Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Lehrer kritisieren Qualitätsanalyse an NRW-Schulen
Philologenverband und Bildungsgewerkschaft GEW halten den bürokratischen Aufwand für zu hoch. Lehrer würden dadurch über Gebühr belastet.
DÜSSELDORF Anders als die Schulaufsicht halten Lehrerverbände die regelmäßigen externen Unterrichtskontrollen in NRW in der jetzigen Form für verzichtbar. Der Philologenverband zeigte sich am Montag irritiert über den internen Brandbrief der fünf nordrhein-westfälischen Regierungspräsidenten an Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Zwar sei die in dem Brief zum Ausdruck kommende Sorge um die Qualität der Schulen in NRW berechtigt. Die Qualitätsanalyse in ihrer bisherigen Form trage aber nicht entscheidend zur Verbesserung bei.
Dies zeige sich schon daran, dass es dem Instrument in den fast 14 Jahren seines Bestehens eben nicht gelungen sei, zu einer Verbesserung der Pisa-Ergebnisse beizutragen: „Wenn fast 20 Jahre nach dem ersten Pisa-Schock die NRW-Schulen immer noch in allen Vergleichsstudien unbefriedigend abschneiden, ist das ein Zeichen dafür, dass die bisherigen Instrumentarien sich als untauglich erweisen“, teilte Sabine Mistler mit, die Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Philologenverbands. Aufwand und Ertrag dieser Schulinspektion stünden in keinem angemessenen Verhältnis. Schulleitungen und Lehrer nähmen es als ein „bürokratisches Monstrum ohne erkennbaren Mehrwert“wahr.
In Nordrhein-Westfalen bekommen Schulen im Rahmen der Qualitätsanalyse in Abständen von etwa fünf Jahren drei Tage lang Besuch von externen Unterrichtsbeobachtern. Die Schulen können sich entweder selbst melden oder werden von den Bezirksregierungen ausgewählt. Die ausgesuchten Schulen werden dann aufgefordert, ihr Schulkonzept darzulegen. Die Unterrichtsbesuche sind in der Regel nicht angekündigt und dauern jeweils etwa 20 Minuten. Es folgen Interviews mit Lehrern und Schülervertretern.
Auch Maike Finnern, Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft
GEW, forderte die Aussetzung der Qualitätsanalyse in ihrer jetzigen Form. Solange der Lehrermangel nicht behoben sei, gehe von der Qualitätsanalyse eine zu große Belastung aus. Dennoch sollte die Inspektion aus ihrer Sicht nicht dauerhaft abgeschafft werden. Auf die Analyse müsse aber eine Beratung und ein Coaching der Schulen folgen: „Bisher werden die Schulen mit den Ergebnissen alleingelassen.“
Auch Verbandschefin Mistler spricht sich für ein neues Konzept
aus. Qualitätsprüfer etwa, die aus dem Gymnasium stammten, könnten kaum beurteilen, was guter Unterricht an der Grundschule ist – ebenso wenig könne eine Grundschullehrerin beurteilen, ob der Unterricht in einem Leistungskurs kurz vor dem Abitur qualitativ gelungen sei oder nicht. „Die wirksamsten Mittel zur Steigerung der Qualität an unseren Schulen sind kleinere Lerngruppen und mehr Zeit für das Kerngeschäft des Unterrichtens“, betonte Mistler.