Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Verkehrsro­wdy muss 1500 Euro Strafe zahlen

- VON SABINE MAGUIRE

REMSCHEID/WUPPERTAL Tatort: Der Kreisverke­hr am Willy-Brandt-Platz. Zwei Autos fahren nahezu zeitgleich ein – und dann, kurz vor der Ausfahrt in Richtung Bismarckst­raße, zieht der Saab von links rasant nach rechts rüber. Im Auto hinter ihm läuft eine Dashcam, man hört den Fahrer fluchen.

Beide fahren weiter bis zur nächsten Ampel – dort hält der Saab plötzlich bei Grün an. Wieder ein Fluchen im Auto hinter ihm, man hört das obligatori­sche Hupkonzert der Eingebrems­ten. Einem Audifahrer reißt der Geduldsfad­en: Er lenkt sein Gefährt rechts über den Bürgerstei­g und als er gerade versucht, vor dem Saab einzuscher­en, fährt der los. Viel hat nicht gefehlt und es hätte gekracht. Dahinter immer noch der Fahrer mit der Dashcam, der nicht glauben kann, was er da gerade gesehen hat. Erst selbst im Kreisverke­hr „geschnibbe­lt“, dann an der grünen Ampel zum Anhalten genötigt und am Ende nur knapp dem Zusammenst­oß entronnen: Das war zu viel, der Fahrer mit der Dashcam zeigte den „Verkehrsro­wdy“im Saab wegen Nötigung an.

Das Amtsgerich­t hatte den Angeklagte­n zu einer Geldstrafe von 1500 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt, dagegen war der Mann in Berufung gegangen. Sein Anwalt ließ den Berufungsr­ichter auch gleich wissen, was von der ganzen Sache zu halten sei: „In Düsseldorf hätte so etwas niemanden interessie­rt.“

Aber nun war man eben nicht in Düsseldorf, sondern in Remscheid.

Dort ticken die Uhren anders – auch aus Sicht eines Richters, von dem man dazu nicht ohne Schmunzeln hören konnte: „Wild West in Remscheid.“An der grünen Ampel anzuhalten und den Verkehr zum Stillstand bringen? Das sei ganz klar Nötigung – an einen Freispruch sei aus Sicht der Kammer nicht zu denken.

Die gefährlich Situation, von rechts über den Bürgerstei­g überholt zu werden, habe der Saab-Fahrer selbst heraufbesc­hworen. Dass der nun behauptet hatte, auf dem

Handy herumgetip­pt und deshalb an der grünen Ampel zum Stehen gekommen zu sein? Das ließ der Richter nicht gelten, der nochmals darauf hinwies: „Das Ding war brandgefäh­rlich.“

Aber da war doch auch noch die Dashcam, von der die Verteidigu­ng nicht so ganz genau wisse, ob deren Aufnahmen überhaupt als Beweismitt­el zugelassen seien. Gekauft hatte sie der genötigte Fahrer übrigens, weil er nach eigener Aussage bereits zuvor in einen Unfall verwickelt gewesen sei. Damals sei er in parkende Autos gedrängt worden. Und wenn seine Frau die Nötigung hätte nicht bezeugen können, wäre die Sache schlecht für ihn ausgegange­n.

Deshalb nun also die Dashcam, zu der vom Berufungsr­ichter zu hören war: „Im Strafverfa­hren ist so etwas kein Problem.“Am Ende blieb es zwar bei der Geldstrafe – aber wenn der Angeklagte pünktlich überweist, wird das Verfahren gegen ihn eingestell­t. Um das gegen ihn verhängte Fahrverbot käme er in diesem Fall herum.

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