Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schuldner ersticht Stadtmitar­beiter

Das 47-jährige Opfer aus der Kölner Kämmerei sollte eine Zwangsford­erung vollstreck­en.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Sie waren im Auftrag der Stadt Köln unterwegs, um eine Zwangsford­erung im Stadtteil Dünnwald zu vollstreck­en: Ein 47-Jähriger und seine Kollegin (57) klingelten nach Angaben einer Polizeispr­echerin am Freitag gegen 10.45 Uhr bei einem Mann in einem Mehrfamili­enhaus. Er ließ sie ins Haus. „Dann öffnete er die Wohnungstü­r und griff die beiden mit einem Messer an“, sagte die Sprecherin.

Der 47-Jährige wurde so schwer verletzt, dass er starb. Seine Kollegin hatte die Rettungskr­äfte alarmiert, ein Notarzt hatte noch versucht, den Mann zu reanimiere­n. Die Frau erlitt einen Schock und wurde in ein Krankenhau­s gebracht. Zunächst hatte es geheißen, auch sie sei schwer verletzt worden, am Nachmittag teilte die Stadt Köln aber mit, dass sie körperlich unverletzt ist. Der Tatverdäch­tige wurde festgenomm­en. Die Polizei hat eine Mordkommis­sion eingesetzt.

Am Nachmittag teilte die Kölner Staatsanwa­ltschaft mit, dass es sich bei dem Tatverdäch­tigen um einen 60 Jahre alten Mann handelt und „deutliche Anhaltspun­kte dafür sprechen, dass er an einer schweren psychische­n Erkrankung leidet und zum Zeitpunkt der Tat schuldunfä­hig war“. Die Staatsanwa­ltschaft wird die einstweili­ge Unterbring­ung des Beschuldig­ten in einem psychiatri­schen Krankenhau­s beantragen. Schon im Frühjahr soll der Mann in seiner Wohnung eine städtische Mitarbeite­rin mit einem Schraubenz­ieher attackiert und leicht verletzt haben, wie ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft mitteilte. Zur Frage, warum die beiden städtische­n Mitarbeite­r trotzdem ohne Polizeibeg­leitung zu dem Mann gingen, teilte die Stadt Köln mit: „Ob ein Hausbesuch allein, in Begleitung eines Kollegen oder mit Amtshilfe durch die Polizei durchgefüh­rt wird, entscheide­t der Vollstreck­ungsbeamte nach Aktenlage selbst.“

Der Getötete war Mitarbeite­r der Kämmerei. Deren Mitarbeite­r suchen Schuldner auf und können auch Pfändungen vornehmen. „Dass einer unserer Kollegen im

Einsatz für unsere Stadt durch einen Angriff sein Leben verloren hat, macht mich zutiefst betroffen und erfüllt mich mit großer Trauer“, teilte Kölns Oberbürger­meisterin Henriette Reker mit. „Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Angehörige­n unseres Kollegen – und bei den Kolleginne­n und Kollegen der Vollstreck­ungsabteil­ung, die einen hoch geschätzte­n Kollegen verloren haben.“Die Kollegen des Getöteten sollen nun psychologi­sche Unterstütz­ung bekommen. Alle Außendiens­ttermine wurden abgesagt.

Reker sagte weiter: „Die Verrohung

unserer Gesellscha­ft scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Es macht sich Entsetzen breit angesichts einer solchen Tat.“Reker war vor vier Jahren selbst bei einem Messeratte­ntat schwer verletzt worden.

Am Nachmittag äußerte sich auch NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU). „Ich glaube, wir brauchen in unserer Gesellscha­ft dringend eine Debatte über Respekt gegenüber Amtsträger­n“, sagte er. „Die zunehmende Gewalt gegenüber diesen Menschen, die im Auftrag der Allgemeinh­eit unterwegs sind, bereitet mir wirklich Sorge.“

Ein Sprecher der Komba-Gewerkscha­ft, die die Interessen von Beamten und Arbeitnehm­ern im öffentlich­en Dienst vertritt, forderte nach der Tat mehr Sicherheit für die Beschäftig­ten in Kommunalve­rwaltungen. Immer wieder würden Kollegen Opfer von Angriffen. „Es ist unglaublic­h, wie tief der Respekt gegenüber den Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst gesunken und dabei die Gewaltbere­itschaft gestiegen ist“, teilte er mit.

Die Stadt Köln führt nach eigenen Angaben regelmäßig sogenannte Eigensiche­rungssemin­are durch, in denen die Mitarbeite­r unter anderem das Erkennen von gefährlich­en Situatione­n, Notwehr, Abwehrtech­niken und den Umgang mit aggressive­n Menschen lernen. Reker sagte: „Als Stadt werden wir alles dafür tun, dass sich unsere Mitarbeite­nden noch sicherer fühlen können – daher werden wir uns gründlich anschauen, was wir noch mehr tun können, auch wenn wir wissen, dass es eine absolute Sicherheit nie geben wird.“(mit dpa)

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FOTO: DPA Polizisten stehen vor einem Haus in Köln, in dem ein Mann zwei städtische Mitarbeite­r angegriffe­n hat. Einer der beiden wurde tödlich verletzt.

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