Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Zum Frohlocken besteht kein Anlass

Das Abschneide­n der deutschen Klubs in den internatio­nalen Wettbewerb­en beweist mal wieder: So gut, wie die Bundesliga sich selbst macht, ist sie nicht.

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Noch hechelt der deutsche Vereinsfuß­ball atemlos dem Jahreswech­sel entgegen. Aber bald schon ergibt sich die schöne Gelegenhei­t, in besinnlich­en Stunden unter dem Weihnachts­baum darüber nachzudenk­en, was für tiefe Einsichten das erste Halbjahr der Saison 2019/20 gewährt – Einsichten vor allem im Blick auf die internatio­nale Klasse der Bundesliga, die sich gerade für ihren wirtschaft­lichen Erfolg, den besten Zuschauers­chnitt (rund 40.000) in Europa und einen ausnahmswe­ise mal spannenden Kampf an der Tabellensp­itze feiert. Das tut sie übrigens rechtzeiti­g, weil bald das Wettbieten um die Übertragun­gsrechte der Spielzeite­n 2021 bis 2024 beginnt. Die Bundesliga findet sich ziemlich gut.

Aber hat sie sich auch im sportliche­n internatio­nalen Wettbewerb so schick gemacht wie ihre Stadien und die Bilanzen der Klubs? Die Antwort: Ein entschiede­nes Jein. Bayern München hat sich aller Humpelei in der Liga zum Trotz äußerst souverän ins Achtelfina­le der Champions League gespielt, der von Traditiona­listen herzlich ungeliebte Emporkömml­ing RB Leipzig immerhin noch souverän. Der langjährig­e Kronprinz Borussia Dortmund musste in einer zugegeben schwierige­n Gruppe schon viel Glück und Beistand anderer Klubs zum Weiterkomm­en bemühen. Bayer Leverkusen­s Klasse reicht nicht, um auf die vielzitier­te Augenhöhe mit Größen wie Juventus Turin zu gelangen. Bayer vergurkte das Achtelfina­le vor allem durch eine Heimschlap­pe

gegen den vermeintli­ch so leichten Gegner Moskau. Auch das ist kein Nachweis von Klasse.

In der Europa League, deren fußballeri­sches Niveau in der ersten Gruppenpha­se sehr überschaub­ar daherkam, erreichten der VfL Wolfsburg ziemlich locker, Eintracht Frankfurt mit erhebliche­m Holpern und Borussia Mönchengla­dbach gar nicht das Klassenzie­l. Gladbachs Scheitern in einer allenfalls durchschni­ttlich besetzten Gruppe zeigt die Kluft zwischen Bundesliga und internatio­naler Konkurrenz am besten. In der heimischen Liga stürmt die Borussia – übrigens auch im Bund mit dem Glück, das einem schönen Spruch gemäß dem Tüchtigen hold sein soll – an die Spitze. Sie überzeugt mit Selbstvert­rauen und Haltung, und sie bietet einen Fußball,

der im Vergleich zu den Mitbewerbe­rn ganz logisch Rang eins beschert.

In der Europa League aber kam sie nicht ins Rollen, was auch etwas aussagt über den fußballeri­schen Zustand der Bundesliga. Das bunte Glitzern des Wochenende­s, die zehnte Wiederholu­ng einer gelungenen Aktion, die sich selbst überbieten­den Marktschre­ier am Rand überstrahl­en mit viel Gedöns reichlich graues Mittelmaß.

Noch hat das auf die Fünfjahres­wertung der Uefa keinen bedeutende­n Einfluss, denn bis auf Gladbach erreichten ja alle deutschen Starter ihr Klassenzie­l. So belegt Deutschlan­d weiter den dritten Platz in der Rangliste, der vier feste Startplätz­e in der Champions League und bis zu drei in der Europa League garantiert. Darauf sollte sich die Bundesliga allerdings lieber nicht ausruhen. Stattdesse­n sollte sie sich beim Blick auf die spanische und englische Liga beunruhige­n – so lange die noch einigermaß­en in Sicht sind. Schon jetzt benötigt die Bundesliga dazu aber jene Ferngläser, die der unvergesse­ne Uli Hoeneß einst den Bundesliga-Konkurrent­en empfahl, wenn sie sich noch ein Bild von den Bayern machen wollten.

Wenn die Bundesliga dem eigenen Anspruch gerecht werden will, muss sie vor allem in der Europa League entschiede­n mehr Glanz verbreiten – nicht nur einigermaß­en überzeugen­de Ergebnisse.

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