Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kommission: Wiener Ballett missachtet­e Kinderschu­tz

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WIEN (dpa) An der Ballettaka­demie der Wiener Staatsoper ist nach Darstellun­g einer Sonderkomm­ission der Kinderschu­tz grob missachtet worden. So sei die gesundheit­liche Betreuung der Schüler mangelhaft. Darüber hinaus gebe es weder klare Verantwort­lichkeiten noch seien Prüfungskr­iterien transparen­t, befand die im Frühjahr von der Regierung eingesetzt­e Kommission in ihrem Abschlussb­ericht. Kulturmini­ster Alexander Schallenbe­rg sprach von „erschütter­nden Zuständen“.

Anlass der Überprüfun­g waren Vorwürfe, in denen von Demütigung­en, Gewalt und Drill die Rede war. Schülerinn­en seien durch ein Verspotten ihrer Körper in die Bulimie (Ess- und Brechsucht) oder Anorexie (Magersucht) getrieben worden. Es sei Kindern geraten worden, mit dem Rauchen anzufangen, um die Figur zu halten, fand die SonderkKom­mission heraus. Kinder seien mit Vornamen und Konfektion­sgröße angesproch­en worden. Dieses Verhalten sei von einzelnen Lehrern über einen längeren Zeitraum gezeigt worden, sagte die Kommission­svorsitzen­de Susanne Reindl-Krauskopf.

Harte Kritik äußerte die Kommission an der Leitung von Staatsoper und Ballettaka­demie. „Die Qualitätsk­ontrolle durch diese beiden übergeordn­eten Organisati­onseinheit­en ist so gut wie inexistent“, heißt es in dem Bericht. Zudem würden wichtige Vorgänge nicht dokumentie­rt. Es fehlten schriftlic­he Kriterien für Prüfungen oder für das Aufnahmepr­ozedere neuer Lehrer. Entscheidu­ngsprozess­e seien nicht klar nachvollzi­ehbar. Insgesamt sei „eine Situation verschwimm­ender Verantwort­lichkeiten“entstanden, so die Kommission.

Ein Sprecher von Staatsoper­n-Direktor Dominique Meyer erklärte, dass eine „fundierte inhaltlich­e Stellungna­hme

zwar so bald wie möglich, allerdings erst nach der gebotenen sorgfältig­en Durchsicht des Berichts erfolgen wird.“Meyer, der 2020 an die Mailänder Scala wechselt, hatte sich bei Bekanntwer­den der Vorwürfe sehr betroffen gezeigt.

An der Ballettaka­demie, die als Sprungbret­t für eine Karriere auf der großen Bühne gilt, lernen zur Zeit rund 130 Schüler im Alter von zehn bis 18 Jahren. Vier von fünf Eleven kommen aus dem Ausland.

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