Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ist Melania Trump in Wahrheit eine Feministin?
WASHINGTON „Free Melania!“stand eine Zeit lang auf Transparenten von Demonstranten, die damit sagen wollten, dass Melania Trump Besseres verdient habe, als im goldenen Käfig des Weißen Hauses zu sitzen, ausgeliefert den Launen ihres Ehemanns. Kate Bennett, eine Journalistin des Senders CNN, hat die Parole aufgegriffen und umgedreht. „Free, Melania“heißt ihre Biografie.
Melania Trump, so Bennetts These, muss nicht befreit werden, sie ist bereits frei. Indem sie bisweilen das genaue Gegenteil dessen tue, was ihr Mann von ihr erwarte, sei sie eine moderne Feministin. Die These klingt schon deshalb gewagt, weil es nicht an Zeitgenossen mangelt, die in der First Lady eher so etwas wie Donald Trumps Feigenblatt sehen. Neulich in Baltimore, wo sie über ihr Projekt „Be Best“redete, wurde sie von Schülern gnadenlos ausgebuht. Die Initiative mahnt einen freundlicheren Ton in sozialen Medien an. Nur hat sie eben ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn der bekannteste aller Cyber-Tyrannen im Weißen Haus residiert.
Folgt man Bennett, ist man jedenfalls gut beraten, wenn man genauestens auf die Kleiderwahl der First Lady achtet. Das sei nun mal ihre Art, Zeichen zu setzen, Zeichen stillen Protests eingeschlossen. Damit deute eine Frau, deren Mienenspiel vor den Kameras nichts an Emotionen verrate, zumindest an, was sich hinter den Kulissen abspiele.
Da wäre jener Januartag des Jahres 2018, an dem der 45. Präsident der USA seine erste Rede zur Lage der Nation hält und sie in einem weißen Hosenanzug der Marke Christian Dior auf der Parlamentstribüne erscheint. Hosenanzüge sind das Markenzeichen Hillary Clintons, Donald Trump mag es nicht, wenn Frauen sie tragen. Und Weiß war die Farbe der Suffragetten, die einst für das Frauenwahlrecht marschierten. Insofern konnte man einen weißen Hosenanzug nur als optisches Zeichen des Widerspruchs verstehen. Drei Wochen zuvor war publik geworden, dass der New Yorker Anwalt Michael Cohen einer Pornodarstellerin namens Stephanie Clifford alias Stormy Daniels 130.000 Dollar zahlte, damit sie im Wahlkampf 2016 nicht über eine Sexaffäre plauderte. „Meine Theorie ist“, verallgemeinert es Bennett, „dass Melania, wann immer die Trumps miteinander hadern, Männersachen trägt.“
Nun ist die CNN-Reporterin die Einzige im White House Press Corps, der Gruppe von Journalisten, die ausschließlich über die Regierungszentrale berichten, die keine andere Aufgabe hat, als sich der First Lady zu widmen. Was freilich nicht heißt, dass ihr die First Lady tiefe Einblicke in ihr Seelenleben gewährt hätte. Melania, schreibt die Autorin, neige so gründlich zur Geheimniskrämerei, dass wilde Spekulationen die zwangsläufige Folge seien: „Hasst sie das Leben im Weißen Haus? Hat sie Gefühle?“In Washington kursiert zum Beispiel das Gerücht, sie wohne gar nicht im Weißen Haus, sondern mit ihrem Sohn Barron und ihren Eltern in Potomac, einem lauschigen Vorort der Hauptstadt. Bennett belässt es bei dem knappen Hinweis, dass sie keinen Beleg dafür finden konnte.