Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Baileys Bärendienst, Teil 2
Rund sechs Wochen nach seinem Platzverweis gegen Mönchengladbach sieht Leon Bailey auch beim 0:2 in Köln die Rote Karte. Kapitän Lars Bender fordert eine Entschuldigung des Jamaikaners. Es knirscht im Getriebe der Werkself.
KÖLN Im bis ins kleinste Detail durchprofessionalisierten Alltag des Fußballgeschäfts ist kein Platz für Kollegenschelte. Der Torwart patzt, dem Verteidiger unterläuft ein Eigentor und der Stürmer verschießt einen Elfmeter? Nicht so wild. Man verliert als Mannschaft, man gewinnt als Mannschaft. Einer für alle, alle für einen. Nach dem 0:2 (0:0) der Werkself in Köln war die Stimmungslage jedoch eine andere. Grund war Leon Bailey, der 22 Minuten nach seiner Einwechslung vom Platz flog, weil er Kingsley Ehizibue nach einem Zweikampf rüde ins Gesicht fasste.
„Es ist nicht die erste Rote Karte, und ich erwarte eine Entschuldigung“, sagte Kapitän Lars Bender dem TV-Sender Sky mit Blick auf Baileys Platzverweis Anfang November gegen Mönchengladbach nach einer Tätlichkeit. „Das geht überhaupt nicht“, schimpfte Bender. „Da sind Jungs auf dem Platz, die sich 70 Minuten auskotzen und dann in der Folge zu neunt dagegenhalten müssen. Da hat er uns einen Bärendienst erwiesen.“
Das gilt allerdings mit Abstrichen auch für Aleksandar Dragovic, der für den ersten Platzverweis des Spiels verantwortlich war. Seine erste Gelbe Karte war indes nicht berechtigt. Nach einem Duell gegen Dominick Drexler hätte eher der Kölner verwarnt werden müssen, weil er den Fuß draufhielt und Dragovic traf. Stattdessen entschied Schiedsrichter Manuel Gräfe auf Foul des Österreichers und zückte Gelb. „Drexler hält sich den Fuß als wäre er vom Zug überfahren worden“, äzte Sportgeschäftsführer Rudi Völler. „Das gehört zum Fußball dazu, aber man darf natürlich nicht darauf reinfallen.“
Nach einer guten Stunde konnte Dragovic Jhon Cordoba nur noch mit einer ahndungswürdigen Grätsche stoppen. Vor dem Derby sei mehrfach angesprochen worden, dass sich die Profis der Werkself auf keinen Fall provozieren lassen oder zu dummen Fouls hinreißen lassen sollen, sagte Völler, „aber es ist beides passiert.“
Dem Unparteiischen wollte er keinen Vorwurf machen. „Wir haben uns diese Niederlage selbst zuzuschreiben.“Spielerisch habe die Werkself zu keinem Zeitpunkt überzeugt. „Aber mit elf Spielern verlieren wir dieses Spiel nicht“, war Völler überzeugt. „Dann wird es eben eines der schlechteren Derbys und gut ist.“
Dragovic war nach der Partie bedient. „Das erste war ganz klar keine Gelbe Karte. Der Schiedsrichter hat sich auch bei mir entschuldigt – zurücknehmen kann er es ja nicht.“Nachtragend wollte der Innenverteidiger aber nicht sein. „Jeder macht mal einen Fehler, aber das war sehr unglücklich für mich, weil ich komplett den Ball gespielt habe.“Das Bayer verloren habe, sei aber nicht Gräfes Schuld. „Wir haben zu wenig
Torchancen kreiert und sind nie hundertprozentig ins Spiel gekommen. Das müssen wir auf unsere Kappe nehmen. Köln war im Endeffekt klüger als wir.“
Von Bailey war nach der Derbypleite kein Wort zu hören. Völler gab aber zumindest einen Einblick in das Seelenleben des Jamaikaners. „Er saß todtraurig in der Kabine und weiß, dass es falsch war.“Vor einer langen Sperre und empfindlichen Geldstrafe wird das den 22-Jährigen aber freilich nicht bewahren.