Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Polizisten fordern mehr Alkoholtests
Die Polizeigewerkschaften in NRW bemängeln, dass es immer weniger Alkoholkontrollen im Straßenverkehr gibt. Gerade in der Vorweihnachtszeit sei das Problem groß.
DÜSSELDORF Wegen Personalmangels gibt es nach Angaben von Gewerkschaftsvertretern deutlich weniger Alkohol-Schwerpunktkontrollen als früher. Besonders groß ist das Problem demnach in der Vorweihnachtszeit, in der früher besonders stark kontrolliert wurde, um etwa alkoholisierte Besucher von Weihnachtsfeiern und -märkten aus dem Verkehr zu ziehen.
„Uns fehlt schlichtweg das Personal, um Alkoholkontrollen durchzuführen“, sagte Michael Maatz, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. „Früher geriet man zum Beispiel nachts an Wochenenden auf den einschlägigen Straßen zu 100 Prozent in eine Alkoholkontrolle. Die Zeiten sind leider vorbei, weil die dafür nötigen Kräfte für andere Aufgaben benötigt werden“, so Maatz. Der NRW-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Erich Rettinghaus bestätigte: „Alkoholkontrollen, wie sie früher die Regel waren, gibt es nicht mehr. Die Polizisten werden für andere Einsätze benötigt“, so Rettinghaus. Das bedeute aber nicht, dass überhaupt nicht mehr kontrolliert werde. „Viele werden etwa von einer Streife erwischt, weil sie Schlangenlinien gefahren sind“, so Rettinghaus.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte unserer Redaktion, dass die NRW-Polizei auf verstärkte unangekündigte und ganzheitliche Kontrollen für mehr Verkehrssicherheit setze. Dazu gehörten sowohl das Fahrverhalten und die technische Sicherheit des Fahrzeugs als auch die momentane Fahrtüchtigkeit. „Was auch zur Wahrheit gehört: Der Kampf gegen den Terror ist nach wie vor ein Einsatzschwerpunkt und fordert natürlich viel Personal. Wir können leider nur die Polizisten verteilen, die da sind“, so Reul, der auch an die Vernunft der Autofahrer appellierte: „Wer betrunken Auto fährt, riskiert nicht nur sein eigenes, sondern auch das Leben anderer Menschen.“
Selbst in der Vorweihnachtszeit werden laut Polizeigewerkschaften kaum noch gezielte Schwerpunktkontrollen durchgeführt. Anstatt noch regelmäßig an Kontrollpunkten für Autofahrer an den Ausfallstraßen von Weihnachtsmärkten zu stehen, patrouillierten die Polizisten verstärkt auf den Weihnachtsmärkten selbst, weil sie wegen Terrorgefahr oder zur Verhinderung von Taschendiebstählen im Einsatz seien. Ein Polizist vom Wach- und Wechseldienst sagt: „Jeder muss sich nur mal selbst fragen, wie oft er in diesem Jahr schon in eine Alkoholkontrolle geraten ist.“Dabei zählt Alkohol am Steuer zu den häufigsten Unfallursachen. So starben im vergangenen Jahr bundesweit 7,5 Prozent aller tödlich verletzten Verkehrsteilnehmer in infolge eines Alkoholunfalls. Nach Angaben des Deutschen Verkehrsrats, der die Zahlen erhoben hat, haben Alkoholunfälle häufig besonders schwere Folgen. Der Statistik zufolge waren viele der Alkoholisierten relativ jung: 17 Prozent waren zwischen 18 und 24 Jahre alt, weitere 15 Prozent zwischen 25 und 34.
Die Zahl der Autofahrer, die in NRW mit Alkohol am Steuer erwischt wurden, ist in den vergangenen zwei Jahren in etwa gleich hoch geblieben. Von Januar bis August 2019 stellte die Polizei 8760 Verstöße fest, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilte. In 5952 der genannten Fälle wurde eine Blutprobe entnommen. Damit gingen diese Delikte im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres, in dem 8816 Fälle (6110 Blutproben) gezählt wurden, geringfügig zurück.