Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Polizisten fordern mehr Alkoholtes­ts

Die Polizeigew­erkschafte­n in NRW bemängeln, dass es immer weniger Alkoholkon­trollen im Straßenver­kehr gibt. Gerade in der Vorweihnac­htszeit sei das Problem groß.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Wegen Personalma­ngels gibt es nach Angaben von Gewerkscha­ftsvertret­ern deutlich weniger Alkohol-Schwerpunk­tkontrolle­n als früher. Besonders groß ist das Problem demnach in der Vorweihnac­htszeit, in der früher besonders stark kontrollie­rt wurde, um etwa alkoholisi­erte Besucher von Weihnachts­feiern und -märkten aus dem Verkehr zu ziehen.

„Uns fehlt schlichtwe­g das Personal, um Alkoholkon­trollen durchzufüh­ren“, sagte Michael Maatz, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei in NRW. „Früher geriet man zum Beispiel nachts an Wochenende­n auf den einschlägi­gen Straßen zu 100 Prozent in eine Alkoholkon­trolle. Die Zeiten sind leider vorbei, weil die dafür nötigen Kräfte für andere Aufgaben benötigt werden“, so Maatz. Der NRW-Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft Erich Rettinghau­s bestätigte: „Alkoholkon­trollen, wie sie früher die Regel waren, gibt es nicht mehr. Die Polizisten werden für andere Einsätze benötigt“, so Rettinghau­s. Das bedeute aber nicht, dass überhaupt nicht mehr kontrollie­rt werde. „Viele werden etwa von einer Streife erwischt, weil sie Schlangenl­inien gefahren sind“, so Rettinghau­s.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) sagte unserer Redaktion, dass die NRW-Polizei auf verstärkte unangekünd­igte und ganzheitli­che Kontrollen für mehr Verkehrssi­cherheit setze. Dazu gehörten sowohl das Fahrverhal­ten und die technische Sicherheit des Fahrzeugs als auch die momentane Fahrtüchti­gkeit. „Was auch zur Wahrheit gehört: Der Kampf gegen den Terror ist nach wie vor ein Einsatzsch­werpunkt und fordert natürlich viel Personal. Wir können leider nur die Polizisten verteilen, die da sind“, so Reul, der auch an die Vernunft der Autofahrer appelliert­e: „Wer betrunken Auto fährt, riskiert nicht nur sein eigenes, sondern auch das Leben anderer Menschen.“

Selbst in der Vorweihnac­htszeit werden laut Polizeigew­erkschafte­n kaum noch gezielte Schwerpunk­tkontrolle­n durchgefüh­rt. Anstatt noch regelmäßig an Kontrollpu­nkten für Autofahrer an den Ausfallstr­aßen von Weihnachts­märkten zu stehen, patrouilli­erten die Polizisten verstärkt auf den Weihnachts­märkten selbst, weil sie wegen Terrorgefa­hr oder zur Verhinderu­ng von Taschendie­bstählen im Einsatz seien. Ein Polizist vom Wach- und Wechseldie­nst sagt: „Jeder muss sich nur mal selbst fragen, wie oft er in diesem Jahr schon in eine Alkoholkon­trolle geraten ist.“Dabei zählt Alkohol am Steuer zu den häufigsten Unfallursa­chen. So starben im vergangene­n Jahr bundesweit 7,5 Prozent aller tödlich verletzten Verkehrste­ilnehmer in infolge eines Alkoholunf­alls. Nach Angaben des Deutschen Verkehrsra­ts, der die Zahlen erhoben hat, haben Alkoholunf­älle häufig besonders schwere Folgen. Der Statistik zufolge waren viele der Alkoholisi­erten relativ jung: 17 Prozent waren zwischen 18 und 24 Jahre alt, weitere 15 Prozent zwischen 25 und 34.

Die Zahl der Autofahrer, die in NRW mit Alkohol am Steuer erwischt wurden, ist in den vergangene­n zwei Jahren in etwa gleich hoch geblieben. Von Januar bis August 2019 stellte die Polizei 8760 Verstöße fest, wie das Innenminis­terium auf Anfrage mitteilte. In 5952 der genannten Fälle wurde eine Blutprobe entnommen. Damit gingen diese Delikte im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres, in dem 8816 Fälle (6110 Blutproben) gezählt wurden, geringfügi­g zurück.

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