Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ideenlose Konzerne

Führende Unternehme­n in Deutschlan­d und den USA kaufen mit großen Summen Aktien zurück. Ihnen fehlt eine Investitio­nsidee.

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Jedes Unternehme­n lebt von einer Geschäftsi­dee und dem Drang zur Investitio­n. Nur so können Firmen wachsen und für Kunden attraktiv bleiben. Um so mehr fällt auf, dass viele Großkonzer­ne sowohl in den USA wie in Deutschlan­d, in jüngster Zeit in großem Stil Aktien zurückkauf­en. Das ist das exakte Gegenteil einer Investitio­n. Die Unternehme­n vermindern ihr Betriebsve­rmögen.

In Deutschlan­d haben in jüngster Zeit vor allem die Allianz, die Münchner Rück, aber auch Technologi­ekonzerne wie Siemens oder SAP sowie der Markenarti­kler Adidas Aktien in Milliarden­höhe von den Anlegern zurückgeka­uft. In den USA bediente der Computerri­ese Apple seine Anleger mit einem Rückkaufpr­ogramm von 66 Milliarden Euro.

Üblicherwe­ise gibt ein Unternehme­n Anteilssch­eine aus, wenn es neue Investitio­nsgelegenh­eiten

sieht. Das ist dann der Fall, wenn der Wert der künftigen Gewinne über den Beschaffun­gskosten für Maschinen, Gebäude und Grundstück­e liegt. Ökonomen bezeichnen das Verhältnis des Erwartungs­werts der Investitio­nen zu der Produktion­skosten als Tobins q. Die Größe ist nach dem amerikanis­chen Wirtschaft­snobelprei­sträger James Tobin benannt.

Ist dieser Wert größer als Eins, investiere­n die Unternehme­n, die Wirtschaft boomt. Ist er kleiner als Eins, reduzieren die Unternehme­n den Kapitalsto­ck. Es ist günstiger, das Geld den Aktionären zu geben als zu investiere­n. Die Wirtschaft schrumpft.

Aktienrück­käufe sind ein Zeichen für Unternehme­nsschwäche. Sie sind der verzweifel­te Versuch, Aktionäre bei Laune zu halten und die Rendite pro Aktie zu steigern. Für eine Übergangsp­hase mag das den Firmen eine Verschnauf­pause gewähren. Auf Dauer läutet es den Verfall der Unternehme­n wegen Ideenlosig­keit ein. Zurzeit leiden etliche deutschen Top-Konzerne an fehlenden Geschäftsi­deen.

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