Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Himmelwärts
Prachtvolle Gotteshäuser säumen den Rhein. Das größte steht in Köln. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. war von dem Dom so begeistert, dass er die Eisenbahnbrücke in dessen Achse legen ließ.
Ein Bildband wie ein Messbuch: mit zwei feinen Lesebändchen, mehrere Kilo schwer und von imposanten Ausmaßen. Doch wer es vor sich hinlegt und behutsam aufblättert – denn in der Hand halten kann man es kaum –, wer darin zu schauen und zu lesen beginnt, wird still. Vielleicht sogar andächtig vor so viel Größe und architektonischem Übermut, vor so viel Prunk und Schönheit, tiefem Glauben und selbstgewisser Herrschsucht, die diesen Kirchenbauten entlang des Rheins innewohnt! „Macht und Herrlichkeit“ist also ein guter Titel für dieses Werk.
Der Autor Jürgen Kaiser hat es sich auf seiner Reise zu den christlichen Prachtbauten scheinbar leicht gemacht und einfach bei Rheinkilometer Null begonnen. Das war dann Konstanz mit seinem Münster am See. Ein eher trutziger Bau, dem man sich am besten mit dem Schiff, also vom Bodensee her, nähert. Die Kirche war Schauplatz eines kirchenhistorisch wichtigen Ereignisses: Sie diente als Aula während des Konzils von Konstanz zwischen 1414 und 1418. Rheinab geht es dann nach Basel zum wehrhaften Bischofssitz, zum „schönsten Turm der Christenheit“, so Kaiser über Freiburg, schließlich nach Straßburg und Speyer, Worms und überraschenderweise Oppenheim, schließlich Mainz und natürlich
Köln. Doch „Macht und Herrlichkeit“beschreibt keine Rheinreise und dient nicht als Pilgerroute. Das Buch faltet in aller Opulenz die architektonischen Höhepunkte christlicher Baukultur vor uns auf. Und das ist dann das wirklich Spannende und Ungewöhnliche am Buch: dass sowohl der Autor als auch sein Fotograf mit großer Sachlichkeit in Wort und Bild abbilden, was selbst verschwenderischen Glanz für sich beansprucht. Alle Kirchen sind ja längst touristische Hotspots; das Buch macht aus ihnen wieder Gotteshäuser.
Irgendwann beginnt man sich zu fragen, warum die Menschen im Mittelalter solche Größe wagten? Was sie antrieb? Sie schienen sich ihrer Sache sicher gewesen zu sein, bauten über Generationen hinweg – in Köln über Jahrhunderte! –, und bauten immer wieder daran. Meist waren Brände die Ursache. Mit diesen großen Kirchen zeigten die Menschen, wie Glaube nach oben strebt. Gotische Kathedralen sind ein in Stein gehauenes Gotteslob, lebendige Kunstwerke aus Stein und Glas – wie das Gerhard-Richter-Fenster im Dom zu Köln zeigt. Einfach prachtvoll.
Lothar Schröder
„Macht und Herrlichkeit“. Greven Verlag, 344 S. mit 233 Abbildungen, 50 Euro