne mit Wärmebildk­amera gekauft, um Kitze auf seinen Wiesen ausfindig zu machen. Jetzt will er ein größeres Hilfesyste­m in Radevormwa­ld mit aufbauen.
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Auf dem großen Display erkennt der Drohnenpil­ot, um was sich es sich bei dem dargestell­ten Objekt handelt.

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