Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Neue Seiten einer starken Frau
Das Doku-Drama „Sissi – Die Getriebene“rückt die berühmte Kaiserin in ein anderes Licht.
(ry) Schönheitsfanatikerin, Leistungssportlerin, Dichterin: Kaiserin Elisabeth von Österreich war ihr Leben lang getrieben von der Suche nach Sinn. Kurz vor ihrem Tod wollte sie sich mit dem „Zauberschloss“Achilleion eine Seelenheimat schaffen – nur um resigniert zu erkennen, dass Träume immer schöner sind, wenn man sie nicht verwirklicht. Auch im Achilleion sollte sie keine Ruhe finden.
Für die Titelrolle der alternden Kaiserin in diesem 50-minütigen Doku-Drama konnte mit Sunnyi Melles eine der renommiertesten deutschsprachigen Charakterdarstellerinnen gewonnen werden. Melles verkörpert eine Elisabeth, wie man sie kaum kennt: eine widersprüchliche und faszinierend moderne Frau, jenseits aller „Sissi“-Romantik, wie sie sich durch die weltberühmten Filme mit Romy Schneider in das öffentliche Bewusstsein eingebrannt hat.
Tatsächlich entsprach Elisabeth ganz und gar nicht dem populären Zerrbild einer volksnahen, kindlich-naiven, warmherzigen Kaiserin. Sie war viel mehr: eine starke Frau voller Widersprüche, nicht immer sympathisch, aber faszinierend modern. Eine Frau, die Menschen in ihren Bann zog, die großzügig und leidenschaftlich, aber auch kühl und berechnend sein konnte. Und sie war eine Frau, die sich ihrer Rolle als Kaiserin konsequent entzog – selbst in Zeiten der Krise, in denen die Habsburgermonarchie ums Überleben rang.
Das Doku-Drama nähert sich Elisabeth über einen engen Wegbegleiter: Alexander von Warsberg (Alexander E. Fennon). Er plante und baute für sie das Achilleion auf Korfu, diesen romantischen Palast am Ionischen Meer, in dem ihre Seele nach dem endlosen Reisen eine Heimat finden wollte.
Im Anschluss an dieses Porträt einer starken Frau führt ARTE den Abend thematisch weiter. In der Doku-Reihe „Frauen, die Geschichte machten“wird Katharina II. ins Rampenlicht gerückt. Diese hieß mit 14 Jahren noch Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst und ging nach Russland. Die Prinzessin aus dem unbedeutenden deutschen Fürstenhaus wurde ausgewählt, den designierten russischen Thronerben, Großfürst Peter, zu ehelichen. Mit ihrer Heirat konvertierte Sophie vom protestantischen zum russisch-orthodoxen Glauben und erhielt den Namen, mit dem sie in die Geschichte einging: Katharina. 18 Jahre lang lebte sie am Zarenhof, gefangen in einer Ehe, die für sie zur Qual wurde. Peter und sie waren noch Kinder, als sie zum Paar gemacht wurden. Der junge Großfürst war voller Komplexe und kindlicher Leidenschaften. Katharina jedoch langweilte sich in der höfischen Gesellschaft. Sie entdeckte die Welt der Bücher für sich: Romane, antike Historiker und vor allem die Schriften der Aufklärer zogen sie in ihren Bann. Auch körperliche Anziehung stellte sich beim Großfürstenpaar nicht ein, und so blieb der dringend erwartete Nachwuchs Jahr um Jahr aus. Erst 1754 wurde der Sohn Paul geboren, von dem Katharina später offen zugab, dass er nicht das leibliche Kind ihres Mannes, sondern das Ergebnis einer Affäre mit dem hofbekannten Schürzenjäger Sergej Saltykow war.
Kaiserin Elisabeth, die amtierende Regentin, starb an Weihnachten 1761, und der Großfürst trat als Peter III. die Nachfolge an. Die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau war zu diesem Zeitpunkt bereits zerrüttet. Katharina hatte ein weiteres Kind von einem Liebhaber bekommen und erwartete ein drittes von ihrem aktuellen Geliebten. Auch Peter hatte sich eine Geliebte zugelegt, und die Anzeichen mehrten sich, dass er auf eine Scheidung drängen würde. Doch die Großfürstin dachte nicht daran, ihren Platz kampflos zu räumen.