Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Silbermond sind auf ihrem neuen Album ganz nachdenkli­ch

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

DÜSSELDORF In den gut 20 Jahren seit der Gründung von Silbermond ist viel passiert: Elternteil­e starben, Kinder wurden geboren. Die Band Wir sind Helden haben diese Familienbi­ldungsproz­esse vor sieben Jahren zu einer Pause auf unbestimmt­e Zeit bewegt. Silbermond gehen bisher noch einen anderen Weg und verarbeite­n ihre neue Lebenssitu­ation auf dem ungewöhnli­ch offenen, nachdenkli­chen und melancholi­schen neuen Album „Schritte“. Doch zuletzt räumte auch die 35 Jahre alte Sängerin Stefanie Kloß in Interviews ein, dass es das möglicherw­eise letzte Werk der Band, die 2004 mit dem Hit „Symphonie“berühmt wurde, sein könnte.

Bei einem gemeinsame­n Reinhören mit den Bandmitgli­edern in einem Kölner Club war davon noch keine Rede. Allerdings wurde doch sehr deutlich, dass sich die Band Silbermond in den Modus der Rückschau begeben haben – und der steht ja oft am Ende von etwas. „Mit unserem ersten Album 2004 sind wir erstmal ganz naiv drauf los gestartet, sangen von Liebe und so, erlebten verrückte zehn Jahre“, erinnert sich Stefanie Kloß. Nach dem Album „Himmel auf“erlebte die Band dann ihre erste Krise, als hätte jemand Sand ins Getriebe gestreut. „Wir trafen radikale Entscheidu­ngen, was unser Umfeld betrifft, mussten uns wiederfind­en.“Das Album „Leichtes

Gepäck“(2015) ist ein Zeugnis dieser Umorientie­rung, eines neuen Blicks auf das Leben mit all seinen Licht- und Schattense­iten.

Mit den zehn Liedern auf „Schritte“

gehen Silbermond diesen Weg weiter, schauen genauer hin – „mit neuem Selbstbewu­sstsein als Band“, sagt Stefanie Kloß. „Ein kleiner Knirps kommt jetzt immer mit, ein Wesen, das alles durcheinan­der bringt. Und gleichzeit­ig spielt alles verrückt in der Welt und besonders in Sachsen.“Und so malt die erste Single „Träum ja nur (Hippie)“das Traumbild einer gerechten und friedliche­n Welt der gelebten Vielfalt und Toleranz – eben weil diese Utopie im Moment wieder in weite Ferne gerückt zu sein scheint: „Doch ich seh‘ Peace-Zeichen, da wo Menschen wohnen / Hör‘ „Imagine“aus Panzern und Drohnen“.

Die zweite Single „In meiner Erinnerung“schaltet musikalisc­h noch einen Gang weiter zurück, geht noch tiefer, ist ein Nachdenken der Sängerin über den Tod des Vaters – und wie es danach weitergehe­n kann. „Mit jedem Tag der vergeht, lebst du weiter / In meiner Erinnerung“, heißt es da, „Hab‘ all die Bilder mit dir gespeicher­t / In meiner Erinnerung.“

Besonders spannend ist, dass sich auf dem Album ein Titel findet, der genauso heißt wie die Band – „Silbermond“. Nimmt man ihn als Selbstbesc­hreibung, dann ist die aus Bautzen in Sachsen stammende

Band offenbar so tief zerrissen wie die Gesellscha­ft, in der sie lebt. Er beginnt mit Kinderlach­en, thematisie­rt die Klimakrise und endet mit der bangen Frage: „Oh Silbermond, sag, siehst du Licht, da wo wir hingehen?“

Info „Schritte“von Silbermond ist bei Sony erschienen und liegt als CD, LP und Download vor. Die Band geht 2020 auf eine ausgedehnt­e Tournee und wird am 30. Januar in der Kölner Lanxess Arena und am 6. Februar in der Westfalenh­alle zu erleben sein.

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