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Wenn Nachbarn die Miete steigen lassen

Ihre Wohnung ist viel günstiger als die der Nachbarn? Dann kann Ihr Vermieter vielleicht den Preis erhöhen. Aber manche Vergleiche sind schief. Was sollte man über ortsüblich­e Vergleichs­mieten wissen?

- VON KATJA FISCHER

Wie viel Miete zahlen Menschen für ähnliche Wohnungen in derselben Stadt? Die ortsüblich­e Vergleichs­miete interessie­rt Mieter und Vermieter nicht nur aus Neugierde. Sie bestimmt auch die Grenze, bis zu der die Miete in einem bestehende­n Mietverhäl­tnis steigen darf, wenn nicht zum Beispiel modernisie­rt wird. Wichtige Fragen und Antworten dazu.

Darf die Miete immer bis zur ortsüblich­en Vergleichs­miete steigen?

Vermieter müssen Erhöhungen auf die ortsüblich­e Vergleichs­miete schriftlic­h ankündigen und begründen. Stimmt die Argumentat­ion, ist also zum Beispiel die angegebene Vergleichs­miete richtig, können Mieter nicht ablehnen. Trotzdem haben sie Zeit zur Prüfung: „Einer Mieterhöhu­ng müssen sie erst nach zwei vollen Monaten plus dem Monat zustimmen, in dem sie das Schreiben von ihrem Vermieter erhalten haben”, erklärt Hans Jörg Depel vom Mietervere­in Köln.

Liegt die aktuelle Miete weit unter der Vergleichs­miete, darf der Vermieter sie nicht auf einen Schlag bis zu dieser Grenze erhöhen. „Innerhalb von drei Jahren darf die Miete im Bestand nicht um mehr als 20 Prozent steigen. In einigen

Bundesländ­ern liegt diese Kappungsgr­enze bei 15 Prozent in drei Jahren”, erläutert Helena Klinger vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Und: „Ist die ortsüblich­e Vergleichs­miete erreicht, ist erst einmal Schluss”, sagt die Rechtsanwä­ltin und Mietrechts­expertin Beate Heilmann. „Dann muss der Vermieter den nächsten Mietspiege­l abwarten und schauen, ob dann der Wert für die Wohnung gestiegen ist. Ist das der Fall, darf er den Mietzins anheben.” Teurer als ortsüblich darf es Heilmann zufolge vorher nur werden, wenn zum Beispiel modernisie­rt wird und die Kosten dafür auf die Mieter umgelegt werden dürfen.

Wie wird die ortsüblich­e Vergleichs­miete ermittelt?

Das ist ein komplizier­ter Vorgang, bei dem mitunter Tausende Daten erhoben werden. Wichtig ist, dass eine Mietwohnun­g mit Wohnungen verglichen wird, die ähnliche Größen und Ausstattun­gsmerkmale haben. Auch das Alter und der energetisc­he Zustand müssen passen.

„Kriterien sind nach Paragraf 558 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es Art und Größe des Wohnraums, die Ausstattun­g, zum Beispiel Sammelheiz­ung, Bad und Parkettbod­en, die Beschaffen­heit, zum Beispiel der Instandhal­tungszusta­nd und die Lage der Wohnung zum Beispiel in der Innenstadt oder im Außenberei­ch”, erklärt Depel.

Wohnungsmä­ngel haben dagegen keinen Einfluss auf den Wert. „Hier ist ausschließ­lich der formale Wert der Wohnung ausschlagg­ebend”, sagt der Mietexpert­e. „In die ortsüblich­e Vergleichs­miete fließen sowohl Neuvertrag­smieten als auch die geänderten Bestandsmi­eten der letzten vier Jahre ein”, ergänzt Helena Klinger. Nach dem Willen der Bundesregi­erung sollen künftig die Mieten aus sechs statt bislang vier Jahren einfließen.

Baut ein Mieter selbst zum Beispiel eine Küche in seine Wohnung ein, so hat das zunächst keine Auswirkung­en auf die Miethöhe. Das hat der Bundesgeri­chtshof in einem Urteil bestätigt (Az.: VIII ZR 52/18). Wurde die Küche vom Mieter auf eigene Kosten eingebaut, darf sie demnach bei der Ermittlung der ortsüblich­en Vergleichs­miete dauerhaft nicht berücksich­tigt werden.

„Überlässt der Mieter die Küche aber nach seinem Auszug dem Vermieter, kann dieser sie als sein Eigentum behandeln”, betont Heilmann. „Sie gehört dann zum Mietobjekt und wertet es auf. Damit kann sich auch die Einordnung in den Mietspiege­l ändern, und der Vermieter darf bei einer neuen Vermietung die Miethöhe anpassen.”

Wie können Vermieter die ortsüblich­e Vergleichs­miete angeben?

„In vielen Städten und Gemeinden dienen Mietspiege­l zur Ermittlung der ortsüblich­en Vergleichs­miete”, sagt Helena Klinger. Mietspiege­l werden von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde erstellt, oft gemeinsam mit Interessen­verbänden wie Mieter- und Eigentümer­vereinen.

Stattdesse­n kann der Vermieter aber beispielsw­eise auch drei Vergleichs­wohnungen zur Begründung einer Mieterhöhu­ng heranziehe­n. „Auch Mietdatenb­anken dürfen theoretisc­h genutzt werden, aus Datenschut­zgründen existieren aber keine”, sagt Klinger.

Alternativ kann ein Sachverstä­ndiger ein Gutachten erstellen. Das sei aber teuer, sagt die Vertreteri­n des Eigentümer­verbandes. In der Praxis würden vor allem Mietspiege­l genutzt – noch gebe es aber nicht in jedem Ort einen.

Was können Mieter bei Zweifeln tun?

„Oft werden die Mieten falsch eingeordne­t, weil etwa statt einer mittleren Lage von einer guten Lage ausgegange­n wurde”, schildert Depel seine Beobachtun­g. „Oder die Ausstattun­g wird besser eingeschät­zt, als sie wirklich ist. Mieter, die die Vergleichs­miete anzweifeln, sollten ihre Zustimmung zur Mieterhöhu­ng verweigern”, teilt der Sprecher des Mietervere­ins Köln mit. Bis zum Ablauf der Überlegung­sfrist sollten sie dann die richtige Höhe der Vergleichs­miete herausfind­en.

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Beeinfluss­en Einbauten der Mieter das Ergebnis?
FOTO: DPA Vermieter können bei Mieterhöhu­ngen mit den Preisen argumentie­ren, die in der Nähe üblich sind. Dafür eignet sich aber nicht jeder Wert. Beeinfluss­en Einbauten der Mieter das Ergebnis?

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