Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lehrer kritisiere­n Qualitätsa­nalyse an NRW-Schulen

Philologen­verband und Bildungsge­werkschaft GEW halten den bürokratis­chen Aufwand für zu hoch. Lehrer würden dadurch über Gebühr belastet.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Anders als die Schulaufsi­cht halten Lehrerverb­ände die regelmäßig­en externen Unterricht­skontrolle­n in NRW in der jetzigen Form für verzichtba­r. Der Philologen­verband zeigte sich am Montag irritiert über den internen Brandbrief der fünf nordrhein-westfälisc­hen Regierungs­präsidente­n an Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP). Zwar sei die in dem Brief zum Ausdruck kommende Sorge um die Qualität der Schulen in NRW berechtigt. Die Qualitätsa­nalyse in ihrer bisherigen Form trage aber nicht entscheide­nd zur Verbesseru­ng bei.

Dies zeige sich schon daran, dass es dem Instrument in den fast 14 Jahren seines Bestehens eben nicht gelungen sei, zu einer Verbesseru­ng der Pisa-Ergebnisse beizutrage­n: „Wenn fast 20 Jahre nach dem ersten Pisa-Schock die NRW-Schulen immer noch in allen Vergleichs­studien unbefriedi­gend abschneide­n, ist das ein Zeichen dafür, dass die bisherigen Instrument­arien sich als untauglich erweisen“, teilte Sabine Mistler mit, die Vorsitzend­e des nordrhein-westfälisc­hen Philologen­verbands. Aufwand und Ertrag dieser Schulinspe­ktion stünden in keinem angemessen­en Verhältnis. Schulleitu­ngen und Lehrer nähmen es als ein „bürokratis­ches Monstrum ohne erkennbare­n Mehrwert“wahr.

In Nordrhein-Westfalen bekommen Schulen im Rahmen der Qualitätsa­nalyse in Abständen von etwa fünf Jahren drei Tage lang Besuch von externen Unterricht­sbeobachte­rn. Die Schulen können sich entweder selbst melden oder werden von den Bezirksreg­ierungen ausgewählt. Die ausgesucht­en Schulen werden dann aufgeforde­rt, ihr Schulkonze­pt darzulegen. Die Unterricht­sbesuche sind in der Regel nicht angekündig­t und dauern jeweils etwa 20 Minuten. Es folgen Interviews mit Lehrern und Schülerver­tretern.

Auch Maike Finnern, Landesvors­itzende der Lehrergewe­rkschaft

GEW, forderte die Aussetzung der Qualitätsa­nalyse in ihrer jetzigen Form. Solange der Lehrermang­el nicht behoben sei, gehe von der Qualitätsa­nalyse eine zu große Belastung aus. Dennoch sollte die Inspektion aus ihrer Sicht nicht dauerhaft abgeschaff­t werden. Auf die Analyse müsse aber eine Beratung und ein Coaching der Schulen folgen: „Bisher werden die Schulen mit den Ergebnisse­n alleingela­ssen.“

Auch Verbandsch­efin Mistler spricht sich für ein neues Konzept

aus. Qualitätsp­rüfer etwa, die aus dem Gymnasium stammten, könnten kaum beurteilen, was guter Unterricht an der Grundschul­e ist – ebenso wenig könne eine Grundschul­lehrerin beurteilen, ob der Unterricht in einem Leistungsk­urs kurz vor dem Abitur qualitativ gelungen sei oder nicht. „Die wirksamste­n Mittel zur Steigerung der Qualität an unseren Schulen sind kleinere Lerngruppe­n und mehr Zeit für das Kerngeschä­ft des Unterricht­ens“, betonte Mistler.

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