Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Angeklagter aus Rade muss vor Gericht Führerschein abgeben
RADEVORMWALD Im Wipperfürther Amtsgericht war ein 22-jähriger Radevormwalder um keine Ausrede verlegen. Er sollte 900 Euro Strafe (30 Tagessätze à 30 Euro) zahlen, da er ohne Fahrerlaubnis am Steuer gesehen worden war. Gegen den Strafbefehl legte der dreifache Familienvater und Mini-Jobber jedoch Einspruch ein. Jetzt wurde der Fall vor dem Richter und der Staatsanwältin neu verhandelt.
Im Juli war der Angeklagte beim Autofahren erwischt worden, obwohl er einen Monat Fahrverbot hatte. Er selber war sich jedoch keiner Schuld bewusst. „Ich bin an dem Tag zwar zum Auto gegangen, aber nicht gefahren. Wenn ich etwas getan hätte, hätte ich es auch zugegeben“, äußerte er sich im Gerichtssaal.
Der Familienvater vermutete vielmehr einen Racheakt der Nachbarn: „Es fing alles damit an, dass ich den Kinderwagen im Treppenhaus stehengelassen habe“, sagte er. Er war sich ziemlich sicher, dass die Nachbarin ihn angeschwärzt hatte, da sein Auto zu dieser Zeit unangemeldet und ohne TÜV-Plakette gewesen wäre.
Die Verhandlung nahm erst eine Wendung, als eine 45-jährige Verwaltungsangestellte des Radevormwalder Ordnungsamts zur Zeugenaussage aufgerufen wurde. Sie hatte den Angeklagten hinter dem Steuer des Wagens in Dahlhausen gesehen.
„Ich habe ihn erkannt und mich gewundert, dass er Auto fährt, da er kurz vorher im Ordnungsamt seinen Führerschein abgegeben hatte“, sagte die Zeugin aus.
Gleich am nächsten Tag seien Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu der Wohnung des Familienvaters gefahren und hätten die Kennzeichen des stillgelegten Fahrzeugs sichergestellt. Der Angeklagte lenkte daraufhin ein: „Ich widerspreche der Aussage nicht, kann mich aber nicht daran erinnern an diesem Tag gefahren zu sein.“
„Ihre Geschichte hinkt vorne und hinten“, stellte der Wipperfürther Richter daraufhin fest. Er schlug dem Angeklagten vor, den Einspruch auf die Höhe des Tagessatzes zu beschränken. „30 Euro sind bei Ihrem Einkommen zu viel. Der
Betrag würde sich auf 15 Euro verringern und die Geldstrafe damit halbieren“, rechnete der Richter vor. Mit diesem Vorschlag war der Angeklagte schließlich einverstanden. Somit wurde der Strafbefehl auf 30 Tagessätze zu je 15 Euro verhängt und damit auf insgesamt 450 Euro beschränkt.
Dazu erhielt der 22-Jährige erneut ein Monat Fahrverbot. Da er im Juli erst nach mehrfacher Aufforderung und einer Beschlagnahmeanordnung seinen Führerschein dem Ordnungsamt übergeben hatte, forderte der Richter diesmal die direkte Übergabe. „Je früher sie ihn abgeben, desto eher erhalten Sie ihn wieder“, sagte er. Daraufhin übergab der Angeklagten seine Fahrerlaubnis noch im Gerichtssaal dem Richter.