Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Streitfall Papst-Benedikt-Doku

Im Metropol diskutiert­e der Regisseur von „Verteidige­r des Glaubens“mit Zuschauern über seinen kritischen Film.

- VON SIMONA MEIER

Seit Ende Oktober läuft eine Dokumentat­ion über Papst Benedikt XVI. in deutschen Kinos. In Düsseldorf gab es jetzt eine Sondervors­tellung mit Regisseur Christoph Röhl. „Der Film war eine große, lange Reise für mich“, sagt er. Sieben Jahre arbeitet er an der Produktion „Verteidige­r des Glaubens“, die unmittelba­r nach Erscheinen für reichlich Kontrovers­en sorgte. Der Film erzählt vom Leben und Wirken des deutschen Papstes, vor allem aber von seiner schwierige­n Rolle im Missbrauch­sskandal der katholisch­en Kirche.

Zur Filmvorfüh­rung und anschließe­nder Diskussion im Metropol-Filmkunstk­ino hatte der Sozialdien­st Katholisch­er Männer eingeladen. Gemeinsam mit Matthias Katsch (Initiator der Betroffene­ninitiativ­e „Eckiger Tisch“) diskutiert­en Bundesvors­tand Ludger Urbic und Regisseur Christoph Röhl mit dem Publikum. Das ehrte den Regisseur mit Applaus am Ende des Films. „Für mich war das ein Schlag in die Fresse, mitzubekom­men, dass Menschen diese Machtposit­ion ausnutzen, während wir hier jeden Tag mit den Menschen auf Augenhöhe agieren“, sagt ein erregter Zuschauer. Dazu der Regisseur: „Es ist ein kleines Wunder, dass dieser Film überhaupt existiert“.

Röhlselbst wuchs in Südengland sehr kirchenfer­n auf und hatte mit einem Priester vorher noch nie zu tun gehabt. 2012 kam ihm dann die Idee zum Film; damals hatte er bereits einen Film über den Missbrauch

an der Odenwaldsc­hule gedreht. Auf einer Veranstalt­ung in Ulm traf er auf Matthias Katsch, der selbst Oper sexuellen Missbrauch­s am Canisius-Kolleg wurde und sich mit der Initiative „Eckiger Tisch“für Opfer sexuellen Missbrauch­s einsetzt. Katsch führte Christoph Röhl durch Rom: „Ich traf auf jemand, der überhaupt keine Ahnung von der katholisch­en Kirche hatte“, sagt er. Nach dem überrasche­nden Rücktritt Ratzingers 2013 liefen beide durch die Stadt, um erste Stimmungen einzufange­n: „Da kam ich mir wie ein Reiseführe­r vor, der jemanden, der mit dieser Kultur nicht aufgewachs­en war, das Ganze verständli­ch zu machen versuchte“, sagt Katsch. Ihm habe dieser Blick von außen auf die Institutio­n, in der er selbst Opfer wurde, aber geholfen, Vieles besser zu verstehen: „,Was ist die tiefere Ursache, die den sexuellen Missbrauch in der katholisch­en Kirche als weltweites Phänomen ausmacht.“

Im Film gehe es nicht darum, Skandale aneinander­zureihen, sondern zu versuchen, zu verstehen, wie es möglich sei, dass eine Institutio­n in dieser Weise schuldig werde. „Ich habe den Eindruck, dass es in den vergangene­n 60 Jahren normal war, Kinder rabiat zu behandeln. Wir standen in der Ecke, Kinder wurden geschlagen“, erinnert sich eine Zuhörerin. Das sei heute anders, weil es die zivile Gesellscha­ft nicht zulasse, so der Regisseur.

„Das Gemeinhalt­ungsgebot, die Kirche zu schützen, egal was passiert ist, ist so stark und fest verankert, dass es in der Tat schwer fällt,

Leute zu finden, die darüber erzählen“, sagt er, Das sei ihm bei der Suche nach Protagonis­ten für den Film bewusst geworden. „Es fällt mir schwer, ich erkenne meine Kirche nicht wieder“, sagt ein Zuschauer gegen Ende der Diskussion. Er ist aufgerütte­lt und schildert seine Gedanken: „Ich wurde von Priestern erzogen und hatte nie eine schlechte Erfahrung in meiner Kirche“, sagt er. Dass sie Menschen Ziele und Mut geben, sei seine persönlich­e Erfahrung, „Was sagen sie mir?“, will er wissen. Die Antwort des Regisseurs: „Ich kenne das auch von der Odenwaldsc­hule, beides kann stimmen.“

Am Sonntag um 14.30 Uhr wird der Film „Verteidige­r des Glaubens“dann noch einmal im Metropol Kino gezeigt.

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FOTO: DPA Eine Szene aus dem Dokumentar­film „Verteidige­r des Glaubens“von Christoph Röhl, der zurzeit im Kino zu sehen ist.
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