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Borussia geerdet

Für Mönchengla­dbach ist das Europa-Abenteuer vorbei, bevor es richtig begonnen hat. Nach dem Pokal-Aus ist es der zweite Wettbewerb, in dem das Team von Trainer Marco Rose frühzeitig scheitert. Das hat Folgen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Das Eckfahne-Schwenken, das bei Siegen üblich geworden ist, fiel aus. Stattdesse­n zog sich Marcus Thuram sein Trikot über den Kopf und schaute traurig. Er hatte gegen Basaksehir FK aus Istanbul ein Tor gemacht, doch das reichte Borussia Mönchengla­dbach nicht. Das Spiel endete 1:2. Das bedeutet: Das internatio­nale Abenteuer der Gladacher ist vorbei, bevor es richtig begonnen hat. Sie wollten Geschichte(n) schreiben in der Europa League, als Skript sollte möglichst dienen, was Eintracht Frankfurt in der Vorsaison geschafft hatte, die mit Leidenscha­ft, Hartnäckig­keit und Spielkunst bis ins Halbfinale vorgedrung­en war. Doch für Gladbach ist schon nach der Gruppenpha­se Schluss.

Es ist die erste große Enttäuschu­ng der Ära von Trainer Marco Rose, ein Schatten auf der schönen neuen Borussia-Welt der vergangene­n Wochen. Zwar sind die Gladbacher auch im Pokal bereits in Runde zwei gescheiter­t, dies jedoch mit dem denkbar komplizier­ten Los: einem Auswärtssp­iel bei Borussia Dortmund. In der Europa League haben die Gladbacher nur selten gut gespielt, waren aber in einer günstigen Konstellat­ion in das Gruppen-Finale gegen Basaksehir gegangen, ein Unentschie­den hätte gereicht. In den entscheide­nden Momenten des Spiels kam zu wenig, um den routiniert­en Gegner aus der Türkei zu besiegen. Die Rückkehr nach Europa nach zweieinhal­b Jahren war mehr ernüchtern­d als magisch.

Diese Erfahrung ist eine Erdung des Klubs, der seit Anfang Oktober Anführer der Bundesliga-Tabelle ist. „Es war unser großes Ziel, internatio­nal zu überwinter­n, das haben wir nicht erreicht“, sagte Rose. Als „sehr, sehr hart“empfand Abwehrchef Matthias Ginter das 1:2. „Das war ein verdammt bitterer Tag für uns“, gestand Patrick Herrmann.

Erstmals sind die Borussen in der Europa-League-Vorrunde gescheiter­t, 2012 und 2014 hatten sie jeweils die Gruppenpha­se überstande­n, zudem gab es mit dem 0:4 gegen Wolfsberg die höchste Europapoka­l-Heimnieder­lage aller Zeiten. Das bleibt vor allem hängen aus der Europa-League-Saison.

Durch das Aus in der Vorrunde gehen den Borussen einige Einnahmen verloren. Knapp zehn Millionen Euro haben sie bislang verdient, zwei Millionen wären schon durch die Teilnahme an der Zwischenru­nde fix dazu gekommen. Vor allem aber geht die sportliche Bühne Europa verloren, die für den prosperier­enden Klub vom Niederrhei­n

und die Spieler ein lukratives Betätigung­sfeld ist. Auch für Manager Max Eberl wäre das Argument Europa ein Trumpf gewesen, wenn er in den kommenden Monaten mit möglichen neuen Spielern spricht.

Was auf Marco Rose zukommt: Er wird mehr als bisher als Psychologe und Moderator gefragt sein. Umfassende Rotationsm­aßnahmen, die der Kaderchemi­e zuträglich sind, fallen weg mit nur 17 Spielen im zweiten Saisonteil. Vor allem aber muss Rose sein Team jetzt das Vergessen lehren – das Vergessen des traurigen Abends gegen Basaksehir, damit dieser nicht zum mentalen Rucksack wird. Das Konstrukt Borussia, die neue Mentalität, steht auf dem Prüfstand. Der Trainer und die Seinen sind aber positiv gestimmt, gefestigt genug zu sein, um diesen Rückschlag zu verkraften.

„Wir haben in dieser Saison schon oft gezeigt, dass wir in der Lage sind, Niederlage­n zu verarbeite­n und dann wieder Gas zu geben“, sagte Herrmann. „Wir müssen schnell wieder Energie in unsere Körper und unsere Köpfe bekommen, um dann am Sonntag ein gutes Bundesliga­spiel zu machen“, sagte Rose. Am Sonntag beim VfL Wolfsburg soll das passieren.

Dort, in der Autostadt, ist Oliver Glasner Trainer, der in der vergangene­n Saison den Linzer ASK betreute, den großen Konkurrent­en von Roses RB Salzburg. Nun messen sie sich in der Bundesliga. Für Glasners Wolfsburge­r lief es zuletzt in der Liga nicht, dafür sind sie in der Europa League weiter. Bei Roses Gladbacher­n ist es umgekehrt.

„Wir wollen wieder zurück zur Normalität“, sagte Rose. Seinem Verständni­s nach sind das Siege. Das, so hofft Rose, wird künftig auch für seine Spieler noch selbstvers­tändlicher. Damit Erlebnisse wie gegen Basaksehir nicht mehr allzu oft vorkommen.

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FOTO: DPA Trikot über dem Kopf statt Eckfahne schwenken: Marcus Thuram war nach dem Europa-League-Aus nicht in Feierlaune.
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FOTO: IMAGO IMAGES Marco Rose muss nun Psychologe und Moderator sein.

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