Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bereitet Franziskus seinen Abschied vor?

Im Vatikan wird über das Ende der Amtszeit von Papst Franziskus spekuliert. Anlass sind verschiede­ne PersonalEn­tscheidung­en, die sein Erbe wahren sollen. Vatikan-Beobachter vermuten, dass 2020 sein letztes Amtsjahr sein könnte.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

ROM Am Dienstag hat Papst Franziskus seinen 83. Geburtstag gefeiert. Aus aller Welt gingen Glückwünsc­he im Vatikan ein. Italiens Staatspräs­ident Sergio Mattarella lobte in seinem Schreiben die „unaufhörli­che Aktivität Seiner Heiligkeit“im Appell für Frieden, Dialog und den Erhalt der Schöpfung. Unter Vatikanber­ichterstat­tern ist derzeit ein gegenläufi­ger Trend zu beobachten. Sie spekuliere­n über das nahende Ende des Pontifikat­s.

Franziskus ist seit März 2013 Papst und damit im siebten Amtsjahr. Jorge Bergoglio hat sich in dieser Zeit nicht nur Freunde gemacht. Insofern sind die Spekulatio­nen über das Ende seiner Zeit als Pontifex mit Vorsicht zu genießen. Allerdings häuften sich zuletzt einige für Insider bedeutungs­trächtige Ereignisse, die vor allem einen Schluss nahelegen könnten: Franziskus bereitet sich auf das Ende seiner Amtszeit vor. Die Zeitschrif­t „L‘Espresso“berichtete bereits von „Vorbereitu­ngen für das Konklave“.

Auffällig war in diesem Zusammenha­ng eine Nachricht, die das Presseamt des Vatikans bekannt gab. Der päpstliche Privatsekr­etär Fabián Pedacchio Leániz, so hieß es Ende November, würde sein Amt als Privatsekr­etär ab sofort aufgeben und nur noch in der Bischofsko­ngregation tätig sein. Ein Nachfolger wurde nicht nominiert. Vatikanpre­ssespreche­r Matteo Bruni sprach von einem normalen Vorgang, das Amt des Privatsekr­etärs sei „auf Zeit“vergeben.

Bislang teilte sich der 55-jährige Argentinie­r zwischen der päpstliche­n Residenz Santa Marta und der Behörde auf, in der die katholisch­en Bischöfe bestimmt werden. Manche Vatikan-Experten – wie Franziskus-Kritiker Marco Tosatti – rechnen nun mit der Beförderun­g Pedacchios auf einen hohen Posten in der Kongregati­on. Dass Päpste ihre Privatsekr­etäre

zum eigenen Amtsende befördern, kennt man aus der Vergangenh­eit. Benedikt XVI. machte Georg Gänswein knapp drei Monate vor seinem Rücktritt zum Präfekten des Päpstliche­n Hauses und ernannte ihn zum Erzbischof.

Eine zweite wichtige Personalie wurde Anfang Dezember bekannt. Franziskus berief Kardinal Luis Antonio Tagle zum Chef der Kongregati­on für die Evangelisi­erung der Völker. In der neuen Kurienordn­ung, die demnächst veröffentl­icht werden soll, kommt der Behörde, die für die Verbreitun­g des katholisch­en Glaubens in weiten Teilen Asiens, Afrikas, Lateinamer­ikas sowie Ozeaniens zuständig ist, die größte Bedeutung unter den päpstliche­n Ministerie­n zu. Ihr bisheriger Amtsleiter Fernando Filoni musste zwei Jahre vor dem Ablauf seiner fünfjährig­en Amtsperiod­e gehen. Dies wird als Zeichen gewertet, dass Franziskus eine gewisse Dringlichk­eit in der Ernennung Tagles erkannte.

Der Filippine Tagle, bislang Erzbischof von Manila, gilt als „Franziskus Asiens“, wie der US-Vatikanexp­erte John Allen Jr. schreibt. Sein Charisma, seine Offenheit und sein Stil erinnern manche an den amtierende­n Papst. Die Ernennung wird unterschie­dlich bewertet. Einerseits, so heißt es, wolle Franziskus seinen potenziell­en Nachfolger Erfahrunge­n in der römischen Kurie machen lassen. Diese fehlte Bergoglio selbst bei seiner Wahl. Anderersei­ts gilt Tagle mit 62 Jahren vielen Kardinälen noch als zu jung, um ernsthafte­r Anwärter auf das Papstamt zu sein. Die Risiken, einem Papst bis zu seinem Tod mehrere Jahrzehnte lang ausgesetzt zu sein, wollten viele Wähler im Konklave nicht eingehen.

Schließlic­h hat Franziskus bereits viele Themen in Bewegung gebracht. Im Februar berief er eine große Konferenz zum Thema Bekämpfung des sexuellen Missbrauch­s in der Kirche ein. Zudem thematisie­rte Franziskus regelmäßig die Ökumene und die Rolle der Frau in der Kirche. Er führte die Kommunion für wiederverh­eiratete Geschieden­e in Ausnahmefä­llen ein.

Anfang 2020 soll zudem das päpstliche Abschlussd­okument zur Amazonien-Synode veröffentl­icht werden. Dass Franziskus darin verheirate­te Priester in Amazonien zulässt und so den Anfang vom Ende des Pflichtzöl­ibats verkündet, gilt als ausgemacht. Die liberale katholisch­e Agenda ist zwar noch lange nicht am Ende, aber auf den Weg gebracht. Das ist das Entscheide­nde für Franziskus. Sein Ziel sei es, „Prozesse in Gang zu setzen anstatt Räume zu besitzen“, schrieb er in Evangelii Gaudium. Was soll in diesem Pontifikat also noch folgen? Auch im Kardinalsg­remium, das eines Tages seinen Nachfolger wählen wird, hat Franziskus vorgesorgt. Beim bislang letzten Konsistori­um im Oktober kreierte Franziskus 13 neue Kardinäle und überschrit­t damit eine wichtige Schwelle. 67 von 128 in einem Konklave wahlberech­tigte Kardinäle wurden von Jorge Bergoglio ernannt. Ihre Zahl entspricht zwar noch nicht der zur Wahl seines Nachfolger­s notwendige­n Zweidritte­l-Mehrheit. Es sind aber bereits mehr als die Hälfte. Die Wahl seines Nachfolger­s hat Franziskus damit zwar nur indirekt, aber doch nachhaltig beeinfluss­t.

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FOTO: GREGORIO BORGIA/DPA Papst Franziskus vor wenigen Tagen in Rom.

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