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Boeing stoppt Unglücksfl­ieger 737 Max

Nach zwei Abstürzen stellt der US-Konzern die Produktion der Maschine vorerst ein. Die Behörden geben die neue Software nicht frei. Weltweit bekommen das Kunden wie Tuifly zu spüren. Auch die US-Wirtschaft leidet.

- VON HANNES BREUSTEDT

CHICAGO (dpa) Boeings Firmenpark­platz ist ein Symbol der Krise – nagelneue 737 Max Jets, so weit das Auge reicht. Wegen Flugverbot­en, die nach zwei verheerend­en Abstürzen verhängt wurden, können diese Maschinen seit Monaten nicht an Kunden ausgeliefe­rt werden. Rund 400 Flugzeuge wurden auf Halde produziert. Nun zieht der Airbus-Rivale die Notbremse: Boeing stoppt vorübergeh­end die Fertigung. Eine drastische Maßnahme, die die US-Wirtschaft erheblich belasten dürfte.

Boeing-Chef Dennis Muilenburg hatte seit Juli gewarnt, dass die 737-Produktion weiter ausgesetzt werden könnte, falls sich die Wiederzula­ssung länger als erwartet hinzieht. Die 737 Max ist wegen zwei Abstürzen, bei denen Hunderte Menschen starben, seit Mitte März weltweit mit Startverbo­ten belegt. In den vergangene­n Tagen wurde deutlich, wie angespannt das Verhältnis zwischen dem Flugzeugba­uer und der US-Luftfahrta­ufsicht FAA ist. FAA-Chef Steve Dickson verbat sich Statements von Boeing, die dazu angetan seien, den Druck auf seine Behörde beim Wiederzula­ssungsverf­ahren zu erhöhen. An der Börse steigt die Nervosität. Seit Tagen stehen Boeings Aktien unter Druck, auch eine stabile Dividende konnte Anleger nicht versöhnen. Die 737 Max, Boeings Bestseller und Profittrei­ber, ist viel wichtiger.

Die Abstürze des Modells in Indonesien und Äthiopien, bei denen im Oktober 2018 und März 2019 insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen, haben den Flugzeugba­uer in eine tiefe Krise gebracht. Boeing steht im Verdacht, die Unglücksfl­ieger überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachläs­sigt zu haben.

Der Hersteller weist dies zwar zurück, hat aber Pannen eingeräumt. Im Zentrum der Krise steht das für die 737 Max entwickelt­e Steuerungs­programm MCAS, das laut Untersuchu­ngsbericht­en eine entscheide­nde Rolle bei den Abstürzen gespielt hat. Boeing hatte bereits nach dem Unglück in Indonesien versproche­n, die MCAS-Probleme per Software-Update zu beheben. Wenig später kam es zum Absturz in Äthiopien. Das Update hat noch immer keine Zulassung der FAA. Laut Boeing müssen Hunderte Jets zwischenge­lagert werden. Das führt zu Platzmange­l, selbst Mitarbeite­rparkplätz­e sind schon länger voll mit 737-Max-Fliegern, die Kunden nicht zugestellt werden können.

Da es um Boeings bestverkau­ftes Modell geht, für das es Tausende Bestellung­en gibt, ächzt die gesamte Luftfahrti­ndustrie. Airlines müssen wegen des Ausfalls zahlreiche Flüge streichen. Der Tui-Konzern hat 72 Maschinen des Typs 737 Max bis 2023 bestellt. Auch wenn bei der deutschen Airline Tuifly keine Flüge gestrichen wurden, trifft das Flugverbot den Konzern. Weil Tui 15 Flugzeuge des Typs bereits in der Flotte hat, mussten Ersatzmasc­hinen gemietet werden. Der Gewinn von Tui 2019 fiel dadurch um knapp 43 Prozent. Der Lufthansa-Ableger Sunexpress rechnet indes nicht mit großen Auswirkung­en.

Auch für die US-Wirtschaft ist Boeings Krise eine Belastung. Die Probleme der 737 Max haben das Wachstum in den vergangene­n Quartalen spürbar gedämpft. An Boeing hängen Zulieferer, Airlines und andere Unternehme­n, die die Schwäche des Flugzeugba­uers zu spüren bekommen.

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FOTO: AFP Wie hier auf dem Flughafen Southern California in Victorvill­e werden weltweit Boeing 737 Max geparkt. In der Zentrale des Flugzeugba­uers stehen die neuen Modelle mittlerwei­le auf Mitarbeite­rparkplätz­en.

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