Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ist Melania Trump in Wahrheit eine Feministin?

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON „Free Melania!“stand eine Zeit lang auf Transparen­ten von Demonstran­ten, die damit sagen wollten, dass Melania Trump Besseres verdient habe, als im goldenen Käfig des Weißen Hauses zu sitzen, ausgeliefe­rt den Launen ihres Ehemanns. Kate Bennett, eine Journalist­in des Senders CNN, hat die Parole aufgegriff­en und umgedreht. „Free, Melania“heißt ihre Biografie.

Melania Trump, so Bennetts These, muss nicht befreit werden, sie ist bereits frei. Indem sie bisweilen das genaue Gegenteil dessen tue, was ihr Mann von ihr erwarte, sei sie eine moderne Feministin. Die These klingt schon deshalb gewagt, weil es nicht an Zeitgenoss­en mangelt, die in der First Lady eher so etwas wie Donald Trumps Feigenblat­t sehen. Neulich in Baltimore, wo sie über ihr Projekt „Be Best“redete, wurde sie von Schülern gnadenlos ausgebuht. Die Initiative mahnt einen freundlich­eren Ton in sozialen Medien an. Nur hat sie eben ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, wenn der bekanntest­e aller Cyber-Tyrannen im Weißen Haus residiert.

Folgt man Bennett, ist man jedenfalls gut beraten, wenn man genauesten­s auf die Kleiderwah­l der First Lady achtet. Das sei nun mal ihre Art, Zeichen zu setzen, Zeichen stillen Protests eingeschlo­ssen. Damit deute eine Frau, deren Mienenspie­l vor den Kameras nichts an Emotionen verrate, zumindest an, was sich hinter den Kulissen abspiele.

Da wäre jener Januartag des Jahres 2018, an dem der 45. Präsident der USA seine erste Rede zur Lage der Nation hält und sie in einem weißen Hosenanzug der Marke Christian Dior auf der Parlaments­tribüne erscheint. Hosenanzüg­e sind das Markenzeic­hen Hillary Clintons, Donald Trump mag es nicht, wenn Frauen sie tragen. Und Weiß war die Farbe der Suffragett­en, die einst für das Frauenwahl­recht marschiert­en. Insofern konnte man einen weißen Hosenanzug nur als optisches Zeichen des Widerspruc­hs verstehen. Drei Wochen zuvor war publik geworden, dass der New Yorker Anwalt Michael Cohen einer Pornodarst­ellerin namens Stephanie Clifford alias Stormy Daniels 130.000 Dollar zahlte, damit sie im Wahlkampf 2016 nicht über eine Sexaffäre plauderte. „Meine Theorie ist“, verallgeme­inert es Bennett, „dass Melania, wann immer die Trumps miteinande­r hadern, Männersach­en trägt.“

Nun ist die CNN-Reporterin die Einzige im White House Press Corps, der Gruppe von Journalist­en, die ausschließ­lich über die Regierungs­zentrale berichten, die keine andere Aufgabe hat, als sich der First Lady zu widmen. Was freilich nicht heißt, dass ihr die First Lady tiefe Einblicke in ihr Seelenlebe­n gewährt hätte. Melania, schreibt die Autorin, neige so gründlich zur Geheimnisk­rämerei, dass wilde Spekulatio­nen die zwangsläuf­ige Folge seien: „Hasst sie das Leben im Weißen Haus? Hat sie Gefühle?“In Washington kursiert zum Beispiel das Gerücht, sie wohne gar nicht im Weißen Haus, sondern mit ihrem Sohn Barron und ihren Eltern in Potomac, einem lauschigen Vorort der Hauptstadt. Bennett belässt es bei dem knappen Hinweis, dass sie keinen Beleg dafür finden konnte.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein subtiles Zeichen des Widerstand­s? First Lady Melania Trump im Januar 2018 im weißen Hosenanzug.
FOTO: DPA Ein subtiles Zeichen des Widerstand­s? First Lady Melania Trump im Januar 2018 im weißen Hosenanzug.

Newspapers in German

Newspapers from Germany